und Pfeiler und Säulen mit reichgegliedertem Capitell treten dienend in den Hintergrund zurück und die schweren Stuck-Orna- mente verlieren anscheinend ihre Schwere. Zu diesen Stuck- Ornamenten gesellten sich auch noch allerlei Plafond-Bilder, die durch die Säle des Schlosses hin abwechselnd den Jagdzug der Diana, ihren Zorn über Aktäon und ihre Liebe zum Endymion darstellten, aber nur wenige dieser Gemälde sind bis auf unsere Zeit gekommen und diese wenigen verbergen sich hinter einer sorg- lich aufgetragenen Bekleidung von Mörtel und Gips. Sie war- ten auf die Stunde, wo das alte Schloß, das seit 70 Jahren immer nur der Prosa hat dienen müssen, die poetischen Tage königlicher Pracht wieder erblicken wird, um dann auch ihrer- seits aus ihrer Hülle heraustreten und den neuen Glanz in altem Glanze begrüßen zu können. Dies gilt namentlich von dem im ersten Stockwerk gelegenen "Königssaal", der eine Fülle der schönsten Bilder und Plafond-Ornamente hinter einer Ueberklei- dung verbergen soll.
Wir haben in dem Bestehen Schloß Cöpenick's drei Perioden unterschieden und in Erinnerung an die wechselnden Bauten, die hier standen, von einem alten, einem mittleren und einem neuen Schloß Cöpenick gesprochen. Aber auch dies neue Schloß Cöpenick theilt sein 200jähriges Leben wieder in verschiedene Stadien, unter denen wir, mit Umgehung gleichgültigerer Jahr- zehnte, vier Hauptepochen unterscheiden.
Diese vier Hauptepochen des neuen Schloß Cöpenick's sind die folgenden: Erstens die Zeit des Kurprinzen Friedrich von 1682--1688; zweitens die Zeit Friedrich WilhelmsI., in- sonderheit das Jahr 1730; drittens die Zeit Henriette Ma- ria's, gebornen Markgräfin von Brandenburg-Schwedt, von 1749--1782, und viertens die Zeit des Grafen von Schmet- tau, von 1804--1806. An eine Besprechung dieser vier Haupt- epochen wird sich schließlich noch eine kurze Darstellung der Schick- sale zu knüpfen haben, die Schloß Cöpenick seitdem erfuhr.
und Pfeiler und Säulen mit reichgegliedertem Capitell treten dienend in den Hintergrund zurück und die ſchweren Stuck-Orna- mente verlieren anſcheinend ihre Schwere. Zu dieſen Stuck- Ornamenten geſellten ſich auch noch allerlei Plafond-Bilder, die durch die Säle des Schloſſes hin abwechſelnd den Jagdzug der Diana, ihren Zorn über Aktäon und ihre Liebe zum Endymion darſtellten, aber nur wenige dieſer Gemälde ſind bis auf unſere Zeit gekommen und dieſe wenigen verbergen ſich hinter einer ſorg- lich aufgetragenen Bekleidung von Mörtel und Gips. Sie war- ten auf die Stunde, wo das alte Schloß, das ſeit 70 Jahren immer nur der Proſa hat dienen müſſen, die poetiſchen Tage königlicher Pracht wieder erblicken wird, um dann auch ihrer- ſeits aus ihrer Hülle heraustreten und den neuen Glanz in altem Glanze begrüßen zu können. Dies gilt namentlich von dem im erſten Stockwerk gelegenen „Königsſaal“, der eine Fülle der ſchönſten Bilder und Plafond-Ornamente hinter einer Ueberklei- dung verbergen ſoll.
Wir haben in dem Beſtehen Schloß Cöpenick’s drei Perioden unterſchieden und in Erinnerung an die wechſelnden Bauten, die hier ſtanden, von einem alten, einem mittleren und einem neuen Schloß Cöpenick geſprochen. Aber auch dies neue Schloß Cöpenick theilt ſein 200jähriges Leben wieder in verſchiedene Stadien, unter denen wir, mit Umgehung gleichgültigerer Jahr- zehnte, vier Hauptepochen unterſcheiden.
Dieſe vier Hauptepochen des neuen Schloß Cöpenick’s ſind die folgenden: Erſtens die Zeit des Kurprinzen Friedrich von 1682—1688; zweitens die Zeit Friedrich WilhelmsI., in- ſonderheit das Jahr 1730; drittens die Zeit Henriette Ma- ria’s, gebornen Markgräfin von Brandenburg-Schwedt, von 1749—1782, und viertens die Zeit des Grafen von Schmet- tau, von 1804—1806. An eine Beſprechung dieſer vier Haupt- epochen wird ſich ſchließlich noch eine kurze Darſtellung der Schick- ſale zu knüpfen haben, die Schloß Cöpenick ſeitdem erfuhr.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0110"n="94"/>
und Pfeiler und Säulen mit reichgegliedertem Capitell treten<lb/>
dienend in den Hintergrund zurück und die ſchweren Stuck-Orna-<lb/>
mente verlieren anſcheinend ihre Schwere. Zu dieſen Stuck-<lb/>
Ornamenten geſellten ſich auch noch allerlei Plafond-Bilder, die<lb/>
durch die Säle des Schloſſes hin abwechſelnd den Jagdzug der<lb/>
Diana, ihren Zorn über Aktäon und ihre Liebe zum Endymion<lb/>
darſtellten, aber nur wenige dieſer Gemälde ſind bis auf unſere<lb/>
Zeit gekommen und dieſe wenigen verbergen ſich hinter einer ſorg-<lb/>
lich aufgetragenen Bekleidung von Mörtel und Gips. Sie war-<lb/>
ten auf die Stunde, wo das alte Schloß, das ſeit 70 Jahren<lb/>
immer nur der Proſa hat dienen müſſen, die poetiſchen Tage<lb/>
königlicher Pracht wieder erblicken wird, um dann auch ihrer-<lb/>ſeits aus ihrer Hülle heraustreten und den neuen Glanz in altem<lb/>
Glanze begrüßen zu können. Dies gilt namentlich von dem<lb/>
im erſten Stockwerk gelegenen „Königsſaal“, der eine Fülle der<lb/>ſchönſten Bilder und Plafond-Ornamente hinter einer Ueberklei-<lb/>
dung verbergen ſoll.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Wir haben in dem Beſtehen Schloß Cöpenick’s drei Perioden<lb/>
unterſchieden und in Erinnerung an die wechſelnden Bauten,<lb/>
die hier ſtanden, von einem alten, einem mittleren und einem<lb/>
neuen Schloß Cöpenick geſprochen. Aber auch dies <hirendition="#g">neue</hi> Schloß<lb/>
Cöpenick theilt ſein 200jähriges Leben wieder in verſchiedene<lb/>
Stadien, unter denen wir, mit Umgehung gleichgültigerer Jahr-<lb/>
zehnte, <hirendition="#g">vier</hi> Hauptepochen unterſcheiden.</p><lb/><p>Dieſe vier Hauptepochen des <hirendition="#g">neuen</hi> Schloß Cöpenick’s ſind<lb/>
die folgenden: <hirendition="#g">Erſtens</hi> die Zeit des Kurprinzen <hirendition="#g">Friedrich</hi> von<lb/>
1682—1688; <hirendition="#g">zweitens</hi> die Zeit <hirendition="#g">Friedrich Wilhelms</hi><hirendition="#aq">I.</hi>, in-<lb/>ſonderheit das Jahr 1730; <hirendition="#g">drittens</hi> die Zeit <hirendition="#g">Henriette Ma-<lb/>
ria’s,</hi> gebornen Markgräfin von Brandenburg-Schwedt, von<lb/>
1749—1782, und <hirendition="#g">viertens</hi> die Zeit des Grafen von <hirendition="#g">Schmet-<lb/>
tau,</hi> von 1804—1806. An eine Beſprechung dieſer vier Haupt-<lb/>
epochen wird ſich ſchließlich noch eine kurze Darſtellung der Schick-<lb/>ſale zu knüpfen haben, die Schloß Cöpenick ſeitdem erfuhr.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div></div></body></text></TEI>
[94/0110]
und Pfeiler und Säulen mit reichgegliedertem Capitell treten
dienend in den Hintergrund zurück und die ſchweren Stuck-Orna-
mente verlieren anſcheinend ihre Schwere. Zu dieſen Stuck-
Ornamenten geſellten ſich auch noch allerlei Plafond-Bilder, die
durch die Säle des Schloſſes hin abwechſelnd den Jagdzug der
Diana, ihren Zorn über Aktäon und ihre Liebe zum Endymion
darſtellten, aber nur wenige dieſer Gemälde ſind bis auf unſere
Zeit gekommen und dieſe wenigen verbergen ſich hinter einer ſorg-
lich aufgetragenen Bekleidung von Mörtel und Gips. Sie war-
ten auf die Stunde, wo das alte Schloß, das ſeit 70 Jahren
immer nur der Proſa hat dienen müſſen, die poetiſchen Tage
königlicher Pracht wieder erblicken wird, um dann auch ihrer-
ſeits aus ihrer Hülle heraustreten und den neuen Glanz in altem
Glanze begrüßen zu können. Dies gilt namentlich von dem
im erſten Stockwerk gelegenen „Königsſaal“, der eine Fülle der
ſchönſten Bilder und Plafond-Ornamente hinter einer Ueberklei-
dung verbergen ſoll.
Wir haben in dem Beſtehen Schloß Cöpenick’s drei Perioden
unterſchieden und in Erinnerung an die wechſelnden Bauten,
die hier ſtanden, von einem alten, einem mittleren und einem
neuen Schloß Cöpenick geſprochen. Aber auch dies neue Schloß
Cöpenick theilt ſein 200jähriges Leben wieder in verſchiedene
Stadien, unter denen wir, mit Umgehung gleichgültigerer Jahr-
zehnte, vier Hauptepochen unterſcheiden.
Dieſe vier Hauptepochen des neuen Schloß Cöpenick’s ſind
die folgenden: Erſtens die Zeit des Kurprinzen Friedrich von
1682—1688; zweitens die Zeit Friedrich Wilhelms I., in-
ſonderheit das Jahr 1730; drittens die Zeit Henriette Ma-
ria’s, gebornen Markgräfin von Brandenburg-Schwedt, von
1749—1782, und viertens die Zeit des Grafen von Schmet-
tau, von 1804—1806. An eine Beſprechung dieſer vier Haupt-
epochen wird ſich ſchließlich noch eine kurze Darſtellung der Schick-
ſale zu knüpfen haben, die Schloß Cöpenick ſeitdem erfuhr.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der vierte Band "Spreeland. Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow" 1882 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/110>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.