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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.

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walder) zu den 4. (Schneidemühler) Ulanen über, machte seine
Avantageur-Zeit durch und war bei Ausbruch des 70er Krieges
Fähnrich im letztgenannten Regiment. Anfänglich bei der Ersatz-
Schwadron verblieben, traf er erst am 15. September in der
Metzer Cernirungslinie ein, machte Anfang Oktober eins der im
Norden stattfindenden Gefechte mit, zeichnete sich durch Bravour
aus und sollte am 16. Oktober vor der Front belobt und zum
Offizier ernannt werden, als auf den Anruf des Regiments-Com-
mandeurs: "Fähnrich Anderssen!" die Antwort gegeben werden
mußte: "fehlt seit gestern." Jener Schritt war geschehen, der
nicht mehr zurückgethan werden konnte und mit dem Tode endete.
Im Uebrigen sei dem noch zu Erzählenden voraufgeschickt, daß er
auch hier wieder auf dem Punkte stand, der leichtsinnig heraufbe-
schworenen Gefahr, voll echten Spielerglücks, zu entgehen. Eine
Bagatelle entschied schließlich zu seinen Ungunsten. Hören wir wie.

Das Regiment lag mit einigen Escadrons in Garsch, zwischen
Metz und Thionville. Hier befand sich auch Anderssen, der in dem
Hause des Maires ein gutes Quartier gefunden hatte. Auch ein
angenehmes, denn er stand auf bestem Fuß mit dem Wirth und
allen Insassen des Hauses, besonders mit den Kindern, mit denen
er, gütig und lebhaft wie er war, zu spielen und zu scherzen liebte.
Am 15. Oktober fuhr Mr. Bauer (Name des Maires) mit einem
leichten Ackerwagen aus seinem Gehöft auf die Dorfstraße, und
unsres Fähnrichs ansichtig werdend, der, rittlings auf einem
Reisigbündel sitzend, eben Spielzeug für die Kinder schnitzte, rief
er demselben zu:

Wollen Sie mit?

"Wohin?"

Thionville.

"Gewiß!"

Ehe zwei Minuten um waren, hatte der Angerufene, mit der
ihm eigenen Raschheit des Entschlusses die Kleider gewechselt und
fuhr nun in blauer Blouse, neben seinem Quartiergeber sitzend,
plaudernd und rauchend auf Thionville zu. Ohne Aufenthalt
oder Schwierigkeit ging es über die Festungsbrücke fort, in das
Thor hinein, bis der Wagen inmitten der Stadt vor dem vielbe-
suchten Cafe Luxembourg hielt. Das Publikum desselben, so

walder) zu den 4. (Schneidemühler) Ulanen über, machte ſeine
Avantageur-Zeit durch und war bei Ausbruch des 70er Krieges
Fähnrich im letztgenannten Regiment. Anfänglich bei der Erſatz-
Schwadron verblieben, traf er erſt am 15. September in der
Metzer Cernirungslinie ein, machte Anfang Oktober eins der im
Norden ſtattfindenden Gefechte mit, zeichnete ſich durch Bravour
aus und ſollte am 16. Oktober vor der Front belobt und zum
Offizier ernannt werden, als auf den Anruf des Regiments-Com-
mandeurs: „Fähnrich Anderſſen!“ die Antwort gegeben werden
mußte: „fehlt ſeit geſtern.“ Jener Schritt war geſchehen, der
nicht mehr zurückgethan werden konnte und mit dem Tode endete.
Im Uebrigen ſei dem noch zu Erzählenden voraufgeſchickt, daß er
auch hier wieder auf dem Punkte ſtand, der leichtſinnig heraufbe-
ſchworenen Gefahr, voll echten Spielerglücks, zu entgehen. Eine
Bagatelle entſchied ſchließlich zu ſeinen Ungunſten. Hören wir wie.

Das Regiment lag mit einigen Escadrons in Garſch, zwiſchen
Metz und Thionville. Hier befand ſich auch Anderſſen, der in dem
Hauſe des Maires ein gutes Quartier gefunden hatte. Auch ein
angenehmes, denn er ſtand auf beſtem Fuß mit dem Wirth und
allen Inſaſſen des Hauſes, beſonders mit den Kindern, mit denen
er, gütig und lebhaft wie er war, zu ſpielen und zu ſcherzen liebte.
Am 15. Oktober fuhr Mr. Bauer (Name des Maires) mit einem
leichten Ackerwagen aus ſeinem Gehöft auf die Dorfſtraße, und
unſres Fähnrichs anſichtig werdend, der, rittlings auf einem
Reiſigbündel ſitzend, eben Spielzeug für die Kinder ſchnitzte, rief
er demſelben zu:

Wollen Sie mit?

„Wohin?“

Thionville.

„Gewiß!“

Ehe zwei Minuten um waren, hatte der Angerufene, mit der
ihm eigenen Raſchheit des Entſchluſſes die Kleider gewechſelt und
fuhr nun in blauer Blouſe, neben ſeinem Quartiergeber ſitzend,
plaudernd und rauchend auf Thionville zu. Ohne Aufenthalt
oder Schwierigkeit ging es über die Feſtungsbrücke fort, in das
Thor hinein, bis der Wagen inmitten der Stadt vor dem vielbe-
ſuchten Café Luxembourg hielt. Das Publikum deſſelben, ſo

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[122/0138] walder) zu den 4. (Schneidemühler) Ulanen über, machte ſeine Avantageur-Zeit durch und war bei Ausbruch des 70er Krieges Fähnrich im letztgenannten Regiment. Anfänglich bei der Erſatz- Schwadron verblieben, traf er erſt am 15. September in der Metzer Cernirungslinie ein, machte Anfang Oktober eins der im Norden ſtattfindenden Gefechte mit, zeichnete ſich durch Bravour aus und ſollte am 16. Oktober vor der Front belobt und zum Offizier ernannt werden, als auf den Anruf des Regiments-Com- mandeurs: „Fähnrich Anderſſen!“ die Antwort gegeben werden mußte: „fehlt ſeit geſtern.“ Jener Schritt war geſchehen, der nicht mehr zurückgethan werden konnte und mit dem Tode endete. Im Uebrigen ſei dem noch zu Erzählenden voraufgeſchickt, daß er auch hier wieder auf dem Punkte ſtand, der leichtſinnig heraufbe- ſchworenen Gefahr, voll echten Spielerglücks, zu entgehen. Eine Bagatelle entſchied ſchließlich zu ſeinen Ungunſten. Hören wir wie. Das Regiment lag mit einigen Escadrons in Garſch, zwiſchen Metz und Thionville. Hier befand ſich auch Anderſſen, der in dem Hauſe des Maires ein gutes Quartier gefunden hatte. Auch ein angenehmes, denn er ſtand auf beſtem Fuß mit dem Wirth und allen Inſaſſen des Hauſes, beſonders mit den Kindern, mit denen er, gütig und lebhaft wie er war, zu ſpielen und zu ſcherzen liebte. Am 15. Oktober fuhr Mr. Bauer (Name des Maires) mit einem leichten Ackerwagen aus ſeinem Gehöft auf die Dorfſtraße, und unſres Fähnrichs anſichtig werdend, der, rittlings auf einem Reiſigbündel ſitzend, eben Spielzeug für die Kinder ſchnitzte, rief er demſelben zu: Wollen Sie mit? „Wohin?“ Thionville. „Gewiß!“ Ehe zwei Minuten um waren, hatte der Angerufene, mit der ihm eigenen Raſchheit des Entſchluſſes die Kleider gewechſelt und fuhr nun in blauer Blouſe, neben ſeinem Quartiergeber ſitzend, plaudernd und rauchend auf Thionville zu. Ohne Aufenthalt oder Schwierigkeit ging es über die Feſtungsbrücke fort, in das Thor hinein, bis der Wagen inmitten der Stadt vor dem vielbe- ſuchten Café Luxembourg hielt. Das Publikum deſſelben, ſo

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/138>, abgerufen am 24.11.2024.