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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.

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zu Beginn des vorigen Jahrhunderts der Honigbau ein freies,
nach Wunsch der Regierung von jedem Bauer und Kossäthen zu
betreibendes Gewerbe geworden war, während er bis dahin als
ein Special-Recht an einem bestimmten Grund und Boden gehaftet
und alle Honigbautreibenden Pächter in ein eigenthümliches und
oft ziemlich complicirtes Abhängigkeits-Verhältniß von dem be-
treffenden Grundherrn gebracht hatte.

Besprechung und Regelung dieser Zins- und Pacht-Verhält-
nisse war es sehr wahrscheinlich, was, wie schon angedeutet, in
früheren Jahrhunderten, in denen man nur die Waldbienenzucht
kannte, die märkischen Interessenten in diesem Grenzdorfe zwischen
Lebus und Barnim zusammenführte. Neben dem Allgemeinen
aber waren es auch wohl die besonderen und allerlokalsten Ver-
hältnisse Kienbaums, die zur Sprache kamen, und mit diesen
beschäftigen wir uns hier ausschließlich.

Kienbaum gehörte in alten Zeiten zu Kloster Zinna, später,
nach der Säkularisation, zu Amt Rüdersdorf. Amt Rüdersdorf
war also Grundherr. Dieser Grundherr nun, der in andern
Dörfern allerlei Viehweide verpachtete, verpachtete dem Bienen-
dorfe Kienbaum allerlei Bienenweide, d. h. einen Wald, auf
dem die Bienen der Kienbaumschen kleinen Leute weiden konnten.
Selbstverständlich schloß sich daran auch das Recht, das Resultat
dieser Weide, den Honig, auf hergebrachte Weise zu "beuten."
Diese Beutner nun stellten sich, allem Anscheine nach, an einem
bestimmten Tage bei dem Lehnschulzen ein, der als ein Beauf-
tragter des "Amts" mit ihnen handelte. Sie kündigten oder er-
neuten ihre Pacht, äußerten ihre Beschwerden (oder nahmen solche
entgegen) und bezahlten ihrerseits ihren Zins in Geld und Honig,
wogegen das Amt seinerseits die Pflicht hatte, sie mit einem Hammel,
einer Tonne Bier und einem Scheffel Brod zu verpflegen. Später
wurde der Pachtzins ausschließlich in Geld geleistet, von welcher Zeit
an wir von einer auf dem Schulzenhofe befindlichen Kasse sprechen
hören. Diese glich einer kleinen oder Filial-Rentamtskasse,
deren Erträge von Zeit zu Zeit an das Amt selber abgeführt wurden.
Daneben aber scheint sie zngleich auch und vielleicht kaum minder
eine Darlehns- und Prämien-Kasse gewesen zu sein. Wer den
besten Honig vorzeigen konnte, der wurde prämiirt, und wer die

zu Beginn des vorigen Jahrhunderts der Honigbau ein freies,
nach Wunſch der Regierung von jedem Bauer und Koſſäthen zu
betreibendes Gewerbe geworden war, während er bis dahin als
ein Special-Recht an einem beſtimmten Grund und Boden gehaftet
und alle Honigbautreibenden Pächter in ein eigenthümliches und
oft ziemlich complicirtes Abhängigkeits-Verhältniß von dem be-
treffenden Grundherrn gebracht hatte.

Beſprechung und Regelung dieſer Zins- und Pacht-Verhält-
niſſe war es ſehr wahrſcheinlich, was, wie ſchon angedeutet, in
früheren Jahrhunderten, in denen man nur die Waldbienenzucht
kannte, die märkiſchen Intereſſenten in dieſem Grenzdorfe zwiſchen
Lebus und Barnim zuſammenführte. Neben dem Allgemeinen
aber waren es auch wohl die beſonderen und allerlokalſten Ver-
hältniſſe Kienbaums, die zur Sprache kamen, und mit dieſen
beſchäftigen wir uns hier ausſchließlich.

Kienbaum gehörte in alten Zeiten zu Kloſter Zinna, ſpäter,
nach der Säkulariſation, zu Amt Rüdersdorf. Amt Rüdersdorf
war alſo Grundherr. Dieſer Grundherr nun, der in andern
Dörfern allerlei Viehweide verpachtete, verpachtete dem Bienen-
dorfe Kienbaum allerlei Bienenweide, d. h. einen Wald, auf
dem die Bienen der Kienbaumſchen kleinen Leute weiden konnten.
Selbſtverſtändlich ſchloß ſich daran auch das Recht, das Reſultat
dieſer Weide, den Honig, auf hergebrachte Weiſe zu „beuten.“
Dieſe Beutner nun ſtellten ſich, allem Anſcheine nach, an einem
beſtimmten Tage bei dem Lehnſchulzen ein, der als ein Beauf-
tragter des „Amts“ mit ihnen handelte. Sie kündigten oder er-
neuten ihre Pacht, äußerten ihre Beſchwerden (oder nahmen ſolche
entgegen) und bezahlten ihrerſeits ihren Zins in Geld und Honig,
wogegen das Amt ſeinerſeits die Pflicht hatte, ſie mit einem Hammel,
einer Tonne Bier und einem Scheffel Brod zu verpflegen. Später
wurde der Pachtzins ausſchließlich in Geld geleiſtet, von welcher Zeit
an wir von einer auf dem Schulzenhofe befindlichen Kaſſe ſprechen
hören. Dieſe glich einer kleinen oder Filial-Rentamtskaſſe,
deren Erträge von Zeit zu Zeit an das Amt ſelber abgeführt wurden.
Daneben aber ſcheint ſie zngleich auch und vielleicht kaum minder
eine Darlehns- und Prämien-Kaſſe geweſen zu ſein. Wer den
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[245/0261] zu Beginn des vorigen Jahrhunderts der Honigbau ein freies, nach Wunſch der Regierung von jedem Bauer und Koſſäthen zu betreibendes Gewerbe geworden war, während er bis dahin als ein Special-Recht an einem beſtimmten Grund und Boden gehaftet und alle Honigbautreibenden Pächter in ein eigenthümliches und oft ziemlich complicirtes Abhängigkeits-Verhältniß von dem be- treffenden Grundherrn gebracht hatte. Beſprechung und Regelung dieſer Zins- und Pacht-Verhält- niſſe war es ſehr wahrſcheinlich, was, wie ſchon angedeutet, in früheren Jahrhunderten, in denen man nur die Waldbienenzucht kannte, die märkiſchen Intereſſenten in dieſem Grenzdorfe zwiſchen Lebus und Barnim zuſammenführte. Neben dem Allgemeinen aber waren es auch wohl die beſonderen und allerlokalſten Ver- hältniſſe Kienbaums, die zur Sprache kamen, und mit dieſen beſchäftigen wir uns hier ausſchließlich. Kienbaum gehörte in alten Zeiten zu Kloſter Zinna, ſpäter, nach der Säkulariſation, zu Amt Rüdersdorf. Amt Rüdersdorf war alſo Grundherr. Dieſer Grundherr nun, der in andern Dörfern allerlei Viehweide verpachtete, verpachtete dem Bienen- dorfe Kienbaum allerlei Bienenweide, d. h. einen Wald, auf dem die Bienen der Kienbaumſchen kleinen Leute weiden konnten. Selbſtverſtändlich ſchloß ſich daran auch das Recht, das Reſultat dieſer Weide, den Honig, auf hergebrachte Weiſe zu „beuten.“ Dieſe Beutner nun ſtellten ſich, allem Anſcheine nach, an einem beſtimmten Tage bei dem Lehnſchulzen ein, der als ein Beauf- tragter des „Amts“ mit ihnen handelte. Sie kündigten oder er- neuten ihre Pacht, äußerten ihre Beſchwerden (oder nahmen ſolche entgegen) und bezahlten ihrerſeits ihren Zins in Geld und Honig, wogegen das Amt ſeinerſeits die Pflicht hatte, ſie mit einem Hammel, einer Tonne Bier und einem Scheffel Brod zu verpflegen. Später wurde der Pachtzins ausſchließlich in Geld geleiſtet, von welcher Zeit an wir von einer auf dem Schulzenhofe befindlichen Kaſſe ſprechen hören. Dieſe glich einer kleinen oder Filial-Rentamtskaſſe, deren Erträge von Zeit zu Zeit an das Amt ſelber abgeführt wurden. Daneben aber ſcheint ſie zngleich auch und vielleicht kaum minder eine Darlehns- und Prämien-Kaſſe geweſen zu ſein. Wer den beſten Honig vorzeigen konnte, der wurde prämiirt, und wer die

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/261>, abgerufen am 22.11.2024.