zu Beginn des vorigen Jahrhunderts der Honigbau ein freies, nach Wunsch der Regierung von jedem Bauer und Kossäthen zu betreibendes Gewerbe geworden war, während er bis dahin als ein Special-Recht an einem bestimmten Grund und Boden gehaftet und alle Honigbautreibenden Pächter in ein eigenthümliches und oft ziemlich complicirtes Abhängigkeits-Verhältniß von dem be- treffenden Grundherrn gebracht hatte.
Besprechung und Regelung dieser Zins- und Pacht-Verhält- nisse war es sehr wahrscheinlich, was, wie schon angedeutet, in früheren Jahrhunderten, in denen man nur die Waldbienenzucht kannte, die märkischen Interessenten in diesem Grenzdorfe zwischen Lebus und Barnim zusammenführte. Neben dem Allgemeinen aber waren es auch wohl die besonderen und allerlokalsten Ver- hältnisse Kienbaums, die zur Sprache kamen, und mit diesen beschäftigen wir uns hier ausschließlich.
Kienbaum gehörte in alten Zeiten zu Kloster Zinna, später, nach der Säkularisation, zu Amt Rüdersdorf. Amt Rüdersdorf war also Grundherr. Dieser Grundherr nun, der in andern Dörfern allerlei Viehweide verpachtete, verpachtete dem Bienen- dorfe Kienbaum allerlei Bienenweide, d. h. einen Wald, auf dem die Bienen der Kienbaumschen kleinen Leute weiden konnten. Selbstverständlich schloß sich daran auch das Recht, das Resultat dieser Weide, den Honig, auf hergebrachte Weise zu "beuten." Diese Beutner nun stellten sich, allem Anscheine nach, an einem bestimmten Tage bei dem Lehnschulzen ein, der als ein Beauf- tragter des "Amts" mit ihnen handelte. Sie kündigten oder er- neuten ihre Pacht, äußerten ihre Beschwerden (oder nahmen solche entgegen) und bezahlten ihrerseits ihren Zins in Geld und Honig, wogegen das Amt seinerseits die Pflicht hatte, sie mit einem Hammel, einer Tonne Bier und einem Scheffel Brod zu verpflegen. Später wurde der Pachtzins ausschließlich in Geld geleistet, von welcher Zeit an wir von einer auf dem Schulzenhofe befindlichen Kasse sprechen hören. Diese glich einer kleinen oder Filial-Rentamtskasse, deren Erträge von Zeit zu Zeit an das Amt selber abgeführt wurden. Daneben aber scheint sie zngleich auch und vielleicht kaum minder eine Darlehns- und Prämien-Kasse gewesen zu sein. Wer den besten Honig vorzeigen konnte, der wurde prämiirt, und wer die
zu Beginn des vorigen Jahrhunderts der Honigbau ein freies, nach Wunſch der Regierung von jedem Bauer und Koſſäthen zu betreibendes Gewerbe geworden war, während er bis dahin als ein Special-Recht an einem beſtimmten Grund und Boden gehaftet und alle Honigbautreibenden Pächter in ein eigenthümliches und oft ziemlich complicirtes Abhängigkeits-Verhältniß von dem be- treffenden Grundherrn gebracht hatte.
Beſprechung und Regelung dieſer Zins- und Pacht-Verhält- niſſe war es ſehr wahrſcheinlich, was, wie ſchon angedeutet, in früheren Jahrhunderten, in denen man nur die Waldbienenzucht kannte, die märkiſchen Intereſſenten in dieſem Grenzdorfe zwiſchen Lebus und Barnim zuſammenführte. Neben dem Allgemeinen aber waren es auch wohl die beſonderen und allerlokalſten Ver- hältniſſe Kienbaums, die zur Sprache kamen, und mit dieſen beſchäftigen wir uns hier ausſchließlich.
Kienbaum gehörte in alten Zeiten zu Kloſter Zinna, ſpäter, nach der Säkulariſation, zu Amt Rüdersdorf. Amt Rüdersdorf war alſo Grundherr. Dieſer Grundherr nun, der in andern Dörfern allerlei Viehweide verpachtete, verpachtete dem Bienen- dorfe Kienbaum allerlei Bienenweide, d. h. einen Wald, auf dem die Bienen der Kienbaumſchen kleinen Leute weiden konnten. Selbſtverſtändlich ſchloß ſich daran auch das Recht, das Reſultat dieſer Weide, den Honig, auf hergebrachte Weiſe zu „beuten.“ Dieſe Beutner nun ſtellten ſich, allem Anſcheine nach, an einem beſtimmten Tage bei dem Lehnſchulzen ein, der als ein Beauf- tragter des „Amts“ mit ihnen handelte. Sie kündigten oder er- neuten ihre Pacht, äußerten ihre Beſchwerden (oder nahmen ſolche entgegen) und bezahlten ihrerſeits ihren Zins in Geld und Honig, wogegen das Amt ſeinerſeits die Pflicht hatte, ſie mit einem Hammel, einer Tonne Bier und einem Scheffel Brod zu verpflegen. Später wurde der Pachtzins ausſchließlich in Geld geleiſtet, von welcher Zeit an wir von einer auf dem Schulzenhofe befindlichen Kaſſe ſprechen hören. Dieſe glich einer kleinen oder Filial-Rentamtskaſſe, deren Erträge von Zeit zu Zeit an das Amt ſelber abgeführt wurden. Daneben aber ſcheint ſie zngleich auch und vielleicht kaum minder eine Darlehns- und Prämien-Kaſſe geweſen zu ſein. Wer den beſten Honig vorzeigen konnte, der wurde prämiirt, und wer die
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zu Beginn des vorigen Jahrhunderts der Honigbau ein freies,
nach Wunſch der Regierung von jedem Bauer und Koſſäthen zu
betreibendes Gewerbe geworden war, während er bis dahin als
ein Special-Recht an einem beſtimmten Grund und Boden gehaftet
und alle Honigbautreibenden Pächter in ein eigenthümliches und
oft ziemlich complicirtes Abhängigkeits-Verhältniß von dem be-
treffenden Grundherrn gebracht hatte.
Beſprechung und Regelung dieſer Zins- und Pacht-Verhält-
niſſe war es ſehr wahrſcheinlich, was, wie ſchon angedeutet, in
früheren Jahrhunderten, in denen man nur die Waldbienenzucht
kannte, die märkiſchen Intereſſenten in dieſem Grenzdorfe zwiſchen
Lebus und Barnim zuſammenführte. Neben dem Allgemeinen
aber waren es auch wohl die beſonderen und allerlokalſten Ver-
hältniſſe Kienbaums, die zur Sprache kamen, und mit dieſen
beſchäftigen wir uns hier ausſchließlich.
Kienbaum gehörte in alten Zeiten zu Kloſter Zinna, ſpäter,
nach der Säkulariſation, zu Amt Rüdersdorf. Amt Rüdersdorf
war alſo Grundherr. Dieſer Grundherr nun, der in andern
Dörfern allerlei Viehweide verpachtete, verpachtete dem Bienen-
dorfe Kienbaum allerlei Bienenweide, d. h. einen Wald, auf
dem die Bienen der Kienbaumſchen kleinen Leute weiden konnten.
Selbſtverſtändlich ſchloß ſich daran auch das Recht, das Reſultat
dieſer Weide, den Honig, auf hergebrachte Weiſe zu „beuten.“
Dieſe Beutner nun ſtellten ſich, allem Anſcheine nach, an einem
beſtimmten Tage bei dem Lehnſchulzen ein, der als ein Beauf-
tragter des „Amts“ mit ihnen handelte. Sie kündigten oder er-
neuten ihre Pacht, äußerten ihre Beſchwerden (oder nahmen ſolche
entgegen) und bezahlten ihrerſeits ihren Zins in Geld und Honig,
wogegen das Amt ſeinerſeits die Pflicht hatte, ſie mit einem Hammel,
einer Tonne Bier und einem Scheffel Brod zu verpflegen. Später
wurde der Pachtzins ausſchließlich in Geld geleiſtet, von welcher Zeit
an wir von einer auf dem Schulzenhofe befindlichen Kaſſe ſprechen
hören. Dieſe glich einer kleinen oder Filial-Rentamtskaſſe,
deren Erträge von Zeit zu Zeit an das Amt ſelber abgeführt wurden.
Daneben aber ſcheint ſie zngleich auch und vielleicht kaum minder
eine Darlehns- und Prämien-Kaſſe geweſen zu ſein. Wer den
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der vierte Band "Spreeland. Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow" 1882 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/261>, abgerufen am 22.11.2024.
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