Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.nöthigen Garantien bot, der erhielt ein Darlehn, um irgend etwas Das ist alles, was ich aus Mund und Schrift über den Kien- Die Bienenzucht in Kienbaum, darüber scheint kein Zweifel, *) Die Löcknitz ist eines jener vielen Wässerchen in unsrer Mark, die plötz-
lich aus einem Luch oder See tretend, auf eine kurze Strecke hin einen Park- streifen durch unser Sand- und Haideland ziehn. Keines unter all diesen Wässerchen aber ist vielleicht reizvoller und unbekannter zugleich als die Löck- nitz, die, aus dem rothen Luche kommend, in einem der Seen zwischen "Erk- ner" und den Rüdersdorfer Kalkbergen verschwindet. Immer dieselben Requi- siten, gewiß; und doch, wer an dieser Stelle Spätnachmittags an der Grenzlinie zwischen Wald und Wiese hinfährt, dem eröffnet sich eine Reihe der anmuthigsten Landschaftsbilder. Hier dringt der Wald von beiden Seiten vor und schafft eine Schmälung, dort tritt er zurück und der schmale Wiesen- streifen wird entweder ein Feld oder das Flüßchen selber ein Teich, auf dem im Schimmer der untergehenden Sonne die stillen Nymphaeen schwim- men. Dann und wann ein rauschendes Wehr, eine Sägemühle, dazwischen nöthigen Garantien bot, der erhielt ein Darlehn, um irgend etwas Das iſt alles, was ich aus Mund und Schrift über den Kien- Die Bienenzucht in Kienbaum, darüber ſcheint kein Zweifel, *) Die Löcknitz iſt eines jener vielen Wäſſerchen in unſrer Mark, die plötz-
lich aus einem Luch oder See tretend, auf eine kurze Strecke hin einen Park- ſtreifen durch unſer Sand- und Haideland ziehn. Keines unter all dieſen Wäſſerchen aber iſt vielleicht reizvoller und unbekannter zugleich als die Löck- nitz, die, aus dem rothen Luche kommend, in einem der Seen zwiſchen „Erk- ner“ und den Rüdersdorfer Kalkbergen verſchwindet. Immer dieſelben Requi- ſiten, gewiß; und doch, wer an dieſer Stelle Spätnachmittags an der Grenzlinie zwiſchen Wald und Wieſe hinfährt, dem eröffnet ſich eine Reihe der anmuthigſten Landſchaftsbilder. Hier dringt der Wald von beiden Seiten vor und ſchafft eine Schmälung, dort tritt er zurück und der ſchmale Wieſen- ſtreifen wird entweder ein Feld oder das Flüßchen ſelber ein Teich, auf dem im Schimmer der untergehenden Sonne die ſtillen Nymphaeen ſchwim- men. Dann und wann ein rauſchendes Wehr, eine Sägemühle, dazwiſchen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0262" n="246"/> nöthigen Garantien bot, der erhielt ein Darlehn, um irgend etwas<lb/> Neues, von dem man ſich Reſultate verſprach, in’s Werk zu ſetzen.</p><lb/> <p>Das iſt alles, was ich aus Mund und Schrift über den Kien-<lb/> baumer Bienenconvent in Erfahrung bringen konnte. So wenig<lb/> es iſt, ſo ſpricht ſich doch Leben, Eifer und ein gewiſſes Organi-<lb/> ſationstalent darin aus.</p><lb/> <p>Die Bienenzucht in Kienbaum, darüber ſcheint kein Zweifel,<lb/> war von beſonderer Vorzüglichkeit und dieſe Vorzüglichkeit hin-<lb/> wiederum war das natürliche Reſultat einer vorzüglichen Bienen-<lb/><hi rendition="#g">Lokalität</hi>, d. h. einer andauernden, nie erſchöpften Bienenweide.<lb/> Solche Lokalitäten, wenn man die höchſten Anforderungen ſtellt,<lb/> ſind nicht eben allzuhäufig, da ſich’s darum handelt, den Bienen eine<lb/> blühende Pflanzenwelt zu bieten, aus der ſie faſt ſechs Monate lang<lb/> unausgeſetzt ihren Bedarf einſammeln können. Wo der Raps blüht<lb/> da iſt freilich für den Mai und Juni und wo die Linden blühn,<lb/> für den Juli geſorgt; aber erſt aus dem Vorhandenſein <hi rendition="#g">mannig-<lb/> fachſter</hi> Pflanzen und Bäume, die ſich im Blühn <hi rendition="#g">unter einan-<lb/> der ablöſen</hi> und vom April bis in den September hinein eine<lb/> immer wechſelnde Bienennahrung bieten, erſt aus dem Vorhandenſein<lb/> einer <hi rendition="#g">derartigen</hi> Vegetation ergiebt ſich das eigentliche Bienen und<lb/> Honig-Terrain. Ein ſolches Terrain nun war Kienbaum. Ein<lb/> quadratmeilen-großer Forſt ſchloß es ein und durch eben dieſen<lb/> Forſt hin ſchlängelte ſich die zu beiden Seiten von üppigen breiten<lb/> Wieſenſtreifen eingefaßte Löcknitz<note xml:id="note-0262" next="#note-0263" place="foot" n="*)">Die Löcknitz iſt eines jener vielen Wäſſerchen in unſrer Mark, die plötz-<lb/> lich aus einem Luch oder See tretend, auf eine kurze Strecke hin einen Park-<lb/> ſtreifen durch unſer Sand- und Haideland ziehn. Keines unter all dieſen<lb/> Wäſſerchen aber iſt vielleicht reizvoller und unbekannter zugleich als die Löck-<lb/> nitz, die, aus dem rothen Luche kommend, in einem der Seen zwiſchen „Erk-<lb/> ner“ und den Rüdersdorfer Kalkbergen verſchwindet. Immer dieſelben Requi-<lb/> ſiten, gewiß; und doch, wer an dieſer Stelle Spätnachmittags an der<lb/> Grenzlinie zwiſchen Wald und Wieſe hinfährt, dem eröffnet ſich eine Reihe<lb/> der anmuthigſten Landſchaftsbilder. Hier dringt der Wald von beiden Seiten<lb/> vor und ſchafft eine Schmälung, dort tritt er zurück und der ſchmale Wieſen-<lb/> ſtreifen wird entweder ein Feld oder das Flüßchen ſelber ein Teich, auf dem<lb/> im Schimmer der untergehenden Sonne die ſtillen Nymphaeen ſchwim-<lb/> men. Dann und wann ein rauſchendes Wehr, eine Sägemühle, dazwiſchen</note>. Unmittelbar das Flüßchen ent-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [246/0262]
nöthigen Garantien bot, der erhielt ein Darlehn, um irgend etwas
Neues, von dem man ſich Reſultate verſprach, in’s Werk zu ſetzen.
Das iſt alles, was ich aus Mund und Schrift über den Kien-
baumer Bienenconvent in Erfahrung bringen konnte. So wenig
es iſt, ſo ſpricht ſich doch Leben, Eifer und ein gewiſſes Organi-
ſationstalent darin aus.
Die Bienenzucht in Kienbaum, darüber ſcheint kein Zweifel,
war von beſonderer Vorzüglichkeit und dieſe Vorzüglichkeit hin-
wiederum war das natürliche Reſultat einer vorzüglichen Bienen-
Lokalität, d. h. einer andauernden, nie erſchöpften Bienenweide.
Solche Lokalitäten, wenn man die höchſten Anforderungen ſtellt,
ſind nicht eben allzuhäufig, da ſich’s darum handelt, den Bienen eine
blühende Pflanzenwelt zu bieten, aus der ſie faſt ſechs Monate lang
unausgeſetzt ihren Bedarf einſammeln können. Wo der Raps blüht
da iſt freilich für den Mai und Juni und wo die Linden blühn,
für den Juli geſorgt; aber erſt aus dem Vorhandenſein mannig-
fachſter Pflanzen und Bäume, die ſich im Blühn unter einan-
der ablöſen und vom April bis in den September hinein eine
immer wechſelnde Bienennahrung bieten, erſt aus dem Vorhandenſein
einer derartigen Vegetation ergiebt ſich das eigentliche Bienen und
Honig-Terrain. Ein ſolches Terrain nun war Kienbaum. Ein
quadratmeilen-großer Forſt ſchloß es ein und durch eben dieſen
Forſt hin ſchlängelte ſich die zu beiden Seiten von üppigen breiten
Wieſenſtreifen eingefaßte Löcknitz *). Unmittelbar das Flüßchen ent-
*) Die Löcknitz iſt eines jener vielen Wäſſerchen in unſrer Mark, die plötz-
lich aus einem Luch oder See tretend, auf eine kurze Strecke hin einen Park-
ſtreifen durch unſer Sand- und Haideland ziehn. Keines unter all dieſen
Wäſſerchen aber iſt vielleicht reizvoller und unbekannter zugleich als die Löck-
nitz, die, aus dem rothen Luche kommend, in einem der Seen zwiſchen „Erk-
ner“ und den Rüdersdorfer Kalkbergen verſchwindet. Immer dieſelben Requi-
ſiten, gewiß; und doch, wer an dieſer Stelle Spätnachmittags an der
Grenzlinie zwiſchen Wald und Wieſe hinfährt, dem eröffnet ſich eine Reihe
der anmuthigſten Landſchaftsbilder. Hier dringt der Wald von beiden Seiten
vor und ſchafft eine Schmälung, dort tritt er zurück und der ſchmale Wieſen-
ſtreifen wird entweder ein Feld oder das Flüßchen ſelber ein Teich, auf dem
im Schimmer der untergehenden Sonne die ſtillen Nymphaeen ſchwim-
men. Dann und wann ein rauſchendes Wehr, eine Sägemühle, dazwiſchen
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