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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.

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morgen auf dem Siethener See. Fischer ertrinken, Brautzüge
werden vom Sturm überrascht und in Winterdämmerung Verirrte
brechen ein in die kaum überfrorenen Lunen oder erstarren in dem
zusammengewehten Schnee. Dazu Mord und Brand, und Stäupung
und Enthauptung, und auf jedem dritten Blatte das alte Lied von
Ehebruch und "Illegitimitäten" aller Art, an die sich dann regel-
mäßig und wie das Amen in der Kirche die pastoralen und meist
invectivenreichsten Verurtheilungen knüpfen. Aber immer im
Lapidarstil.

Und nun möge das Kirchenbuch sprechen:


Aufzeichnungen des Pastors Johannes Thile I.*).

In diesem Jahre 1609 ist Herr Ernst von Schlabrendorf,
Erbherr auf Groeben und Siethen, aus dieser Zeitlichkeit ge-
schieden. Er war vermählt mit Ursula von Thümen, aus welcher
Ehe demselben zwei Söhne geboren wurden: Joachim von
Schlabrendorf und Melchior Ernst von Schlabrendorf. An
Melchior Ernst kam Groeben und an Joachim kam Siethen, so

*) Johannes Thile I. kam 1604 ins Amt und stand demselben bis zu
seinem 1639 erfolgten Tode vor. Ihm folgte sein Sohn Johannes Thile II.,
von dem aber alle Kirchenbuch-Aufzeichnungen fehlen, da die Führung seines
Amts in das letzte Jahrzehnt des 30jährigen Krieges und die daran an-
schließende Noth- und Trauerzeit fällt, in der alles wüst lag und an Ordnung
und Buchführung nicht zu denken war. Johannes Thile II. starb 1669, und
von der Hand eines seiner Nachfolger findet sich auf der entsprechenden Kirchen-
buch-Seite die Notiz, "daß ein Sohn dieses jüngeren Johannes Thile (also
des 1669 verstorbenen Johannes Thile II.) den Kriegs- und Soldatenstand
erwählet, von der Pike auf gedient und 1722 als Oberst ein Infanterie-
Regiment befehligt habe. In dieser seiner Eigenschaft sei derselbe durch Se.
K. Majestät in Preußen, Friedrich Wilhelm I. in den adligen Stand erhoben
und dieselbe "Dignität" alsbald auch seinem Herrn Bruder, dem Geheim-Rath
Thile verliehen worden." -- Es sind das Angaben, die mit denen in Zedlitz'
Adels-Lexikon im Wesentlichen übereinstimmen, und an die nur noch die
weitere Mittheilung zu knüpfen bleibt, daß die beiden gegenwärtig in unsrer
Armee stehenden Generale von Thile dieser dem Groebener Pfarrhaus ent-
stammten Familie zugehören.

morgen auf dem Siethener See. Fiſcher ertrinken, Brautzüge
werden vom Sturm überraſcht und in Winterdämmerung Verirrte
brechen ein in die kaum überfrorenen Lunen oder erſtarren in dem
zuſammengewehten Schnee. Dazu Mord und Brand, und Stäupung
und Enthauptung, und auf jedem dritten Blatte das alte Lied von
Ehebruch und „Illegitimitäten“ aller Art, an die ſich dann regel-
mäßig und wie das Amen in der Kirche die paſtoralen und meiſt
invectivenreichſten Verurtheilungen knüpfen. Aber immer im
Lapidarſtil.

Und nun möge das Kirchenbuch ſprechen:


Aufzeichnungen des Paſtors Johannes Thile I.*).

In dieſem Jahre 1609 iſt Herr Ernſt von Schlabrendorf,
Erbherr auf Groeben und Siethen, aus dieſer Zeitlichkeit ge-
ſchieden. Er war vermählt mit Urſula von Thümen, aus welcher
Ehe demſelben zwei Söhne geboren wurden: Joachim von
Schlabrendorf und Melchior Ernſt von Schlabrendorf. An
Melchior Ernſt kam Groeben und an Joachim kam Siethen, ſo

*) Johannes Thile I. kam 1604 ins Amt und ſtand demſelben bis zu
ſeinem 1639 erfolgten Tode vor. Ihm folgte ſein Sohn Johannes Thile II.,
von dem aber alle Kirchenbuch-Aufzeichnungen fehlen, da die Führung ſeines
Amts in das letzte Jahrzehnt des 30jährigen Krieges und die daran an-
ſchließende Noth- und Trauerzeit fällt, in der alles wüſt lag und an Ordnung
und Buchführung nicht zu denken war. Johannes Thile II. ſtarb 1669, und
von der Hand eines ſeiner Nachfolger findet ſich auf der entſprechenden Kirchen-
buch-Seite die Notiz, „daß ein Sohn dieſes jüngeren Johannes Thile (alſo
des 1669 verſtorbenen Johannes Thile II.) den Kriegs- und Soldatenſtand
erwählet, von der Pike auf gedient und 1722 als Oberſt ein Infanterie-
Regiment befehligt habe. In dieſer ſeiner Eigenſchaft ſei derſelbe durch Se.
K. Majeſtät in Preußen, Friedrich Wilhelm I. in den adligen Stand erhoben
und dieſelbe „Dignität“ alsbald auch ſeinem Herrn Bruder, dem Geheim-Rath
Thile verliehen worden.“ — Es ſind das Angaben, die mit denen in Zedlitz’
Adels-Lexikon im Weſentlichen übereinſtimmen, und an die nur noch die
weitere Mittheilung zu knüpfen bleibt, daß die beiden gegenwärtig in unſrer
Armee ſtehenden Generale von Thile dieſer dem Groebener Pfarrhaus ent-
ſtammten Familie zugehören.
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[358/0374] morgen auf dem Siethener See. Fiſcher ertrinken, Brautzüge werden vom Sturm überraſcht und in Winterdämmerung Verirrte brechen ein in die kaum überfrorenen Lunen oder erſtarren in dem zuſammengewehten Schnee. Dazu Mord und Brand, und Stäupung und Enthauptung, und auf jedem dritten Blatte das alte Lied von Ehebruch und „Illegitimitäten“ aller Art, an die ſich dann regel- mäßig und wie das Amen in der Kirche die paſtoralen und meiſt invectivenreichſten Verurtheilungen knüpfen. Aber immer im Lapidarſtil. Und nun möge das Kirchenbuch ſprechen: Aufzeichnungen des Paſtors Johannes Thile I. *). In dieſem Jahre 1609 iſt Herr Ernſt von Schlabrendorf, Erbherr auf Groeben und Siethen, aus dieſer Zeitlichkeit ge- ſchieden. Er war vermählt mit Urſula von Thümen, aus welcher Ehe demſelben zwei Söhne geboren wurden: Joachim von Schlabrendorf und Melchior Ernſt von Schlabrendorf. An Melchior Ernſt kam Groeben und an Joachim kam Siethen, ſo *) Johannes Thile I. kam 1604 ins Amt und ſtand demſelben bis zu ſeinem 1639 erfolgten Tode vor. Ihm folgte ſein Sohn Johannes Thile II., von dem aber alle Kirchenbuch-Aufzeichnungen fehlen, da die Führung ſeines Amts in das letzte Jahrzehnt des 30jährigen Krieges und die daran an- ſchließende Noth- und Trauerzeit fällt, in der alles wüſt lag und an Ordnung und Buchführung nicht zu denken war. Johannes Thile II. ſtarb 1669, und von der Hand eines ſeiner Nachfolger findet ſich auf der entſprechenden Kirchen- buch-Seite die Notiz, „daß ein Sohn dieſes jüngeren Johannes Thile (alſo des 1669 verſtorbenen Johannes Thile II.) den Kriegs- und Soldatenſtand erwählet, von der Pike auf gedient und 1722 als Oberſt ein Infanterie- Regiment befehligt habe. In dieſer ſeiner Eigenſchaft ſei derſelbe durch Se. K. Majeſtät in Preußen, Friedrich Wilhelm I. in den adligen Stand erhoben und dieſelbe „Dignität“ alsbald auch ſeinem Herrn Bruder, dem Geheim-Rath Thile verliehen worden.“ — Es ſind das Angaben, die mit denen in Zedlitz’ Adels-Lexikon im Weſentlichen übereinſtimmen, und an die nur noch die weitere Mittheilung zu knüpfen bleibt, daß die beiden gegenwärtig in unſrer Armee ſtehenden Generale von Thile dieſer dem Groebener Pfarrhaus ent- ſtammten Familie zugehören.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/374>, abgerufen am 22.11.2024.