Rundbank zwischen dem Steuer und dem Cajüteneingang und plauderten.
Es war um die elfte Stunde; in der dunklen breiten Wasser- fläche spiegelten sich die Sterne, zugleich auch die Lichter aus Häusern und Villen, die, im Grünen halbversteckt, das Ufer des Flusses einfassen.
Ich fragte nach dem Schiff, nach seiner Bauart, nach seinen Schicksalen, vor allem auch nach dem Seglerclub, dem die "Sphinx" als eines der schönsten Boote angehört. Capitän Backhusen, im Allgemeinen kein Mann der Rede, war plötzlich in seinem Element und nahm gern das Wort.
"Ich weiß nicht, um welche Zeit der Club in's Leben trat, aber seit einer Reihe von Jahren ist er da. Er hat wohl an hundert Mitglieder oder mehr, und die Zahl seiner Boote wird nicht geringer sein. Zwischen Treptow und dem Eierhäuschen ankert seine Flotille, die eine Musterkarte schöner und lieblicher Namen aufweist: Sturmvogel und Greif, Komet und Blitz, Libelle und Forelle, Undine und Albatros. Wir haben Corsos und Re- gatten, Preisrichter und Preisvertheilungen! Chronometer, Flaggen und Becher. Der große Ehrenbecher muß von Jahr zu Jahr immer ueu erworben werden; da dies selten glückt, so wandert er meist von Hand zu Hand. Aber das weckt keinen Neid; es herrscht eben ein kameradschaftlicher Geist."
"Die Folge gemeinschaftlich überstandener Gefahren."
"Was Sie scherzhaft aussprechen, trifft doch schließlich im Ernste zu. Aller Sport, der sonst nur Spiel wäre, hat seine Ge- fahr, aber keiner mehr als der Segelsport. Ob es an uns liegt oder an der Perfidie unserer Gewässer, lass ich dahin gestellt sein; nur so viel, es vergeht kaum ein Jahr, wo nicht die Spree hier herum ihr Opfer fordert. Und immer nimmt sie uns die Besten. Ein solcher war auch Heinecke, der auf Neu-Spreeland wohnte, unser Segler-Veteran. Dazu aller Menschen Freund. Er hatte ein neues Boot bauen lassen, fuhr hinaus, kenterte und ertrank. Das machte einen großen Eindruck. ""Wenn das Dem passiren konnte"" sagte sich Jeder und sah einen Augenblick mißtrauisch auf die eigene Kraft."
"Und der Unfall ereignete sich hier, auf der Spree selbst?"
Rundbank zwiſchen dem Steuer und dem Cajüteneingang und plauderten.
Es war um die elfte Stunde; in der dunklen breiten Waſſer- fläche ſpiegelten ſich die Sterne, zugleich auch die Lichter aus Häuſern und Villen, die, im Grünen halbverſteckt, das Ufer des Fluſſes einfaſſen.
Ich fragte nach dem Schiff, nach ſeiner Bauart, nach ſeinen Schickſalen, vor allem auch nach dem Seglerclub, dem die „Sphinx“ als eines der ſchönſten Boote angehört. Capitän Backhuſen, im Allgemeinen kein Mann der Rede, war plötzlich in ſeinem Element und nahm gern das Wort.
„Ich weiß nicht, um welche Zeit der Club in’s Leben trat, aber ſeit einer Reihe von Jahren iſt er da. Er hat wohl an hundert Mitglieder oder mehr, und die Zahl ſeiner Boote wird nicht geringer ſein. Zwiſchen Treptow und dem Eierhäuschen ankert ſeine Flotille, die eine Muſterkarte ſchöner und lieblicher Namen aufweiſt: Sturmvogel und Greif, Komet und Blitz, Libelle und Forelle, Undine und Albatros. Wir haben Corſos und Re- gatten, Preisrichter und Preisvertheilungen! Chronometer, Flaggen und Becher. Der große Ehrenbecher muß von Jahr zu Jahr immer ueu erworben werden; da dies ſelten glückt, ſo wandert er meiſt von Hand zu Hand. Aber das weckt keinen Neid; es herrſcht eben ein kameradſchaftlicher Geiſt.“
„Die Folge gemeinſchaftlich überſtandener Gefahren.“
„Was Sie ſcherzhaft ausſprechen, trifft doch ſchließlich im Ernſte zu. Aller Sport, der ſonſt nur Spiel wäre, hat ſeine Ge- fahr, aber keiner mehr als der Segelſport. Ob es an uns liegt oder an der Perfidie unſerer Gewäſſer, laſſ ich dahin geſtellt ſein; nur ſo viel, es vergeht kaum ein Jahr, wo nicht die Spree hier herum ihr Opfer fordert. Und immer nimmt ſie uns die Beſten. Ein ſolcher war auch Heinecke, der auf Neu-Spreeland wohnte, unſer Segler-Veteran. Dazu aller Menſchen Freund. Er hatte ein neues Boot bauen laſſen, fuhr hinaus, kenterte und ertrank. Das machte einen großen Eindruck. „„Wenn das Dem paſſiren konnte““ ſagte ſich Jeder und ſah einen Augenblick mißtrauiſch auf die eigene Kraft.“
„Und der Unfall ereignete ſich hier, auf der Spree ſelbſt?“
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Rundbank zwiſchen dem Steuer und dem Cajüteneingang und
plauderten.
Es war um die elfte Stunde; in der dunklen breiten Waſſer-
fläche ſpiegelten ſich die Sterne, zugleich auch die Lichter aus
Häuſern und Villen, die, im Grünen halbverſteckt, das Ufer des
Fluſſes einfaſſen.
Ich fragte nach dem Schiff, nach ſeiner Bauart, nach ſeinen
Schickſalen, vor allem auch nach dem Seglerclub, dem die „Sphinx“
als eines der ſchönſten Boote angehört. Capitän Backhuſen, im
Allgemeinen kein Mann der Rede, war plötzlich in ſeinem Element
und nahm gern das Wort.
„Ich weiß nicht, um welche Zeit der Club in’s Leben trat,
aber ſeit einer Reihe von Jahren iſt er da. Er hat wohl an
hundert Mitglieder oder mehr, und die Zahl ſeiner Boote wird
nicht geringer ſein. Zwiſchen Treptow und dem Eierhäuschen
ankert ſeine Flotille, die eine Muſterkarte ſchöner und lieblicher
Namen aufweiſt: Sturmvogel und Greif, Komet und Blitz, Libelle
und Forelle, Undine und Albatros. Wir haben Corſos und Re-
gatten, Preisrichter und Preisvertheilungen! Chronometer, Flaggen
und Becher. Der große Ehrenbecher muß von Jahr zu Jahr
immer ueu erworben werden; da dies ſelten glückt, ſo wandert er
meiſt von Hand zu Hand. Aber das weckt keinen Neid; es herrſcht
eben ein kameradſchaftlicher Geiſt.“
„Die Folge gemeinſchaftlich überſtandener Gefahren.“
„Was Sie ſcherzhaft ausſprechen, trifft doch ſchließlich im
Ernſte zu. Aller Sport, der ſonſt nur Spiel wäre, hat ſeine Ge-
fahr, aber keiner mehr als der Segelſport. Ob es an uns liegt
oder an der Perfidie unſerer Gewäſſer, laſſ ich dahin geſtellt ſein;
nur ſo viel, es vergeht kaum ein Jahr, wo nicht die Spree hier
herum ihr Opfer fordert. Und immer nimmt ſie uns die Beſten.
Ein ſolcher war auch Heinecke, der auf Neu-Spreeland wohnte,
unſer Segler-Veteran. Dazu aller Menſchen Freund. Er hatte
ein neues Boot bauen laſſen, fuhr hinaus, kenterte und ertrank.
Das machte einen großen Eindruck. „„Wenn das Dem paſſiren
konnte““ ſagte ſich Jeder und ſah einen Augenblick mißtrauiſch
auf die eigene Kraft.“
„Und der Unfall ereignete ſich hier, auf der Spree ſelbſt?“
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der vierte Band "Spreeland. Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow" 1882 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/77>, abgerufen am 26.11.2024.
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