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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
mir zurückrufe, so finde ich doch, daß wir immer das
lieben, was liebenswert ist. Und dann sehe ich doch
auch gleich, daß Sie anders sind als andere, dafür
haben wir Frauen ein scharfes Auge. Vielleicht ist
es auch der Name, der in Ihrem Falle mit wirkt.
Das war immer eine Lieblingsbehauptung unseres
alten Pastors Niemeyer; der Name, so liebte er zu
sagen, besonders der Taufname, habe was geheimnis¬
voll Bestimmendes, und Alonzo Gieshübler, so mein'
ich, schließt eine ganz neue Welt vor einem auf, ja,
fast möcht' ich sagen dürfen, Alonzo ist ein roman¬
tischer Name, ein Preziosa-Name."

Gieshübler lächelte mit einem ganz ungemeinen
Behagen und fand den Mut, seinen für seine Ver¬
hältnisse viel zu hohen Cylinder, den er bis dahin
in der Hand gedreht hatte, bei Seite zu stellen. "Ja,
meine gnädigste Frau, da treffen Sie's."

"O, ich verstehe. Ich habe von den Konsuln
gehört, deren Kessin so viele haben soll, und in dem
Hause des spanischen Konsuls hat Ihr Herr Vater
mutmaßlich die Tochter eines seemännischen Capitanos
kennen gelernt, wie ich annehme irgend eine schöne
Andalusierin. Andalusierinnen sind immer schön."

"Ganz wie Sie vermuten, meine Gnädigste.
Und meine Mutter war wirklich eine schöne Frau,
so schlecht es mir persönlich zusteht, die Beweisführung

Effi Brieſt
mir zurückrufe, ſo finde ich doch, daß wir immer das
lieben, was liebenswert iſt. Und dann ſehe ich doch
auch gleich, daß Sie anders ſind als andere, dafür
haben wir Frauen ein ſcharfes Auge. Vielleicht iſt
es auch der Name, der in Ihrem Falle mit wirkt.
Das war immer eine Lieblingsbehauptung unſeres
alten Paſtors Niemeyer; der Name, ſo liebte er zu
ſagen, beſonders der Taufname, habe was geheimnis¬
voll Beſtimmendes, und Alonzo Gieshübler, ſo mein'
ich, ſchließt eine ganz neue Welt vor einem auf, ja,
faſt möcht' ich ſagen dürfen, Alonzo iſt ein roman¬
tiſcher Name, ein Prezioſa-Name.“

Gieshübler lächelte mit einem ganz ungemeinen
Behagen und fand den Mut, ſeinen für ſeine Ver¬
hältniſſe viel zu hohen Cylinder, den er bis dahin
in der Hand gedreht hatte, bei Seite zu ſtellen. „Ja,
meine gnädigſte Frau, da treffen Sie's.“

„O, ich verſtehe. Ich habe von den Konſuln
gehört, deren Keſſin ſo viele haben ſoll, und in dem
Hauſe des ſpaniſchen Konſuls hat Ihr Herr Vater
mutmaßlich die Tochter eines ſeemänniſchen Capitanos
kennen gelernt, wie ich annehme irgend eine ſchöne
Andaluſierin. Andaluſierinnen ſind immer ſchön.“

„Ganz wie Sie vermuten, meine Gnädigſte.
Und meine Mutter war wirklich eine ſchöne Frau,
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[103/0112] Effi Brieſt mir zurückrufe, ſo finde ich doch, daß wir immer das lieben, was liebenswert iſt. Und dann ſehe ich doch auch gleich, daß Sie anders ſind als andere, dafür haben wir Frauen ein ſcharfes Auge. Vielleicht iſt es auch der Name, der in Ihrem Falle mit wirkt. Das war immer eine Lieblingsbehauptung unſeres alten Paſtors Niemeyer; der Name, ſo liebte er zu ſagen, beſonders der Taufname, habe was geheimnis¬ voll Beſtimmendes, und Alonzo Gieshübler, ſo mein' ich, ſchließt eine ganz neue Welt vor einem auf, ja, faſt möcht' ich ſagen dürfen, Alonzo iſt ein roman¬ tiſcher Name, ein Prezioſa-Name.“ Gieshübler lächelte mit einem ganz ungemeinen Behagen und fand den Mut, ſeinen für ſeine Ver¬ hältniſſe viel zu hohen Cylinder, den er bis dahin in der Hand gedreht hatte, bei Seite zu ſtellen. „Ja, meine gnädigſte Frau, da treffen Sie's.“ „O, ich verſtehe. Ich habe von den Konſuln gehört, deren Keſſin ſo viele haben ſoll, und in dem Hauſe des ſpaniſchen Konſuls hat Ihr Herr Vater mutmaßlich die Tochter eines ſeemänniſchen Capitanos kennen gelernt, wie ich annehme irgend eine ſchöne Andaluſierin. Andaluſierinnen ſind immer ſchön.“ „Ganz wie Sie vermuten, meine Gnädigſte. Und meine Mutter war wirklich eine ſchöne Frau, ſo ſchlecht es mir perſönlich zuſteht, die Beweisführung

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/112>, abgerufen am 27.11.2024.