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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest

"Nun lies aber."

Und nun löste Effi die Oblate und las: "Hoch¬
verehrteste Frau, gnädigste Frau Baronin! Gestatten
Sie mir, meinem respektvollsten Vormittagsgruß eine
ganz gehorsamste Bitte hinzufügen zu dürfen. Mit
dem Mittagszuge wird eine vieljährige liebe Freundin
von mir, eine Tochter unserer guten Stadt Kessin,
Fräulein Marietta Trippelli, hier eintreffen und bis
morgen früh unter uns weilen. Am 17. will sie
in Petersburg sein, um daselbst bis Mitte Januar
zu konzertieren. Fürst Kotschukoff öffnet ihr auch dies¬
mal wieder sein gastliches Haus. In ihrer immer gleichen
Güte gegen mich hat die Trippelli mir zugesagt, den
heutigen Abend bei mir zubringen und einige Lieder
ganz nach meiner Wahl (denn sie kennt keine
Schwierigkeiten) vortragen zu wollen. Könnten sich
Frau Baronin dazu verstehen, diesem Musikabende
beizuwohnen? sieben Uhr. Ihr Herr Gemahl, auf
dessen Erscheinen ich mit Sicherheit rechne, wird
meine gehorsamste Bitte unterstützen. Anwesend nur
Pastor Lindequist (der begleitet) und natürlich die
verwitwete Frau Pastorin Trippel. In vorzüglicher
Ergebenheit A. Gieshübler."

"Nun --" sagte Innstetten, "ja oder nein?"

"Natürlich ja. Das wird mich herausreißen.
Und dann kann ich doch meinem lieben Gieshübler

Effi Brieſt

„Nun lies aber.“

Und nun löſte Effi die Oblate und las: „Hoch¬
verehrteſte Frau, gnädigſte Frau Baronin! Geſtatten
Sie mir, meinem reſpektvollſten Vormittagsgruß eine
ganz gehorſamſte Bitte hinzufügen zu dürfen. Mit
dem Mittagszuge wird eine vieljährige liebe Freundin
von mir, eine Tochter unſerer guten Stadt Keſſin,
Fräulein Marietta Trippelli, hier eintreffen und bis
morgen früh unter uns weilen. Am 17. will ſie
in Petersburg ſein, um daſelbſt bis Mitte Januar
zu konzertieren. Fürſt Kotſchukoff öffnet ihr auch dies¬
mal wieder ſein gaſtliches Haus. In ihrer immer gleichen
Güte gegen mich hat die Trippelli mir zugeſagt, den
heutigen Abend bei mir zubringen und einige Lieder
ganz nach meiner Wahl (denn ſie kennt keine
Schwierigkeiten) vortragen zu wollen. Könnten ſich
Frau Baronin dazu verſtehen, dieſem Muſikabende
beizuwohnen? ſieben Uhr. Ihr Herr Gemahl, auf
deſſen Erſcheinen ich mit Sicherheit rechne, wird
meine gehorſamſte Bitte unterſtützen. Anweſend nur
Paſtor Lindequiſt (der begleitet) und natürlich die
verwitwete Frau Paſtorin Trippel. In vorzüglicher
Ergebenheit A. Gieshübler.“

„Nun —“ ſagte Innſtetten, „ja oder nein?“

„Natürlich ja. Das wird mich herausreißen.
Und dann kann ich doch meinem lieben Gieshübler

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[135/0144] Effi Brieſt „Nun lies aber.“ Und nun löſte Effi die Oblate und las: „Hoch¬ verehrteſte Frau, gnädigſte Frau Baronin! Geſtatten Sie mir, meinem reſpektvollſten Vormittagsgruß eine ganz gehorſamſte Bitte hinzufügen zu dürfen. Mit dem Mittagszuge wird eine vieljährige liebe Freundin von mir, eine Tochter unſerer guten Stadt Keſſin, Fräulein Marietta Trippelli, hier eintreffen und bis morgen früh unter uns weilen. Am 17. will ſie in Petersburg ſein, um daſelbſt bis Mitte Januar zu konzertieren. Fürſt Kotſchukoff öffnet ihr auch dies¬ mal wieder ſein gaſtliches Haus. In ihrer immer gleichen Güte gegen mich hat die Trippelli mir zugeſagt, den heutigen Abend bei mir zubringen und einige Lieder ganz nach meiner Wahl (denn ſie kennt keine Schwierigkeiten) vortragen zu wollen. Könnten ſich Frau Baronin dazu verſtehen, dieſem Muſikabende beizuwohnen? ſieben Uhr. Ihr Herr Gemahl, auf deſſen Erſcheinen ich mit Sicherheit rechne, wird meine gehorſamſte Bitte unterſtützen. Anweſend nur Paſtor Lindequiſt (der begleitet) und natürlich die verwitwete Frau Paſtorin Trippel. In vorzüglicher Ergebenheit A. Gieshübler.“ „Nun —“ ſagte Innſtetten, „ja oder nein?“ „Natürlich ja. Das wird mich herausreißen. Und dann kann ich doch meinem lieben Gieshübler

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/144>, abgerufen am 25.11.2024.