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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
sagung. Ihr werdet Augen machen und Euch wundern.
Übrigens habe ich Mamas alten Freund schon drüben
in Schwantikow gesehen; er ist Landrat, gute Figur
und sehr männlich."

"Das ist die Hauptsache," sagte Hertha.

"Freilich ist das die Hauptsache, ,Weiber weib¬
lich, Männer männlich' -- das ist, wie ihr wißt,
einer von Papas Lieblingssätzen. Und nun helft
mir erst Ordnung schaffen auf dem Tisch hier, sonst
gibt es wieder eine Strafpredigt."

Im Nu waren die Docken in den Korb gepackt,
und als alle wieder saßen, sagte Hulda: "Nun aber
Effi, nun ist es Zeit, nun die Liebesgeschichte mit
Entsagung. Oder ist es nicht so schlimm?"

"Eine Geschichte mit Entsagung ist nie schlimm.
Aber ehe Hertha nicht von den Stachelbeeren ge¬
nommen, eh' kann ich nicht anfangen -- sie läßt ja
kein Auge davon. Übrigens nimm so viel Du willst,
wir können ja hinterher neue pflücken; nur wirf die
Schalen weit weg oder noch besser, lege sie hier auf
die Zeitungsbeilage, wir machen dann eine Tüte
daraus und schaffen alles bei Seite. Mama kann
es nicht leiden, wenn die Schlusen so überall umher
liegen, und sagt immer, man könne dabei ausgleiten
und ein Bein brechen."

Effi Brieſt
ſagung. Ihr werdet Augen machen und Euch wundern.
Übrigens habe ich Mamas alten Freund ſchon drüben
in Schwantikow geſehen; er iſt Landrat, gute Figur
und ſehr männlich.“

„Das iſt die Hauptſache,“ ſagte Hertha.

„Freilich iſt das die Hauptſache, ‚Weiber weib¬
lich, Männer männlich‘ — das iſt, wie ihr wißt,
einer von Papas Lieblingsſätzen. Und nun helft
mir erſt Ordnung ſchaffen auf dem Tiſch hier, ſonſt
gibt es wieder eine Strafpredigt.“

Im Nu waren die Docken in den Korb gepackt,
und als alle wieder ſaßen, ſagte Hulda: „Nun aber
Effi, nun iſt es Zeit, nun die Liebesgeſchichte mit
Entſagung. Oder iſt es nicht ſo ſchlimm?“

„Eine Geſchichte mit Entſagung iſt nie ſchlimm.
Aber ehe Hertha nicht von den Stachelbeeren ge¬
nommen, eh' kann ich nicht anfangen — ſie läßt ja
kein Auge davon. Übrigens nimm ſo viel Du willſt,
wir können ja hinterher neue pflücken; nur wirf die
Schalen weit weg oder noch beſſer, lege ſie hier auf
die Zeitungsbeilage, wir machen dann eine Tüte
daraus und ſchaffen alles bei Seite. Mama kann
es nicht leiden, wenn die Schluſen ſo überall umher
liegen, und ſagt immer, man könne dabei ausgleiten
und ein Bein brechen.“

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[7/0016] Effi Brieſt ſagung. Ihr werdet Augen machen und Euch wundern. Übrigens habe ich Mamas alten Freund ſchon drüben in Schwantikow geſehen; er iſt Landrat, gute Figur und ſehr männlich.“ „Das iſt die Hauptſache,“ ſagte Hertha. „Freilich iſt das die Hauptſache, ‚Weiber weib¬ lich, Männer männlich‘ — das iſt, wie ihr wißt, einer von Papas Lieblingsſätzen. Und nun helft mir erſt Ordnung ſchaffen auf dem Tiſch hier, ſonſt gibt es wieder eine Strafpredigt.“ Im Nu waren die Docken in den Korb gepackt, und als alle wieder ſaßen, ſagte Hulda: „Nun aber Effi, nun iſt es Zeit, nun die Liebesgeſchichte mit Entſagung. Oder iſt es nicht ſo ſchlimm?“ „Eine Geſchichte mit Entſagung iſt nie ſchlimm. Aber ehe Hertha nicht von den Stachelbeeren ge¬ nommen, eh' kann ich nicht anfangen — ſie läßt ja kein Auge davon. Übrigens nimm ſo viel Du willſt, wir können ja hinterher neue pflücken; nur wirf die Schalen weit weg oder noch beſſer, lege ſie hier auf die Zeitungsbeilage, wir machen dann eine Tüte daraus und ſchaffen alles bei Seite. Mama kann es nicht leiden, wenn die Schluſen ſo überall umher liegen, und ſagt immer, man könne dabei ausgleiten und ein Bein brechen.“

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/16>, abgerufen am 28.04.2024.