sagung. Ihr werdet Augen machen und Euch wundern. Übrigens habe ich Mamas alten Freund schon drüben in Schwantikow gesehen; er ist Landrat, gute Figur und sehr männlich."
"Das ist die Hauptsache," sagte Hertha.
"Freilich ist das die Hauptsache, ,Weiber weib¬ lich, Männer männlich' -- das ist, wie ihr wißt, einer von Papas Lieblingssätzen. Und nun helft mir erst Ordnung schaffen auf dem Tisch hier, sonst gibt es wieder eine Strafpredigt."
Im Nu waren die Docken in den Korb gepackt, und als alle wieder saßen, sagte Hulda: "Nun aber Effi, nun ist es Zeit, nun die Liebesgeschichte mit Entsagung. Oder ist es nicht so schlimm?"
"Eine Geschichte mit Entsagung ist nie schlimm. Aber ehe Hertha nicht von den Stachelbeeren ge¬ nommen, eh' kann ich nicht anfangen -- sie läßt ja kein Auge davon. Übrigens nimm so viel Du willst, wir können ja hinterher neue pflücken; nur wirf die Schalen weit weg oder noch besser, lege sie hier auf die Zeitungsbeilage, wir machen dann eine Tüte daraus und schaffen alles bei Seite. Mama kann es nicht leiden, wenn die Schlusen so überall umher liegen, und sagt immer, man könne dabei ausgleiten und ein Bein brechen."
Effi Brieſt
ſagung. Ihr werdet Augen machen und Euch wundern. Übrigens habe ich Mamas alten Freund ſchon drüben in Schwantikow geſehen; er iſt Landrat, gute Figur und ſehr männlich.“
„Das iſt die Hauptſache,“ ſagte Hertha.
„Freilich iſt das die Hauptſache, ‚Weiber weib¬ lich, Männer männlich‘ — das iſt, wie ihr wißt, einer von Papas Lieblingsſätzen. Und nun helft mir erſt Ordnung ſchaffen auf dem Tiſch hier, ſonſt gibt es wieder eine Strafpredigt.“
Im Nu waren die Docken in den Korb gepackt, und als alle wieder ſaßen, ſagte Hulda: „Nun aber Effi, nun iſt es Zeit, nun die Liebesgeſchichte mit Entſagung. Oder iſt es nicht ſo ſchlimm?“
„Eine Geſchichte mit Entſagung iſt nie ſchlimm. Aber ehe Hertha nicht von den Stachelbeeren ge¬ nommen, eh' kann ich nicht anfangen — ſie läßt ja kein Auge davon. Übrigens nimm ſo viel Du willſt, wir können ja hinterher neue pflücken; nur wirf die Schalen weit weg oder noch beſſer, lege ſie hier auf die Zeitungsbeilage, wir machen dann eine Tüte daraus und ſchaffen alles bei Seite. Mama kann es nicht leiden, wenn die Schluſen ſo überall umher liegen, und ſagt immer, man könne dabei ausgleiten und ein Bein brechen.“
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0016"n="7"/><fwplace="top"type="header">Effi Brieſt<lb/></fw>ſagung. Ihr werdet Augen machen und Euch wundern.<lb/>
Übrigens habe ich Mamas alten Freund ſchon drüben<lb/>
in Schwantikow geſehen; er iſt Landrat, gute Figur<lb/>
und ſehr männlich.“</p><lb/><p>„Das iſt die Hauptſache,“ſagte Hertha.</p><lb/><p>„Freilich iſt das die Hauptſache, ‚Weiber weib¬<lb/>
lich, Männer männlich‘— das iſt, wie ihr wißt,<lb/>
einer von Papas Lieblingsſätzen. Und nun helft<lb/>
mir erſt Ordnung ſchaffen auf dem Tiſch hier, ſonſt<lb/>
gibt es wieder eine Strafpredigt.“</p><lb/><p>Im Nu waren die Docken in den Korb gepackt,<lb/>
und als alle wieder ſaßen, ſagte Hulda: „Nun aber<lb/>
Effi, nun iſt es Zeit, nun die Liebesgeſchichte mit<lb/>
Entſagung. Oder iſt es nicht ſo ſchlimm?“</p><lb/><p>„Eine Geſchichte mit Entſagung iſt nie ſchlimm.<lb/>
Aber ehe Hertha nicht von den Stachelbeeren ge¬<lb/>
nommen, eh' kann ich nicht anfangen —ſie läßt ja<lb/>
kein Auge davon. Übrigens nimm ſo viel Du willſt,<lb/>
wir können ja hinterher neue pflücken; nur wirf die<lb/>
Schalen weit weg oder noch beſſer, lege ſie hier auf<lb/>
die Zeitungsbeilage, wir machen dann eine Tüte<lb/>
daraus und ſchaffen alles bei Seite. Mama kann<lb/>
es nicht leiden, wenn die Schluſen ſo überall umher<lb/>
liegen, und ſagt immer, man könne dabei ausgleiten<lb/>
und ein Bein brechen.“</p><lb/></div></body></text></TEI>
[7/0016]
Effi Brieſt
ſagung. Ihr werdet Augen machen und Euch wundern.
Übrigens habe ich Mamas alten Freund ſchon drüben
in Schwantikow geſehen; er iſt Landrat, gute Figur
und ſehr männlich.“
„Das iſt die Hauptſache,“ ſagte Hertha.
„Freilich iſt das die Hauptſache, ‚Weiber weib¬
lich, Männer männlich‘ — das iſt, wie ihr wißt,
einer von Papas Lieblingsſätzen. Und nun helft
mir erſt Ordnung ſchaffen auf dem Tiſch hier, ſonſt
gibt es wieder eine Strafpredigt.“
Im Nu waren die Docken in den Korb gepackt,
und als alle wieder ſaßen, ſagte Hulda: „Nun aber
Effi, nun iſt es Zeit, nun die Liebesgeſchichte mit
Entſagung. Oder iſt es nicht ſo ſchlimm?“
„Eine Geſchichte mit Entſagung iſt nie ſchlimm.
Aber ehe Hertha nicht von den Stachelbeeren ge¬
nommen, eh' kann ich nicht anfangen — ſie läßt ja
kein Auge davon. Übrigens nimm ſo viel Du willſt,
wir können ja hinterher neue pflücken; nur wirf die
Schalen weit weg oder noch beſſer, lege ſie hier auf
die Zeitungsbeilage, wir machen dann eine Tüte
daraus und ſchaffen alles bei Seite. Mama kann
es nicht leiden, wenn die Schluſen ſo überall umher
liegen, und ſagt immer, man könne dabei ausgleiten
und ein Bein brechen.“
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/16>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.