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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
das ist nämlich der Name des neuen, da fielen wir
uns in die Arme, als könne uns nun nichts Schlimmes
mehr in diesem lieben Kessin passieren. Aber, wie
schon kurz erwähnt, es scheint, trotzdem er da ist,
wieder nichts werden zu wollen. Crampas ist ver¬
heiratet, zwei Kinder von zehn und acht Jahren,
die Frau ein Jahr älter als er, also sagen wir
fünfundvierzig. Das würde nun an und für sich
nicht viel schaden, warum soll ich mich nicht mit
einer mütterlichen Freundin wundervoll unterhalten
können? Die Trippelli war auch nahe an Dreißig,
und es ging ganz gut. Aber mit der Frau von
Crampas, übrigens keine Geborne, kann es nichts
werden. Sie ist immer verstimmt, beinahe melan¬
cholisch (ähnlich wie unsere Frau Kruse, an die sie
mich überhaupt erinnert) und das alles aus Eifer¬
sucht. Er, Crampas, soll nämlich ein Mann vieler
Verhältnisse sein, ein Damenmann, etwas was mir
immer lächerlich ist und mir auch in diesem Falle
lächerlich sein würde, wenn er nicht, um eben solcher
Dinge willen, ein Duell mit einem Kameraden ge¬
habt hätte. Der linke Arm wurde ihm dicht unter
der Schulter zerschmettert, und man sieht es sofort,
trotzdem die Operation, wie mir Innstetten erzählt
(ich glaube, sie nennen es Resektion, damals noch
von Wilms ausgeführt), als ein Meisterstück der

Effi Brieſt
das iſt nämlich der Name des neuen, da fielen wir
uns in die Arme, als könne uns nun nichts Schlimmes
mehr in dieſem lieben Keſſin paſſieren. Aber, wie
ſchon kurz erwähnt, es ſcheint, trotzdem er da iſt,
wieder nichts werden zu wollen. Crampas iſt ver¬
heiratet, zwei Kinder von zehn und acht Jahren,
die Frau ein Jahr älter als er, alſo ſagen wir
fünfundvierzig. Das würde nun an und für ſich
nicht viel ſchaden, warum ſoll ich mich nicht mit
einer mütterlichen Freundin wundervoll unterhalten
können? Die Trippelli war auch nahe an Dreißig,
und es ging ganz gut. Aber mit der Frau von
Crampas, übrigens keine Geborne, kann es nichts
werden. Sie iſt immer verſtimmt, beinahe melan¬
choliſch (ähnlich wie unſere Frau Kruſe, an die ſie
mich überhaupt erinnert) und das alles aus Eifer¬
ſucht. Er, Crampas, ſoll nämlich ein Mann vieler
Verhältniſſe ſein, ein Damenmann, etwas was mir
immer lächerlich iſt und mir auch in dieſem Falle
lächerlich ſein würde, wenn er nicht, um eben ſolcher
Dinge willen, ein Duell mit einem Kameraden ge¬
habt hätte. Der linke Arm wurde ihm dicht unter
der Schulter zerſchmettert, und man ſieht es ſofort,
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(ich glaube, ſie nennen es Reſektion, damals noch
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[178/0187] Effi Brieſt das iſt nämlich der Name des neuen, da fielen wir uns in die Arme, als könne uns nun nichts Schlimmes mehr in dieſem lieben Keſſin paſſieren. Aber, wie ſchon kurz erwähnt, es ſcheint, trotzdem er da iſt, wieder nichts werden zu wollen. Crampas iſt ver¬ heiratet, zwei Kinder von zehn und acht Jahren, die Frau ein Jahr älter als er, alſo ſagen wir fünfundvierzig. Das würde nun an und für ſich nicht viel ſchaden, warum ſoll ich mich nicht mit einer mütterlichen Freundin wundervoll unterhalten können? Die Trippelli war auch nahe an Dreißig, und es ging ganz gut. Aber mit der Frau von Crampas, übrigens keine Geborne, kann es nichts werden. Sie iſt immer verſtimmt, beinahe melan¬ choliſch (ähnlich wie unſere Frau Kruſe, an die ſie mich überhaupt erinnert) und das alles aus Eifer¬ ſucht. Er, Crampas, ſoll nämlich ein Mann vieler Verhältniſſe ſein, ein Damenmann, etwas was mir immer lächerlich iſt und mir auch in dieſem Falle lächerlich ſein würde, wenn er nicht, um eben ſolcher Dinge willen, ein Duell mit einem Kameraden ge¬ habt hätte. Der linke Arm wurde ihm dicht unter der Schulter zerſchmettert, und man ſieht es ſofort, trotzdem die Operation, wie mir Innſtetten erzählt (ich glaube, ſie nennen es Reſektion, damals noch von Wilms ausgeführt), als ein Meiſterſtück der

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/187>, abgerufen am 14.05.2024.