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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
hat den Raps vorteilhaft verkauft und ist ungewöhnlich
guter Laune."

"Ungewöhnlich? Er ist immer in guter Laune."

"In ungewöhnlich guter Laune," wiederholte
die Mama. "Und die muß benutzt werden. Sprich
also. Mehrmals, als wir noch in Berlin waren,
war es mir, als ob Du doch nach dem einen oder
anderen noch ein ganz besonderes Verlangen gehabt
hättest."

"Ja, liebe Mama, was soll ich da sagen. Ei¬
gentlich habe ich ja alles, was man braucht, ich meine,
was man hier braucht. Aber da mir's nun 'mal
bestimmt ist, so hoch nördlich zu kommen ... ich
bemerke, daß ich nichts dagegen habe, im Gegenteil,
ich freue mich darauf, auf die Nordlichter und auf
den helleren Glanz der Sterne ... da mir's nun
'mal so bestimmt ist, so hätte ich wohl gern einen
Pelz gehabt."

"Aber Effi, Kind, das ist doch alles bloß leere
Thorheit. Du kommst ja nicht nach Petersburg oder
nach Archangel."

"Nein; aber ich bin doch auf dem Wege
dahin ..."

"Gewiß, Kind. Auf dem Wege dahin bist Du;
aber was heißt das? Wenn Du von hier nach
Nauen fährst, bist Du auch auf dem Wege nach

Effi Brieſt
hat den Raps vorteilhaft verkauft und iſt ungewöhnlich
guter Laune.“

„Ungewöhnlich? Er iſt immer in guter Laune.“

„In ungewöhnlich guter Laune,“ wiederholte
die Mama. „Und die muß benutzt werden. Sprich
alſo. Mehrmals, als wir noch in Berlin waren,
war es mir, als ob Du doch nach dem einen oder
anderen noch ein ganz beſonderes Verlangen gehabt
hätteſt.“

„Ja, liebe Mama, was ſoll ich da ſagen. Ei¬
gentlich habe ich ja alles, was man braucht, ich meine,
was man hier braucht. Aber da mir's nun 'mal
beſtimmt iſt, ſo hoch nördlich zu kommen … ich
bemerke, daß ich nichts dagegen habe, im Gegenteil,
ich freue mich darauf, auf die Nordlichter und auf
den helleren Glanz der Sterne … da mir's nun
'mal ſo beſtimmt iſt, ſo hätte ich wohl gern einen
Pelz gehabt.“

„Aber Effi, Kind, das iſt doch alles bloß leere
Thorheit. Du kommſt ja nicht nach Petersburg oder
nach Archangel.“

„Nein; aber ich bin doch auf dem Wege
dahin …“

„Gewiß, Kind. Auf dem Wege dahin biſt Du;
aber was heißt das? Wenn Du von hier nach
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[39/0048] Effi Brieſt hat den Raps vorteilhaft verkauft und iſt ungewöhnlich guter Laune.“ „Ungewöhnlich? Er iſt immer in guter Laune.“ „In ungewöhnlich guter Laune,“ wiederholte die Mama. „Und die muß benutzt werden. Sprich alſo. Mehrmals, als wir noch in Berlin waren, war es mir, als ob Du doch nach dem einen oder anderen noch ein ganz beſonderes Verlangen gehabt hätteſt.“ „Ja, liebe Mama, was ſoll ich da ſagen. Ei¬ gentlich habe ich ja alles, was man braucht, ich meine, was man hier braucht. Aber da mir's nun 'mal beſtimmt iſt, ſo hoch nördlich zu kommen … ich bemerke, daß ich nichts dagegen habe, im Gegenteil, ich freue mich darauf, auf die Nordlichter und auf den helleren Glanz der Sterne … da mir's nun 'mal ſo beſtimmt iſt, ſo hätte ich wohl gern einen Pelz gehabt.“ „Aber Effi, Kind, das iſt doch alles bloß leere Thorheit. Du kommſt ja nicht nach Petersburg oder nach Archangel.“ „Nein; aber ich bin doch auf dem Wege dahin …“ „Gewiß, Kind. Auf dem Wege dahin biſt Du; aber was heißt das? Wenn Du von hier nach Nauen fährſt, biſt Du auch auf dem Wege nach

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/48>, abgerufen am 21.11.2024.