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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
ganzen Sedantag ruinierte. Wobei mir übrigens
einfällt, daß wir, als Jahnke mit der Schule vorbei
kam, in unserem Gespräche unterbrochen wurden --
wenigstens kann ich mir nicht denken, daß der Pelz,
von dem Du damals sprachst, Dein einziger Wunsch
gewesen sein sollte. Laß mich also wissen, Schatz,
was Du noch weiter auf dem Herzen hast?["]

"Nichts, Mama."

"Wirklich nichts?"

"Nein, wirklich nichts; ganz im Ernste ...
Wenn es aber doch am Ende was sein sollte ..."

"Nun ..."

"... So müßt' es ein japanischer Bettschirm
sein, schwarz und goldene Vögel darauf, alle mit
einem langen Kranichschnabel ... Und dann viel¬
leicht auch noch eine Ampel für unser Schlafzimmer,
mit rotem Schein."

Frau von Briest schwieg.

"Nun siehst Du, Mama, Du schweigst und
siehst aus, als ob ich etwas besonders Unpassendes
gesagt hätte."

"Nein, Effi, nichts Unpassendes. Und vor
Deiner Mutter nun schon gewiß nicht. Denn ich
kenne Dich ja. Du bist eine phantastische kleine
Person, malst Dir mit Vorliebe Zukunftsbilder aus,
und je farbenreicher sie sind, desto schöner und begehr¬

Effi Brieſt
ganzen Sedantag ruinierte. Wobei mir übrigens
einfällt, daß wir, als Jahnke mit der Schule vorbei
kam, in unſerem Geſpräche unterbrochen wurden —
wenigſtens kann ich mir nicht denken, daß der Pelz,
von dem Du damals ſprachſt, Dein einziger Wunſch
geweſen ſein ſollte. Laß mich alſo wiſſen, Schatz,
was Du noch weiter auf dem Herzen haſt?[“]

„Nichts, Mama.“

„Wirklich nichts?“

„Nein, wirklich nichts; ganz im Ernſte …
Wenn es aber doch am Ende was ſein ſollte …“

„Nun …“

„… So müßt' es ein japaniſcher Bettſchirm
ſein, ſchwarz und goldene Vögel darauf, alle mit
einem langen Kranichſchnabel … Und dann viel¬
leicht auch noch eine Ampel für unſer Schlafzimmer,
mit rotem Schein.“

Frau von Brieſt ſchwieg.

„Nun ſiehſt Du, Mama, Du ſchweigſt und
ſiehſt aus, als ob ich etwas beſonders Unpaſſendes
geſagt hätte.“

„Nein, Effi, nichts Unpaſſendes. Und vor
Deiner Mutter nun ſchon gewiß nicht. Denn ich
kenne Dich ja. Du biſt eine phantaſtiſche kleine
Perſon, malſt Dir mit Vorliebe Zukunftsbilder aus,
und je farbenreicher ſie ſind, deſto ſchöner und begehr¬

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[42/0051] Effi Brieſt ganzen Sedantag ruinierte. Wobei mir übrigens einfällt, daß wir, als Jahnke mit der Schule vorbei kam, in unſerem Geſpräche unterbrochen wurden — wenigſtens kann ich mir nicht denken, daß der Pelz, von dem Du damals ſprachſt, Dein einziger Wunſch geweſen ſein ſollte. Laß mich alſo wiſſen, Schatz, was Du noch weiter auf dem Herzen haſt?“ „Nichts, Mama.“ „Wirklich nichts?“ „Nein, wirklich nichts; ganz im Ernſte … Wenn es aber doch am Ende was ſein ſollte …“ „Nun …“ „… So müßt' es ein japaniſcher Bettſchirm ſein, ſchwarz und goldene Vögel darauf, alle mit einem langen Kranichſchnabel … Und dann viel¬ leicht auch noch eine Ampel für unſer Schlafzimmer, mit rotem Schein.“ Frau von Brieſt ſchwieg. „Nun ſiehſt Du, Mama, Du ſchweigſt und ſiehſt aus, als ob ich etwas beſonders Unpaſſendes geſagt hätte.“ „Nein, Effi, nichts Unpaſſendes. Und vor Deiner Mutter nun ſchon gewiß nicht. Denn ich kenne Dich ja. Du biſt eine phantaſtiſche kleine Perſon, malſt Dir mit Vorliebe Zukunftsbilder aus, und je farbenreicher ſie ſind, deſto ſchöner und begehr¬

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/51>, abgerufen am 14.05.2024.