Fontane, Theodor: Gedichte. Berlin, 1851.2. Manch Jahr, in immer schnellrer Flucht, Ist hin in's Land gegangen, Längst hält der Graf, in Sitt' und Zucht, Ein jung Gemahl umfangen; In ihrem Aug' ist andres nicht Wie Lieb und Treu zu schauen, Doch keinem Engelsangesicht Vermöcht er zu vertrauen. Er schläft: -- auffährt er aus dem Traum,
Er bebt an Seel' und Leibe, Todblaß, die Füße wollen kaum, Schleicht er zu seinem Weibe; Er lauscht, und als er vor ihr steht, Was hört er? seinen Namen; Ihr Träumen war ein fromm Gebet, Vernehmlich sprach sie: Amen! 2. Manch Jahr, in immer ſchnellrer Flucht, Iſt hin in’s Land gegangen, Längſt hält der Graf, in Sitt’ und Zucht, Ein jung Gemahl umfangen; In ihrem Aug’ iſt andres nicht Wie Lieb und Treu zu ſchauen, Doch keinem Engelsangeſicht Vermöcht er zu vertrauen. Er ſchläft: — auffährt er aus dem Traum,
Er bebt an Seel’ und Leibe, Todblaß, die Füße wollen kaum, Schleicht er zu ſeinem Weibe; Er lauſcht, und als er vor ihr ſteht, Was hört er? ſeinen Namen; Ihr Träumen war ein fromm Gebet, Vernehmlich ſprach ſie: Amen! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0148" n="134"/> <lg type="poem"> <head>2.</head><lb/> <lg n="1"> <l>Manch Jahr, in immer ſchnellrer Flucht,</l><lb/> <l>Iſt hin in’s Land gegangen,</l><lb/> <l>Längſt hält der Graf, in Sitt’ und Zucht,</l><lb/> <l>Ein jung Gemahl umfangen;</l><lb/> <l>In ihrem Aug’ iſt andres nicht</l><lb/> <l>Wie Lieb und Treu zu ſchauen,</l><lb/> <l>Doch keinem Engelsangeſicht</l><lb/> <l>Vermöcht er zu vertrauen.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Er ſchläft: — auffährt er aus dem Traum,</l><lb/> <l>Er bebt an Seel’ und Leibe,</l><lb/> <l>Todblaß, die Füße wollen kaum,</l><lb/> <l>Schleicht er zu ſeinem Weibe;</l><lb/> <l>Er lauſcht, und als er vor ihr ſteht,</l><lb/> <l>Was hört er? <hi rendition="#g">ſeinen</hi> Namen;</l><lb/> <l>Ihr Träumen war ein fromm Gebet,</l><lb/> <l>Vernehmlich ſprach ſie: Amen!</l> </lg><lb/> <l> </l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [134/0148]
2.
Manch Jahr, in immer ſchnellrer Flucht,
Iſt hin in’s Land gegangen,
Längſt hält der Graf, in Sitt’ und Zucht,
Ein jung Gemahl umfangen;
In ihrem Aug’ iſt andres nicht
Wie Lieb und Treu zu ſchauen,
Doch keinem Engelsangeſicht
Vermöcht er zu vertrauen.
Er ſchläft: — auffährt er aus dem Traum,
Er bebt an Seel’ und Leibe,
Todblaß, die Füße wollen kaum,
Schleicht er zu ſeinem Weibe;
Er lauſcht, und als er vor ihr ſteht,
Was hört er? ſeinen Namen;
Ihr Träumen war ein fromm Gebet,
Vernehmlich ſprach ſie: Amen!
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