Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Gedichte. Berlin, 1851.

Bild:
<< vorherige Seite

Und in die Gruft, die Deinem Schmerz be-
schieden,
Hat man Dich selber nun hinabgesenkt.

Schön ist das Leben! ach, man lernt es lieben
Recht innig erst, wenn man es meiden soll,
Doch in die weite Welt hinaus getrieben,
Wo fremd wie wir auch unser Herz geblieben,
Da wird der Tod uns doppelt qualenvoll.
Auf welcher Wange sahst Du Thränen glänzen?
Wer hat Dein brechend Auge zugedrückt?
Mein armer Wilm, mit Immortellenkränzen
Hat flücht'ges Mitleid nur Dein Grab geschmückt.
Was half es Dir, daß schöner dort die Rosen,
Und goldner selbst des Himmels Sterne glühn?
Nun gilt es gleich -- ob rauhe Stürme tosen,
Ob linde Weste mit den Blumen kosen,
Mit Blumen, Freund, die Deinem Grab entblühn.

Und in die Gruft, die Deinem Schmerz be-
ſchieden,
Hat man Dich ſelber nun hinabgeſenkt.

Schön iſt das Leben! ach, man lernt es lieben
Recht innig erſt, wenn man es meiden ſoll,
Doch in die weite Welt hinaus getrieben,
Wo fremd wie wir auch unſer Herz geblieben,
Da wird der Tod uns doppelt qualenvoll.
Auf welcher Wange ſahſt Du Thränen glänzen?
Wer hat Dein brechend Auge zugedrückt?
Mein armer Wilm, mit Immortellenkränzen
Hat flücht’ges Mitleid nur Dein Grab geſchmückt.
Was half es Dir, daß ſchöner dort die Roſen,
Und goldner ſelbſt des Himmels Sterne glühn?
Nun gilt es gleich — ob rauhe Stürme toſen,
Ob linde Weſte mit den Blumen koſen,
Mit Blumen, Freund, die Deinem Grab entblühn.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="3">
              <l>
                <pb facs="#f0237" n="223"/>
              </l>
              <l>Und in die Gruft, die <hi rendition="#g">Deinem Schmerz</hi> be-</l><lb/>
              <l>&#x017F;chieden,</l><lb/>
              <l>Hat man <hi rendition="#g">Dich &#x017F;elber</hi> nun hinabge&#x017F;enkt.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Schön i&#x017F;t das Leben! ach, man lernt es lieben</l><lb/>
              <l>Recht innig er&#x017F;t, wenn man es meiden &#x017F;oll,</l><lb/>
              <l>Doch in die weite Welt hinaus getrieben,</l><lb/>
              <l>Wo fremd wie wir auch un&#x017F;er Herz geblieben,</l><lb/>
              <l>Da wird der Tod uns doppelt qualenvoll.</l><lb/>
              <l>Auf welcher Wange &#x017F;ah&#x017F;t Du Thränen glänzen?</l><lb/>
              <l>Wer hat Dein brechend Auge zugedrückt?</l><lb/>
              <l>Mein armer Wilm, mit Immortellenkränzen</l><lb/>
              <l>Hat flücht&#x2019;ges Mitleid nur Dein Grab ge&#x017F;chmückt.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Was half es Dir, daß &#x017F;chöner dort die Ro&#x017F;en,</l><lb/>
              <l>Und goldner &#x017F;elb&#x017F;t des Himmels Sterne glühn?</l><lb/>
              <l>Nun gilt es gleich &#x2014; ob rauhe Stürme to&#x017F;en,</l><lb/>
              <l>Ob linde We&#x017F;te mit den Blumen ko&#x017F;en,</l><lb/>
              <l>Mit Blumen, Freund, die Deinem Grab entblühn.</l><lb/>
              <l>
</l>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[223/0237] Und in die Gruft, die Deinem Schmerz be- ſchieden, Hat man Dich ſelber nun hinabgeſenkt. Schön iſt das Leben! ach, man lernt es lieben Recht innig erſt, wenn man es meiden ſoll, Doch in die weite Welt hinaus getrieben, Wo fremd wie wir auch unſer Herz geblieben, Da wird der Tod uns doppelt qualenvoll. Auf welcher Wange ſahſt Du Thränen glänzen? Wer hat Dein brechend Auge zugedrückt? Mein armer Wilm, mit Immortellenkränzen Hat flücht’ges Mitleid nur Dein Grab geſchmückt. Was half es Dir, daß ſchöner dort die Roſen, Und goldner ſelbſt des Himmels Sterne glühn? Nun gilt es gleich — ob rauhe Stürme toſen, Ob linde Weſte mit den Blumen koſen, Mit Blumen, Freund, die Deinem Grab entblühn.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_gedichte_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_gedichte_1851/237
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Gedichte. Berlin, 1851, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_gedichte_1851/237>, abgerufen am 21.11.2024.