Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888."Ach, das sagen Sie so, Mutterchen. Alt oder Lene war eben wieder vom Flur her in die "Lene, was hast Du nur?" Aber sie hatte sich schon wieder gesammelt und "Alle Tausend, Lene, das klingt ja wie Trak¬ „Ach, das ſagen Sie ſo, Mutterchen. Alt oder Lene war eben wieder vom Flur her in die „Lene, was haſt Du nur?“ Aber ſie hatte ſich ſchon wieder geſammelt und „Alle Tauſend, Lene, das klingt ja wie Trak¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0103" n="93"/> <p>„Ach, das ſagen Sie ſo, Mutterchen. Alt oder<lb/> jung, eigentlich lebt doch jeder gern. Nicht wahr,<lb/> Lene, wir leben gern?“</p><lb/> <p>Lene war eben wieder vom Flur her in die<lb/> Stube getreten und lief wie getroffen von dem<lb/> Wort auf ihn zu und umhalſte und küßte ihn und<lb/> war überhaupt von einer Leidenſchaftlichkeit, die ihr<lb/> ſonſt ganz fremd war.</p><lb/> <p>„Lene, was haſt Du nur?“</p><lb/> <p>Aber ſie hatte ſich ſchon wieder geſammelt und<lb/> wehrte mit raſcher Handbewegung ſeine Theilnahme<lb/> ab, wie wenn ſie ſagen wollte: „Frage nicht.“ Und<lb/> nun ging ſie, während Botho mit Frau Nimptſch<lb/> weiter ſprach, auf das Küchenſchapp zu, kramte drin<lb/> umher und kam gleich danach und völlig heitern<lb/> Geſichts mit einem kleinen, in blaues Zuckerpapier<lb/> genähten Buche zurück, das ganz das Ausſehen<lb/> hatte wie die, drin Hausfrauen ihre täglichen Aus¬<lb/> gaben aufſchreiben. Dazu diente das Büchelchen<lb/> denn auch wirklich und zugleich zu Fragen, mit<lb/> denen ſich Lene, ſei's aus Neugier oder gelegentlich<lb/> auch aus tieferem Intereſſe beſchäftigte. Sie ſchlug<lb/> es jetzt auf und wies auf die letzte Seite, drauf<lb/> Botho's Blick ſofort der dick unterſtrichenen Ueber¬<lb/> ſchrift begegnete: „<hi rendition="#g">Was zu wiſſen noth thut</hi>.“</p><lb/> <p>„Alle Tauſend, Lene, das klingt ja wie Trak¬<lb/> tätchen oder Luſtſpieltitel.“<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [93/0103]
„Ach, das ſagen Sie ſo, Mutterchen. Alt oder
jung, eigentlich lebt doch jeder gern. Nicht wahr,
Lene, wir leben gern?“
Lene war eben wieder vom Flur her in die
Stube getreten und lief wie getroffen von dem
Wort auf ihn zu und umhalſte und küßte ihn und
war überhaupt von einer Leidenſchaftlichkeit, die ihr
ſonſt ganz fremd war.
„Lene, was haſt Du nur?“
Aber ſie hatte ſich ſchon wieder geſammelt und
wehrte mit raſcher Handbewegung ſeine Theilnahme
ab, wie wenn ſie ſagen wollte: „Frage nicht.“ Und
nun ging ſie, während Botho mit Frau Nimptſch
weiter ſprach, auf das Küchenſchapp zu, kramte drin
umher und kam gleich danach und völlig heitern
Geſichts mit einem kleinen, in blaues Zuckerpapier
genähten Buche zurück, das ganz das Ausſehen
hatte wie die, drin Hausfrauen ihre täglichen Aus¬
gaben aufſchreiben. Dazu diente das Büchelchen
denn auch wirklich und zugleich zu Fragen, mit
denen ſich Lene, ſei's aus Neugier oder gelegentlich
auch aus tieferem Intereſſe beſchäftigte. Sie ſchlug
es jetzt auf und wies auf die letzte Seite, drauf
Botho's Blick ſofort der dick unterſtrichenen Ueber¬
ſchrift begegnete: „Was zu wiſſen noth thut.“
„Alle Tauſend, Lene, das klingt ja wie Trak¬
tätchen oder Luſtſpieltitel.“
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |