offen und doch so verschwiegen. Und die Wiese drüben wie geschaffen für eine Mondscheinpromenade."
"Ja," setzte Balafre hinzu, "Mondscheinpromenade. Hübsch, sehr hübsch. Aber wir haben erst zehn Uhr früh, macht bis zur Mondscheinpromenade runde zwölf Stunden, die doch untergebracht sein wollen. Ich proponire Wasserkorso."
"Nein," sagte Isabeau, "Wasserkorso geht nicht, davon haben wir heute schon über und über gehabt. Erst Dampfschiff, dann Boot und nun wieder Boot, das ist zu viel. Ich bin dagegen. Ueberhaupt, ich begreife nicht, was dies ewige Pätscheln soll; dann fehlt blos noch, daß wir angeln oder die Ykleis mit der Hand greifen und uns über die kleinen Biester freuen. Nein, gepätschelt wird heute nicht mehr. Darum muß ich sehr bitten."
Die Herren, an die sich diese Worte richteten, amüsirten sich ersichtlich über die Dezidirtheit der Königin-Mutter und machten sofort andre Vorschläge, deren Schicksal aber dasselbe war. Isabeau verwarf alles und bat, als man schließlich ihr Gebahren halb in Scherz und halb in Ernst zu mißbilligen anfing, einfach um Ruhe. "Meine Herren," sagte sie, "Geduld. Ich bitte, mir wenigstens einen Augen¬ blick das Wort zu gönnen." Ironischer Beifall antwortete, denn nur sie hatte bis dahin gesprochen. Aber unbekümmert darum fuhr sie fort: "Meine
offen und doch ſo verſchwiegen. Und die Wieſe drüben wie geſchaffen für eine Mondſcheinpromenade.“
„Ja,“ ſetzte Balafrê hinzu, „Mondſcheinpromenade. Hübſch, ſehr hübſch. Aber wir haben erſt zehn Uhr früh, macht bis zur Mondſcheinpromenade runde zwölf Stunden, die doch untergebracht ſein wollen. Ich proponire Waſſerkorſo.“
„Nein,“ ſagte Iſabeau, „Waſſerkorſo geht nicht, davon haben wir heute ſchon über und über gehabt. Erſt Dampfſchiff, dann Boot und nun wieder Boot, das iſt zu viel. Ich bin dagegen. Ueberhaupt, ich begreife nicht, was dies ewige Pätſcheln ſoll; dann fehlt blos noch, daß wir angeln oder die Ykleis mit der Hand greifen und uns über die kleinen Bieſter freuen. Nein, gepätſchelt wird heute nicht mehr. Darum muß ich ſehr bitten.“
Die Herren, an die ſich dieſe Worte richteten, amüſirten ſich erſichtlich über die Dezidirtheit der Königin-Mutter und machten ſofort andre Vorſchläge, deren Schickſal aber daſſelbe war. Iſabeau verwarf alles und bat, als man ſchließlich ihr Gebahren halb in Scherz und halb in Ernſt zu mißbilligen anfing, einfach um Ruhe. „Meine Herren,“ ſagte ſie, „Geduld. Ich bitte, mir wenigſtens einen Augen¬ blick das Wort zu gönnen.“ Ironiſcher Beifall antwortete, denn nur ſie hatte bis dahin geſprochen. Aber unbekümmert darum fuhr ſie fort: „Meine
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offen und doch ſo verſchwiegen. Und die Wieſe
drüben wie geſchaffen für eine Mondſcheinpromenade.“
„Ja,“ ſetzte Balafrê hinzu, „Mondſcheinpromenade.
Hübſch, ſehr hübſch. Aber wir haben erſt zehn Uhr
früh, macht bis zur Mondſcheinpromenade runde
zwölf Stunden, die doch untergebracht ſein wollen.
Ich proponire Waſſerkorſo.“
„Nein,“ ſagte Iſabeau, „Waſſerkorſo geht nicht,
davon haben wir heute ſchon über und über gehabt.
Erſt Dampfſchiff, dann Boot und nun wieder Boot,
das iſt zu viel. Ich bin dagegen. Ueberhaupt, ich
begreife nicht, was dies ewige Pätſcheln ſoll; dann
fehlt blos noch, daß wir angeln oder die Ykleis
mit der Hand greifen und uns über die kleinen
Bieſter freuen. Nein, gepätſchelt wird heute nicht
mehr. Darum muß ich ſehr bitten.“
Die Herren, an die ſich dieſe Worte richteten,
amüſirten ſich erſichtlich über die Dezidirtheit der
Königin-Mutter und machten ſofort andre Vorſchläge,
deren Schickſal aber daſſelbe war. Iſabeau verwarf
alles und bat, als man ſchließlich ihr Gebahren
halb in Scherz und halb in Ernſt zu mißbilligen
anfing, einfach um Ruhe. „Meine Herren,“ ſagte
ſie, „Geduld. Ich bitte, mir wenigſtens einen Augen¬
blick das Wort zu gönnen.“ Ironiſcher Beifall
antwortete, denn nur ſie hatte bis dahin geſprochen.
Aber unbekümmert darum fuhr ſie fort: „Meine
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Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888/142>, abgerufen am 16.02.2025.
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