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Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888.

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seit drei Tagen nicht geschrieben und steht noch ganz
auf dem Standpunkt der Ueberraschungen."

Er hing dem noch eine Weile nach, dann aber
wechselten die Bilder und längst Zurückliegendes
trat statt Käthe's wieder vor seine Seele: der
Dörr'sche Garten, der Gang nach Wilmersdorf, die
Partie nach Hankel's Ablage. Das war der letzte
schöne Tag gewesen, die letzte glückliche Stunde . . .
"Sie sagte damals, daß ein Haar zu fest binde,
darum weigerte sie sich und wollt' es nicht. Und
ich? warum bestand ich darauf? Ja, es giebt solche
räthselhaften Kräfte, solche Sympathieen aus Himmel
oder Hölle und nun bin ich gebunden und kann
nicht los. Ach sie war so lieb und gut an jenem
Nachmittag, als wir noch allein waren und an
Störung nicht dachten, und ich vergesse das Bild
nicht, wie sie da zwischen den Gräsern stand und
nach rechts und links hin die Blumen pflückte. Die
Blumen, -- ich habe sie noch. Aber ich will ein
Ende damit machen. Was sollen mir diese todten
Dinge, die mir nur Unruhe stiften und mir mein
bischen Glück und meinen Ehefrieden kosten, wenn
je ein fremdes Auge darauf fällt."

Und er erhob sich von seinem Balkonplatz und
ging, durch die ganze Wohnung hin, in sein nach
dem Hofe hinaus gelegenes Arbeitszimmer, das des
Morgens in heller Sonne, jetzt aber in tiefem

ſeit drei Tagen nicht geſchrieben und ſteht noch ganz
auf dem Standpunkt der Ueberraſchungen.“

Er hing dem noch eine Weile nach, dann aber
wechſelten die Bilder und längſt Zurückliegendes
trat ſtatt Käthe's wieder vor ſeine Seele: der
Dörr'ſche Garten, der Gang nach Wilmersdorf, die
Partie nach Hankel's Ablage. Das war der letzte
ſchöne Tag geweſen, die letzte glückliche Stunde . . .
„Sie ſagte damals, daß ein Haar zu feſt binde,
darum weigerte ſie ſich und wollt' es nicht. Und
ich? warum beſtand ich darauf? Ja, es giebt ſolche
räthſelhaften Kräfte, ſolche Sympathieen aus Himmel
oder Hölle und nun bin ich gebunden und kann
nicht los. Ach ſie war ſo lieb und gut an jenem
Nachmittag, als wir noch allein waren und an
Störung nicht dachten, und ich vergeſſe das Bild
nicht, wie ſie da zwiſchen den Gräſern ſtand und
nach rechts und links hin die Blumen pflückte. Die
Blumen, — ich habe ſie noch. Aber ich will ein
Ende damit machen. Was ſollen mir dieſe todten
Dinge, die mir nur Unruhe ſtiften und mir mein
bischen Glück und meinen Ehefrieden koſten, wenn
je ein fremdes Auge darauf fällt.“

Und er erhob ſich von ſeinem Balkonplatz und
ging, durch die ganze Wohnung hin, in ſein nach
dem Hofe hinaus gelegenes Arbeitszimmer, das des
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[246/0256] ſeit drei Tagen nicht geſchrieben und ſteht noch ganz auf dem Standpunkt der Ueberraſchungen.“ Er hing dem noch eine Weile nach, dann aber wechſelten die Bilder und längſt Zurückliegendes trat ſtatt Käthe's wieder vor ſeine Seele: der Dörr'ſche Garten, der Gang nach Wilmersdorf, die Partie nach Hankel's Ablage. Das war der letzte ſchöne Tag geweſen, die letzte glückliche Stunde . . . „Sie ſagte damals, daß ein Haar zu feſt binde, darum weigerte ſie ſich und wollt' es nicht. Und ich? warum beſtand ich darauf? Ja, es giebt ſolche räthſelhaften Kräfte, ſolche Sympathieen aus Himmel oder Hölle und nun bin ich gebunden und kann nicht los. Ach ſie war ſo lieb und gut an jenem Nachmittag, als wir noch allein waren und an Störung nicht dachten, und ich vergeſſe das Bild nicht, wie ſie da zwiſchen den Gräſern ſtand und nach rechts und links hin die Blumen pflückte. Die Blumen, — ich habe ſie noch. Aber ich will ein Ende damit machen. Was ſollen mir dieſe todten Dinge, die mir nur Unruhe ſtiften und mir mein bischen Glück und meinen Ehefrieden koſten, wenn je ein fremdes Auge darauf fällt.“ Und er erhob ſich von ſeinem Balkonplatz und ging, durch die ganze Wohnung hin, in ſein nach dem Hofe hinaus gelegenes Arbeitszimmer, das des Morgens in heller Sonne, jetzt aber in tiefem

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888/256>, abgerufen am 24.11.2024.