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Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888.

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hieße meinen "Seesturm" ohne Noth auf den halben
Preis herabsetzen."

Unter solchen Betrachtungen stand er eine Zeit¬
lang vor dem Lepke'schen Schaufenster und ging
dann, über den Pariser Platz hin, auf das Thor
und die schräg links führende Thiergarten-Allee zu,
bis er vor der Wolf'schen Löwengruppe Halt machte.
Hier sah er nach der Uhr. "Halb eins. Also
Zeit." Und so wandt' er sich wieder, um auf dem¬
selben Wege nach den "Linden" hin zurückzukehren.
Vor dem Redern'schen Palais sah er Leutnant
v. Wedell von den Garde-Dragonern auf sich zu¬
kommen.

"Wohin. Wedell?"

"In den Club. Und Sie?"

"Zu Hiller."

"Etwas früh."

"Ja. Aber was hilft's? Ich soll mit einem
alten Onkel von mir frühstücken, neumärkisch Blut
und just in dem Winkel zu Hause, wo Bentsch,
Rentsch, Stentsch liegen, -- lauter Reimwörter auf
Mensch, selbstverständlich ohne weitre Konsequenz
oder Verpflichtung. Uebrigens hat er, ich meine
den Onkel, mal in Ihrem Regiment gestanden.
Freilich lange her, erste vierziger Jahre. Baron
Osten."

"Der Wietzendorfer?"

hieße meinen „Seeſturm“ ohne Noth auf den halben
Preis herabſetzen.“

Unter ſolchen Betrachtungen ſtand er eine Zeit¬
lang vor dem Lepke'ſchen Schaufenſter und ging
dann, über den Pariſer Platz hin, auf das Thor
und die ſchräg links führende Thiergarten-Allee zu,
bis er vor der Wolf'ſchen Löwengruppe Halt machte.
Hier ſah er nach der Uhr. „Halb eins. Alſo
Zeit.“ Und ſo wandt' er ſich wieder, um auf dem¬
ſelben Wege nach den „Linden“ hin zurückzukehren.
Vor dem Redern'ſchen Palais ſah er Leutnant
v. Wedell von den Garde-Dragonern auf ſich zu¬
kommen.

„Wohin. Wedell?“

„In den Club. Und Sie?“

„Zu Hiller.“

„Etwas früh.“

„Ja. Aber was hilft's? Ich ſoll mit einem
alten Onkel von mir frühſtücken, neumärkiſch Blut
und juſt in dem Winkel zu Hauſe, wo Bentſch,
Rentſch, Stentſch liegen, — lauter Reimwörter auf
Menſch, ſelbſtverſtändlich ohne weitre Konſequenz
oder Verpflichtung. Uebrigens hat er, ich meine
den Onkel, mal in Ihrem Regiment geſtanden.
Freilich lange her, erſte vierziger Jahre. Baron
Oſten.“

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[61/0071] hieße meinen „Seeſturm“ ohne Noth auf den halben Preis herabſetzen.“ Unter ſolchen Betrachtungen ſtand er eine Zeit¬ lang vor dem Lepke'ſchen Schaufenſter und ging dann, über den Pariſer Platz hin, auf das Thor und die ſchräg links führende Thiergarten-Allee zu, bis er vor der Wolf'ſchen Löwengruppe Halt machte. Hier ſah er nach der Uhr. „Halb eins. Alſo Zeit.“ Und ſo wandt' er ſich wieder, um auf dem¬ ſelben Wege nach den „Linden“ hin zurückzukehren. Vor dem Redern'ſchen Palais ſah er Leutnant v. Wedell von den Garde-Dragonern auf ſich zu¬ kommen. „Wohin. Wedell?“ „In den Club. Und Sie?“ „Zu Hiller.“ „Etwas früh.“ „Ja. Aber was hilft's? Ich ſoll mit einem alten Onkel von mir frühſtücken, neumärkiſch Blut und juſt in dem Winkel zu Hauſe, wo Bentſch, Rentſch, Stentſch liegen, — lauter Reimwörter auf Menſch, ſelbſtverſtändlich ohne weitre Konſequenz oder Verpflichtung. Uebrigens hat er, ich meine den Onkel, mal in Ihrem Regiment geſtanden. Freilich lange her, erſte vierziger Jahre. Baron Oſten.“ „Der Wietzendorfer?“

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888/71>, abgerufen am 24.11.2024.