Fontane, Theodor: Die Poggenpuhls. 6. Aufl. Berlin, 1902.Es war aber nicht mehr nötig, dabei so vorsichtig zu sein, denn alle vier Damen waren bereits wach, und Manon hatte sogar den einen nach dem Hof hinausführenden Fensterflügel halb aufgemacht, davon ausgehend, daß vier Grad unter Null immer noch besser seien als eine vierschläfrige Nacht- und Stubenluft. Keine Viertelstunde mehr, so kam der Kaffee. Die Damen saßen schon vorn in der warmen Stube, die Majorin auf dem Sofa, Therese in ihrem Schaukelstuhl, während Manon, einen Handwerkszeugkasten vor sich, eben diesen Kasten nach einem etwas längeren Nagel, und zwar für den alten, wieder herabgefallenen "Hochkircher" durchsuchte. "Friederike," sagte die Majorin, "du solltest dich mit dem Bilde doch etwas mehr in acht nehmen." "Ach, Frau Majorin, ich thu' es ja, ich rühr' ihn ja beinah nich an; aber er sitzt immer so wacklig ... Gott, Manonchen, wenn Sie doch bloß 'mal einen recht langen fänden, oder noch besser, wenn Sie 'mal so 'nen richtigen Haken einschlagen könnten. Jn acht nehmen! Gott, ich denke ja immer dran, aber wenn er denn so mit einmal rutscht, krieg' ich doch immer wieder 'nen Schreck. Un is mir immer, als ob er vielleicht seine Ruhe nich hätte." Es war aber nicht mehr nötig, dabei so vorsichtig zu sein, denn alle vier Damen waren bereits wach, und Manon hatte sogar den einen nach dem Hof hinausführenden Fensterflügel halb aufgemacht, davon ausgehend, daß vier Grad unter Null immer noch besser seien als eine vierschläfrige Nacht- und Stubenluft. Keine Viertelstunde mehr, so kam der Kaffee. Die Damen saßen schon vorn in der warmen Stube, die Majorin auf dem Sofa, Therese in ihrem Schaukelstuhl, während Manon, einen Handwerkszeugkasten vor sich, eben diesen Kasten nach einem etwas längeren Nagel, und zwar für den alten, wieder herabgefallenen „Hochkircher“ durchsuchte. „Friederike,“ sagte die Majorin, „du solltest dich mit dem Bilde doch etwas mehr in acht nehmen.“ „Ach, Frau Majorin, ich thu’ es ja, ich rühr’ ihn ja beinah nich an; aber er sitzt immer so wacklig … Gott, Manonchen, wenn Sie doch bloß ’mal einen recht langen fänden, oder noch besser, wenn Sie ’mal so ’nen richtigen Haken einschlagen könnten. Jn acht nehmen! Gott, ich denke ja immer dran, aber wenn er denn so mit einmal rutscht, krieg’ ich doch immer wieder ’nen Schreck. Un is mir immer, als ob er vielleicht seine Ruhe nich hätte.“ <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0024" n="17"/> Es war aber nicht mehr nötig, dabei so vorsichtig zu sein, denn alle vier Damen waren bereits wach, und Manon hatte sogar den einen nach dem Hof hinausführenden Fensterflügel halb aufgemacht, davon ausgehend, daß vier Grad unter Null immer noch besser seien als eine vierschläfrige Nacht- und Stubenluft.</p><lb/> <p>Keine Viertelstunde mehr, so kam der Kaffee. Die Damen saßen schon vorn in der warmen Stube, die Majorin auf dem Sofa, Therese in ihrem Schaukelstuhl, während Manon, einen Handwerkszeugkasten vor sich, eben diesen Kasten nach einem etwas längeren Nagel, und zwar für den alten, wieder herabgefallenen „Hochkircher“ durchsuchte.</p><lb/> <p>„Friederike,“ sagte die Majorin, „du solltest dich mit dem Bilde doch etwas mehr in acht nehmen.“</p><lb/> <p>„Ach, Frau Majorin, ich thu’ es ja, ich rühr’ ihn ja beinah nich an; aber er sitzt immer so wacklig … Gott, Manonchen, wenn Sie doch bloß ’mal einen recht langen fänden, oder noch besser, wenn Sie ’mal so ’nen richtigen Haken einschlagen könnten. Jn acht nehmen! Gott, ich denke ja immer dran, aber wenn er denn so mit einmal rutscht, krieg’ ich doch immer wieder ’nen Schreck. Un is mir immer, als ob er vielleicht seine Ruhe nich hätte.“ </p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [17/0024]
Es war aber nicht mehr nötig, dabei so vorsichtig zu sein, denn alle vier Damen waren bereits wach, und Manon hatte sogar den einen nach dem Hof hinausführenden Fensterflügel halb aufgemacht, davon ausgehend, daß vier Grad unter Null immer noch besser seien als eine vierschläfrige Nacht- und Stubenluft.
Keine Viertelstunde mehr, so kam der Kaffee. Die Damen saßen schon vorn in der warmen Stube, die Majorin auf dem Sofa, Therese in ihrem Schaukelstuhl, während Manon, einen Handwerkszeugkasten vor sich, eben diesen Kasten nach einem etwas längeren Nagel, und zwar für den alten, wieder herabgefallenen „Hochkircher“ durchsuchte.
„Friederike,“ sagte die Majorin, „du solltest dich mit dem Bilde doch etwas mehr in acht nehmen.“
„Ach, Frau Majorin, ich thu’ es ja, ich rühr’ ihn ja beinah nich an; aber er sitzt immer so wacklig … Gott, Manonchen, wenn Sie doch bloß ’mal einen recht langen fänden, oder noch besser, wenn Sie ’mal so ’nen richtigen Haken einschlagen könnten. Jn acht nehmen! Gott, ich denke ja immer dran, aber wenn er denn so mit einmal rutscht, krieg’ ich doch immer wieder ’nen Schreck. Un is mir immer, als ob er vielleicht seine Ruhe nich hätte.“
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(2018-07-25T11:03:16Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T11:03:16Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Die Poggenpuhls. Hrsg. von Gabriele Radecke. Berlin 2006 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das erzählerische Werk, Bd. 16]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst). Anmerkungen zur Transkription:
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