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Fontane, Theodor: Die Poggenpuhls. 6. Aufl. Berlin, 1902.

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bei Jhnen zu begegnen, und ich wünsche nur, daß meine gern abzulegenden Geständnisse mich um dies freundliche Jnteresse nicht bringen mögen. Meine Begabung, wenn überhaupt von einer solchen die Rede sein kann, liegt nämlich sonderbarerweise nach der Seite des Grotesken hin; auch meine heutige Rolle streifte wenigstens dieses Gebiet, und so darf ich denn wohl sagen, daß ich meine kleinen Triumphe bisher im Sommernachtstraum und besonders in Shakespeares Heinrich dem Vierten, zweiter Teil, errungen habe. Der Zufall, ein glücklicher oder unglücklicher, hat es so gefügt, daß ich die ganze Reihe der Falstaffschen Rekruten, also des sogenannten ,Kanonenfutters', durchgespielt habe, mit Ausnahme des Schwächlich. Einmal wurd' ich sogar durch Händeklatschen von seiten Seiner Majestät ausgezeichnet, was mich begreiflicherweise sehr beglückte. Beim Publikum aber hab' ich bisher in der Rolle des Bullkalb am meisten angesprochen."

Therese begleitete dies Wort mit einer stolzen Kopfbewegung, die Herrn von Klessentin nicht entging, weshalb er sofort hinzusetzte: "Wenn man erst 'mal, und ich muß deshalb wiederholentlich die Verzeihung der Damen anrufen, beim Beichten ist, so kommen leicht Dinge zum Vorschein, die mehr oder weniger anstößig wirken. Und besonders wenn Shake-

bei Jhnen zu begegnen, und ich wünsche nur, daß meine gern abzulegenden Geständnisse mich um dies freundliche Jnteresse nicht bringen mögen. Meine Begabung, wenn überhaupt von einer solchen die Rede sein kann, liegt nämlich sonderbarerweise nach der Seite des Grotesken hin; auch meine heutige Rolle streifte wenigstens dieses Gebiet, und so darf ich denn wohl sagen, daß ich meine kleinen Triumphe bisher im Sommernachtstraum und besonders in Shakespeares Heinrich dem Vierten, zweiter Teil, errungen habe. Der Zufall, ein glücklicher oder unglücklicher, hat es so gefügt, daß ich die ganze Reihe der Falstaffschen Rekruten, also des sogenannten ‚Kanonenfutters‘, durchgespielt habe, mit Ausnahme des Schwächlich. Einmal wurd’ ich sogar durch Händeklatschen von seiten Seiner Majestät ausgezeichnet, was mich begreiflicherweise sehr beglückte. Beim Publikum aber hab’ ich bisher in der Rolle des Bullkalb am meisten angesprochen.“

Therese begleitete dies Wort mit einer stolzen Kopfbewegung, die Herrn von Klessentin nicht entging, weshalb er sofort hinzusetzte: „Wenn man erst ’mal, und ich muß deshalb wiederholentlich die Verzeihung der Damen anrufen, beim Beichten ist, so kommen leicht Dinge zum Vorschein, die mehr oder weniger anstößig wirken. Und besonders wenn Shake-

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[77/0084] bei Jhnen zu begegnen, und ich wünsche nur, daß meine gern abzulegenden Geständnisse mich um dies freundliche Jnteresse nicht bringen mögen. Meine Begabung, wenn überhaupt von einer solchen die Rede sein kann, liegt nämlich sonderbarerweise nach der Seite des Grotesken hin; auch meine heutige Rolle streifte wenigstens dieses Gebiet, und so darf ich denn wohl sagen, daß ich meine kleinen Triumphe bisher im Sommernachtstraum und besonders in Shakespeares Heinrich dem Vierten, zweiter Teil, errungen habe. Der Zufall, ein glücklicher oder unglücklicher, hat es so gefügt, daß ich die ganze Reihe der Falstaffschen Rekruten, also des sogenannten ‚Kanonenfutters‘, durchgespielt habe, mit Ausnahme des Schwächlich. Einmal wurd’ ich sogar durch Händeklatschen von seiten Seiner Majestät ausgezeichnet, was mich begreiflicherweise sehr beglückte. Beim Publikum aber hab’ ich bisher in der Rolle des Bullkalb am meisten angesprochen.“ Therese begleitete dies Wort mit einer stolzen Kopfbewegung, die Herrn von Klessentin nicht entging, weshalb er sofort hinzusetzte: „Wenn man erst ’mal, und ich muß deshalb wiederholentlich die Verzeihung der Damen anrufen, beim Beichten ist, so kommen leicht Dinge zum Vorschein, die mehr oder weniger anstößig wirken. Und besonders wenn Shake-

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2018-07-25T11:03:16Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-07-25T11:03:16Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Die Poggenpuhls. Hrsg. von Gabriele Radecke. Berlin 2006 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das erzählerische Werk, Bd. 16]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).

Anmerkungen zur Transkription:

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Die Poggenpuhls. 6. Aufl. Berlin, 1902, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_poggenpuhls_1897/84>, abgerufen am 09.11.2024.