Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.einige meiner Arbeiten vorlegen zu dürfen. Er ging auch freundlich darauf ein, aber doch zugleich mit einer gewissen, nur zu berechtigten Verlegenheit. Was konnt es am Ende sein? Er hatte sich selbst zu lange und zu ernsthaft mit derlei Dingen beschäftigt, um nicht zu wissen, daß von einem zwanzigjährigen, bei Radix Valerianae und Flores Chamomillae herangewachsenen Springinsfeld mutmaßlich nicht viel zu gewärtigen sei. So kam es denn auch. Es war eine tüchtige Niederlage, der ich zunächst entgegenging, aber sie verwandelte sich, was mich sehr glücklich machte, schließlich in einen kleinen Sieg. All dies, in seinen verschiedenen Stadien von Demütigung und Erhebung, verlief vorwiegend in einer in Versen geführten Korrespondenz, die, glaub ich, von seiner Seite begonnen wurde. Dem Konvolut, drin ich vorerst meine Gedichte zurückerhielt, waren folgende Strophen beigegeben: Zweies muß der Dichter haben: Erst sei er sich selber klar; Und die zweite seiner Gaben Ist: er sei auch immer wahr ... Mit der Sonne zu vergleichen Ist die echte Poesie, Alles Dunkel muß ihr weichen, Keinen Nebel duldet sie. einige meiner Arbeiten vorlegen zu dürfen. Er ging auch freundlich darauf ein, aber doch zugleich mit einer gewissen, nur zu berechtigten Verlegenheit. Was konnt es am Ende sein? Er hatte sich selbst zu lange und zu ernsthaft mit derlei Dingen beschäftigt, um nicht zu wissen, daß von einem zwanzigjährigen, bei Radix Valerianae und Flores Chamomillae herangewachsenen Springinsfeld mutmaßlich nicht viel zu gewärtigen sei. So kam es denn auch. Es war eine tüchtige Niederlage, der ich zunächst entgegenging, aber sie verwandelte sich, was mich sehr glücklich machte, schließlich in einen kleinen Sieg. All dies, in seinen verschiedenen Stadien von Demütigung und Erhebung, verlief vorwiegend in einer in Versen geführten Korrespondenz, die, glaub ich, von seiner Seite begonnen wurde. Dem Konvolut, drin ich vorerst meine Gedichte zurückerhielt, waren folgende Strophen beigegeben: Zweies muß der Dichter haben: Erst sei er sich selber klar; Und die zweite seiner Gaben Ist: er sei auch immer wahr … Mit der Sonne zu vergleichen Ist die echte Poesie, Alles Dunkel muß ihr weichen, Keinen Nebel duldet sie. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0132" n="123"/> einige meiner Arbeiten vorlegen zu dürfen. Er ging auch freundlich darauf ein, aber doch zugleich mit einer gewissen, nur zu berechtigten Verlegenheit. Was konnt es am Ende sein? Er hatte sich selbst zu lange und zu ernsthaft mit derlei Dingen beschäftigt, um nicht zu wissen, daß von einem zwanzigjährigen, bei <hi rendition="#aq">Radix Valerianae</hi> und <hi rendition="#aq">Flores Chamomillae</hi> herangewachsenen Springinsfeld mutmaßlich nicht viel zu gewärtigen sei. So kam es denn auch. Es war eine tüchtige Niederlage, der ich zunächst entgegenging, aber sie verwandelte sich, was mich sehr glücklich machte, schließlich in einen kleinen Sieg. All dies, in seinen verschiedenen Stadien von Demütigung und Erhebung, verlief vorwiegend in einer in Versen geführten Korrespondenz, die, glaub ich, von seiner Seite begonnen wurde. Dem Konvolut, drin ich vorerst meine Gedichte zurückerhielt, waren folgende Strophen beigegeben:</p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Zweies muß der Dichter haben:</l><lb/> <l>Erst sei er sich selber klar;</l><lb/> <l>Und die zweite seiner Gaben</l><lb/> <l>Ist: er sei auch immer wahr …</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Mit der Sonne zu vergleichen</l><lb/> <l>Ist die echte Poesie,</l><lb/> <l>Alles Dunkel muß ihr weichen,</l><lb/> <l>Keinen Nebel duldet sie.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [123/0132]
einige meiner Arbeiten vorlegen zu dürfen. Er ging auch freundlich darauf ein, aber doch zugleich mit einer gewissen, nur zu berechtigten Verlegenheit. Was konnt es am Ende sein? Er hatte sich selbst zu lange und zu ernsthaft mit derlei Dingen beschäftigt, um nicht zu wissen, daß von einem zwanzigjährigen, bei Radix Valerianae und Flores Chamomillae herangewachsenen Springinsfeld mutmaßlich nicht viel zu gewärtigen sei. So kam es denn auch. Es war eine tüchtige Niederlage, der ich zunächst entgegenging, aber sie verwandelte sich, was mich sehr glücklich machte, schließlich in einen kleinen Sieg. All dies, in seinen verschiedenen Stadien von Demütigung und Erhebung, verlief vorwiegend in einer in Versen geführten Korrespondenz, die, glaub ich, von seiner Seite begonnen wurde. Dem Konvolut, drin ich vorerst meine Gedichte zurückerhielt, waren folgende Strophen beigegeben:
Zweies muß der Dichter haben:
Erst sei er sich selber klar;
Und die zweite seiner Gaben
Ist: er sei auch immer wahr …
Mit der Sonne zu vergleichen
Ist die echte Poesie,
Alles Dunkel muß ihr weichen,
Keinen Nebel duldet sie.
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(2018-07-25T10:02:20Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T10:02:20Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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