Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.der schönen Räuberzeit, um auf immer Abschied von ihr zu nehmen. Neben diesem Uebermute verschwand natürlich mein Zauberfest, das, wenn ich nicht irre, in den Juli des Sommers vierzig fiel. Anfang September kam dann der alte Rose zurück. Ich seh' ihn noch, wie er mit einem Male vor uns stand: der auf kurzem Halse sitzende Kopf in einer Schnuren-Kapuze - wie man ihnen auf alten Schweizer- oder Hussitenbildern begegnet - dazu ganz verbrannt im Gesicht vom ewigen Bergklettern und die Augen leuchtend von Entdecker- und Erobererglück. Denn er hatte mal wieder an einer vor ihm noch unbetretenen Stelle gestanden, oder bildete sich's wenigstens ein. Armer Enthusiast, Dein Glück sollte nicht lange dauern! Gleich am andern Morgen durchschritt er sein Gewese, zog sich dann, als er den Rundgang beendet, in sein nur durch einen schmalen Flur von der Apotheke selbst getrenntes Zimmer zurück und wollte hier sehr wahrscheinlich gleich mit Aufzeichnung all der erlebten Herrlichkeiten beginnen. Aber das Schicksal hatte, für diesen Tag wenigstens, anders über ihn beschlossen. In seiner Abwesenheit nämlich, war es, unter den Gehilfen, zu Bildung zweier feindlicher Parteien gekommen, die sich nun gegenseitig verklagten und mich mitschleppten, um der schönen Räuberzeit, um auf immer Abschied von ihr zu nehmen. Neben diesem Uebermute verschwand natürlich mein Zauberfest, das, wenn ich nicht irre, in den Juli des Sommers vierzig fiel. Anfang September kam dann der alte Rose zurück. Ich seh’ ihn noch, wie er mit einem Male vor uns stand: der auf kurzem Halse sitzende Kopf in einer Schnuren-Kapuze – wie man ihnen auf alten Schweizer- oder Hussitenbildern begegnet – dazu ganz verbrannt im Gesicht vom ewigen Bergklettern und die Augen leuchtend von Entdecker- und Erobererglück. Denn er hatte mal wieder an einer vor ihm noch unbetretenen Stelle gestanden, oder bildete sich’s wenigstens ein. Armer Enthusiast, Dein Glück sollte nicht lange dauern! Gleich am andern Morgen durchschritt er sein Gewese, zog sich dann, als er den Rundgang beendet, in sein nur durch einen schmalen Flur von der Apotheke selbst getrenntes Zimmer zurück und wollte hier sehr wahrscheinlich gleich mit Aufzeichnung all der erlebten Herrlichkeiten beginnen. Aber das Schicksal hatte, für diesen Tag wenigstens, anders über ihn beschlossen. In seiner Abwesenheit nämlich, war es, unter den Gehilfen, zu Bildung zweier feindlicher Parteien gekommen, die sich nun gegenseitig verklagten und mich mitschleppten, um <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0037" n="28"/> der schönen Räuberzeit, um auf immer Abschied von ihr zu nehmen.</p><lb/> <p>Neben diesem Uebermute verschwand natürlich <hi rendition="#g">mein</hi> Zauberfest, das, wenn ich nicht irre, in den Juli des Sommers vierzig fiel. Anfang September kam dann der alte Rose zurück. Ich seh’ ihn noch, wie er mit einem Male vor uns stand: der auf kurzem Halse sitzende Kopf in einer Schnuren-Kapuze – wie man ihnen auf alten Schweizer- oder Hussitenbildern begegnet – dazu ganz verbrannt im Gesicht vom ewigen Bergklettern und die Augen leuchtend von Entdecker- und Erobererglück. Denn er hatte mal wieder an einer vor ihm noch unbetretenen Stelle gestanden, oder bildete sich’s wenigstens ein.</p><lb/> <p>Armer Enthusiast, Dein Glück sollte nicht lange dauern! Gleich am andern Morgen durchschritt er sein Gewese, zog sich dann, als er den Rundgang beendet, in sein nur durch einen schmalen Flur von der Apotheke selbst getrenntes Zimmer zurück und wollte hier sehr wahrscheinlich gleich mit Aufzeichnung all der erlebten Herrlichkeiten beginnen. Aber das Schicksal hatte, für diesen Tag wenigstens, anders über ihn beschlossen. In seiner Abwesenheit nämlich, war es, unter den Gehilfen, zu Bildung zweier feindlicher Parteien gekommen, die sich nun gegenseitig verklagten und mich mitschleppten, um<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [28/0037]
der schönen Räuberzeit, um auf immer Abschied von ihr zu nehmen.
Neben diesem Uebermute verschwand natürlich mein Zauberfest, das, wenn ich nicht irre, in den Juli des Sommers vierzig fiel. Anfang September kam dann der alte Rose zurück. Ich seh’ ihn noch, wie er mit einem Male vor uns stand: der auf kurzem Halse sitzende Kopf in einer Schnuren-Kapuze – wie man ihnen auf alten Schweizer- oder Hussitenbildern begegnet – dazu ganz verbrannt im Gesicht vom ewigen Bergklettern und die Augen leuchtend von Entdecker- und Erobererglück. Denn er hatte mal wieder an einer vor ihm noch unbetretenen Stelle gestanden, oder bildete sich’s wenigstens ein.
Armer Enthusiast, Dein Glück sollte nicht lange dauern! Gleich am andern Morgen durchschritt er sein Gewese, zog sich dann, als er den Rundgang beendet, in sein nur durch einen schmalen Flur von der Apotheke selbst getrenntes Zimmer zurück und wollte hier sehr wahrscheinlich gleich mit Aufzeichnung all der erlebten Herrlichkeiten beginnen. Aber das Schicksal hatte, für diesen Tag wenigstens, anders über ihn beschlossen. In seiner Abwesenheit nämlich, war es, unter den Gehilfen, zu Bildung zweier feindlicher Parteien gekommen, die sich nun gegenseitig verklagten und mich mitschleppten, um
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(2018-07-25T10:02:20Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T10:02:20Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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