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Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.

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war er sehr elend, infolge einer merkwürdigen, echt Goedsche'schen Weihnachtsfeier. Seine Frau war ihm gestorben, und ganz in Sentimentalität steckend, wie so oft Naturen der Art, begab er sich am Christabend nach dem katholischen Kirchhofe hinaus und veranstaltete hier, indem er zahllose Lichter aufs Grab pflanzte, eine Liebes- und Gedächtnisfeier. Er setzte sich auf ein Nachbargrab und sang einen Vers und weinte. Die Folge davon war ein Pyramidalkatarrh, der sein Leben schon damals in Gefahr brachte.

Wie schon erzählt, Hesekiels und mein Arbeitstisch standen nahe bei einander. Aber was jeder von uns an seinem Tische leistete, das war sehr verschiedenwertig. Er war eine Hauptperson der Zeitung, zeitweilig die Hauptperson, und an der Bethätigung seiner Gaben war der Zeitung und jedem Adligen und Geistlichen auf dem Lande sehr gelegen. Alle wollten hören, wie der damals noch nicht entpuppte "legitimistische Marquis" über Louis Napoleon denke. Mit dem englischen Artikel, der meine Domäne bildete, lag es umgekehrt, und ich glaube, daß dies auch der Grund war, warum mein Vorgänger, Dr. Abel - er wurde später Times-Korrespondent und zeichnete sich als solcher aus -, seine Kreuzzeitungs-Stellung aufgab. Es waren, auf England hin angesehen, stille Zeiten, alles Interesse lag bei Frankreich oder bei

war er sehr elend, infolge einer merkwürdigen, echt Goedsche’schen Weihnachtsfeier. Seine Frau war ihm gestorben, und ganz in Sentimentalität steckend, wie so oft Naturen der Art, begab er sich am Christabend nach dem katholischen Kirchhofe hinaus und veranstaltete hier, indem er zahllose Lichter aufs Grab pflanzte, eine Liebes- und Gedächtnisfeier. Er setzte sich auf ein Nachbargrab und sang einen Vers und weinte. Die Folge davon war ein Pyramidalkatarrh, der sein Leben schon damals in Gefahr brachte.

Wie schon erzählt, Hesekiels und mein Arbeitstisch standen nahe bei einander. Aber was jeder von uns an seinem Tische leistete, das war sehr verschiedenwertig. Er war eine Hauptperson der Zeitung, zeitweilig die Hauptperson, und an der Bethätigung seiner Gaben war der Zeitung und jedem Adligen und Geistlichen auf dem Lande sehr gelegen. Alle wollten hören, wie der damals noch nicht entpuppte „legitimistische Marquis“ über Louis Napoleon denke. Mit dem englischen Artikel, der meine Domäne bildete, lag es umgekehrt, und ich glaube, daß dies auch der Grund war, warum mein Vorgänger, Dr. Abel – er wurde später Times-Korrespondent und zeichnete sich als solcher aus –, seine Kreuzzeitungs-Stellung aufgab. Es waren, auf England hin angesehen, stille Zeiten, alles Interesse lag bei Frankreich oder bei

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[453/0462] war er sehr elend, infolge einer merkwürdigen, echt Goedsche’schen Weihnachtsfeier. Seine Frau war ihm gestorben, und ganz in Sentimentalität steckend, wie so oft Naturen der Art, begab er sich am Christabend nach dem katholischen Kirchhofe hinaus und veranstaltete hier, indem er zahllose Lichter aufs Grab pflanzte, eine Liebes- und Gedächtnisfeier. Er setzte sich auf ein Nachbargrab und sang einen Vers und weinte. Die Folge davon war ein Pyramidalkatarrh, der sein Leben schon damals in Gefahr brachte. Wie schon erzählt, Hesekiels und mein Arbeitstisch standen nahe bei einander. Aber was jeder von uns an seinem Tische leistete, das war sehr verschiedenwertig. Er war eine Hauptperson der Zeitung, zeitweilig die Hauptperson, und an der Bethätigung seiner Gaben war der Zeitung und jedem Adligen und Geistlichen auf dem Lande sehr gelegen. Alle wollten hören, wie der damals noch nicht entpuppte „legitimistische Marquis“ über Louis Napoleon denke. Mit dem englischen Artikel, der meine Domäne bildete, lag es umgekehrt, und ich glaube, daß dies auch der Grund war, warum mein Vorgänger, Dr. Abel – er wurde später Times-Korrespondent und zeichnete sich als solcher aus –, seine Kreuzzeitungs-Stellung aufgab. Es waren, auf England hin angesehen, stille Zeiten, alles Interesse lag bei Frankreich oder bei

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Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2018-07-25T10:02:20Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-07-25T10:02:20Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898, S. 453. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/462>, abgerufen am 22.11.2024.