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Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791.

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den ersten Blick an seinen Figuren nichts
besonders sehen, bei dem ersten Versuche
sie zu kopiren, zu Schanden wird. Diese
Umrisse des Flammändischen Pinsels hinge¬
gen mag man leicht in der Kopie verfeh¬
len, ohne befürchten zu müssen, dass Miss¬
gestalt die Unähnlichkeit verrathe.

Schönheit ist also nicht in Formen von
Rubens zu suchen; denn sie ist die Toch¬
ter des Ebenmasses. Wären aber seine Fi¬
guren auch richtig gezeichnet, so würde doch
schon allein ihre flämische Feistigkeit den
Begrif des Schönen verscheuchen. Dies ist
bei ihm, wie es scheint, ein verderbter Ge¬
schmack, weil Italien ihn mit schöneren
Formen vertraut machen konnte. Ich habe
seine Fleischmassen als natürlich rühmen ge¬
hört; allein ich finde sie unaussprechlich
ekelhaft. Das hangende, erschlaffte, lappige
Fleisch, die Plumpheit aller Umrisse und

den ersten Blick an seinen Figuren nichts
besonders sehen, bei dem ersten Versuche
sie zu kopiren, zu Schanden wird. Diese
Umrisse des Flammändischen Pinsels hinge¬
gen mag man leicht in der Kopie verfeh¬
len, ohne befürchten zu müssen, daſs Miſs¬
gestalt die Unähnlichkeit verrathe.

Schönheit ist also nicht in Formen von
Rubens zu suchen; denn sie ist die Toch¬
ter des Ebenmaſses. Wären aber seine Fi¬
guren auch richtig gezeichnet, so würde doch
schon allein ihre flämische Feistigkeit den
Begrif des Schönen verscheuchen. Dies ist
bei ihm, wie es scheint, ein verderbter Ge¬
schmack, weil Italien ihn mit schöneren
Formen vertraut machen konnte. Ich habe
seine Fleischmassen als natürlich rühmen ge¬
hört; allein ich finde sie unaussprechlich
ekelhaft. Das hangende, erschlaffte, lappige
Fleisch, die Plumpheit aller Umrisse und

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[154/0166] den ersten Blick an seinen Figuren nichts besonders sehen, bei dem ersten Versuche sie zu kopiren, zu Schanden wird. Diese Umrisse des Flammändischen Pinsels hinge¬ gen mag man leicht in der Kopie verfeh¬ len, ohne befürchten zu müssen, daſs Miſs¬ gestalt die Unähnlichkeit verrathe. Schönheit ist also nicht in Formen von Rubens zu suchen; denn sie ist die Toch¬ ter des Ebenmaſses. Wären aber seine Fi¬ guren auch richtig gezeichnet, so würde doch schon allein ihre flämische Feistigkeit den Begrif des Schönen verscheuchen. Dies ist bei ihm, wie es scheint, ein verderbter Ge¬ schmack, weil Italien ihn mit schöneren Formen vertraut machen konnte. Ich habe seine Fleischmassen als natürlich rühmen ge¬ hört; allein ich finde sie unaussprechlich ekelhaft. Das hangende, erschlaffte, lappige Fleisch, die Plumpheit aller Umrisse und

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/166>, abgerufen am 21.11.2024.