baren Shakspeare den kühnsten Dichterflug und den treffendsten Wahrheitssinn; was dem Parterre und den Galerien in London an seinen Schauspielen die höchste Befriedi¬ gung gewährt, dürfte leicht etwas anderes seyn. Doch ich habe ja wohl eher sogar den Kenner gesehn, der über Minervens Helm Minerven selbst vergass! An einem Gemälde Raphaels, wo seine hohe Ahndung des Göttlichen aus den Gesichtszügen stralte, sah ich einen grossen Kunstlehrer Proportionen bewundern! Befrage nur die wortgelehrten Kommentatoren um die Schönheit römischer und griechischer Dichter, wenn Du erstau¬ nen willst, dass sie in der Wahl kurz- und langsylbiger Wörter, in der Mischung der Dialekte, in hundert Artigkeiten, wo Du sie nie gesucht hättest, besteht! Lass doch Leute von Geschmack Dirs erklären, dass Göthens Iphigenia Dich entzückt, weil Eu¬
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baren Shakspeare den kühnsten Dichterflug und den treffendsten Wahrheitssinn; was dem Parterre und den Galerien in London an seinen Schauspielen die höchste Befriedi¬ gung gewährt, dürfte leicht etwas anderes seyn. Doch ich habe ja wohl eher sogar den Kenner gesehn, der über Minervens Helm Minerven selbst vergaſs! An einem Gemälde Raphaels, wo seine hohe Ahndung des Göttlichen aus den Gesichtszügen stralte, sah ich einen groſsen Kunstlehrer Proportionen bewundern! Befrage nur die wortgelehrten Kommentatoren um die Schönheit römischer und griechischer Dichter, wenn Du erstau¬ nen willst, daſs sie in der Wahl kurz- und langsylbiger Wörter, in der Mischung der Dialekte, in hundert Artigkeiten, wo Du sie nie gesucht hättest, besteht! Laſs doch Leute von Geschmack Dirs erklären, daſs Göthens Iphigenia Dich entzückt, weil Eu¬
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[83/0095]
baren Shakspeare den kühnsten Dichterflug
und den treffendsten Wahrheitssinn; was
dem Parterre und den Galerien in London
an seinen Schauspielen die höchste Befriedi¬
gung gewährt, dürfte leicht etwas anderes
seyn. Doch ich habe ja wohl eher sogar
den Kenner gesehn, der über Minervens
Helm Minerven selbst vergaſs! An einem
Gemälde Raphaels, wo seine hohe Ahndung
des Göttlichen aus den Gesichtszügen stralte,
sah ich einen groſsen Kunstlehrer Proportionen
bewundern! Befrage nur die wortgelehrten
Kommentatoren um die Schönheit römischer
und griechischer Dichter, wenn Du erstau¬
nen willst, daſs sie in der Wahl kurz- und
langsylbiger Wörter, in der Mischung der
Dialekte, in hundert Artigkeiten, wo Du sie
nie gesucht hättest, besteht! Laſs doch
Leute von Geschmack Dirs erklären, daſs
Göthens Iphigenia Dich entzückt, weil Eu¬
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Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/95>, abgerufen am 21.11.2024.
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