Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 2. Berlin, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

nützigen Charakter konnte die Partei nicht
beibehalten, sobald sie das Süsse der Herr¬
scherrolle gekostet hatte; um die Oberhand,
um das Ruder im Staate, galt der Kampf,
und eine Aristokratie wollte die andere ver¬
treiben. Im Taumel des Sieges hätte man
die Stimme der Mässigung nicht gehört und
manchen willkührlichen Schritt gethan, die
Herrschaft der Vernunft zu erweitern, die
gleichwohl nur über freiwillige Untergebene
gebieten kann. Der Hof kannte die Macht
der Geistlichkeit über die Majorität der Ge¬
müther; er wusste sich diese Stütze zu si¬
chern und gab dadurch einen Beweis von
Regentenklugheit, den man nur deshalb we¬
niger achtet, weil er nicht ungewöhnlich ist.
Thörichter kann in der That kaum eine For¬
derung seyn, als diese, die man jetzt so oft
machen hört, dass in einem Zeitpunkt, wo
Eigennutz und Privatinteresse mehr als je¬

nützigen Charakter konnte die Partei nicht
beibehalten, sobald sie das Süſse der Herr¬
scherrolle gekostet hatte; um die Oberhand,
um das Ruder im Staate, galt der Kampf,
und eine Aristokratie wollte die andere ver¬
treiben. Im Taumel des Sieges hätte man
die Stimme der Mäſsigung nicht gehört und
manchen willkührlichen Schritt gethan, die
Herrschaft der Vernunft zu erweitern, die
gleichwohl nur über freiwillige Untergebene
gebieten kann. Der Hof kannte die Macht
der Geistlichkeit über die Majorität der Ge¬
müther; er wuſste sich diese Stütze zu si¬
chern und gab dadurch einen Beweis von
Regentenklugheit, den man nur deshalb we¬
niger achtet, weil er nicht ungewöhnlich ist.
Thörichter kann in der That kaum eine For¬
derung seyn, als diese, die man jetzt so oft
machen hört, daſs in einem Zeitpunkt, wo
Eigennutz und Privatinteresse mehr als je¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0485" n="479"/>
nützigen Charakter konnte die Partei nicht<lb/>
beibehalten, sobald sie das Sü&#x017F;se der Herr¬<lb/>
scherrolle gekostet hatte; um die Oberhand,<lb/>
um das Ruder im Staate, galt der Kampf,<lb/>
und <hi rendition="#i">eine</hi> Aristokratie wollte die andere ver¬<lb/>
treiben. Im Taumel des Sieges hätte man<lb/>
die Stimme der Mä&#x017F;sigung nicht gehört und<lb/>
manchen willkührlichen Schritt gethan, die<lb/>
Herrschaft der Vernunft zu erweitern, die<lb/>
gleichwohl nur über freiwillige Untergebene<lb/>
gebieten kann. Der Hof kannte die Macht<lb/>
der Geistlichkeit über die Majorität der Ge¬<lb/>
müther; er wu&#x017F;ste sich diese Stütze zu si¬<lb/>
chern und gab dadurch einen Beweis von<lb/>
Regentenklugheit, den man nur deshalb we¬<lb/>
niger achtet, weil er nicht ungewöhnlich ist.<lb/>
Thörichter kann in der That kaum eine For¬<lb/>
derung seyn, als diese, die man jetzt so oft<lb/>
machen hört, da&#x017F;s in einem Zeitpunkt, wo<lb/>
Eigennutz und Privatinteresse mehr als je¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[479/0485] nützigen Charakter konnte die Partei nicht beibehalten, sobald sie das Süſse der Herr¬ scherrolle gekostet hatte; um die Oberhand, um das Ruder im Staate, galt der Kampf, und eine Aristokratie wollte die andere ver¬ treiben. Im Taumel des Sieges hätte man die Stimme der Mäſsigung nicht gehört und manchen willkührlichen Schritt gethan, die Herrschaft der Vernunft zu erweitern, die gleichwohl nur über freiwillige Untergebene gebieten kann. Der Hof kannte die Macht der Geistlichkeit über die Majorität der Ge¬ müther; er wuſste sich diese Stütze zu si¬ chern und gab dadurch einen Beweis von Regentenklugheit, den man nur deshalb we¬ niger achtet, weil er nicht ungewöhnlich ist. Thörichter kann in der That kaum eine For¬ derung seyn, als diese, die man jetzt so oft machen hört, daſs in einem Zeitpunkt, wo Eigennutz und Privatinteresse mehr als je¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein02_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein02_1791/485
Zitationshilfe: Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 2. Berlin, 1791, S. 479. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein02_1791/485>, abgerufen am 22.11.2024.