Maße gröber und unbestimmter, als die durch die Sehenerven, wie das Medium der Luft körperlicher ist, als jenes des Lichts. Dunkle, leidenschaftliche Gefühle des Ton- künstlers berühren unser Ohr in verschie- denen Folgen von Tönen; dunkle, leiden- schaftliche Gefühle widerhallen in unserem Sinn. Plato hielt daher die Musik für ge- fährlich, und insbesondere verbannte er die weiche Lydische Tonart aus seiner Re- publik. Minder streng als der für Tugend schwärmerische Philosoph, erkennt unser Zeitalter den Werth einer jeden Leiden- schaft, und sicher in seiner Abspannung, besorgt es keine gewaltsame Wirkungen von dem Reitze der Musik. Woliüstiges, schmachtendes, hinsterbendes Girren, vor- getragen mit dem Silberton eines Ent- mannten; mehr braucht es nicht, um ohn- mächtige Nerven zu einem schnell vor- überfliehenden Entzücken zu kitzeln.
Maße gröber und unbestimmter, als die durch die Sehenerven, wie das Medium der Luft körperlicher ist, als jenes des Lichts. Dunkle, leidenschaftliche Gefühle des Ton- künstlers berühren unser Ohr in verschie- denen Folgen von Tönen; dunkle, leiden- schaftliche Gefühle widerhallen in unserem Sinn. Plato hielt daher die Musik für ge- fährlich, und insbesondere verbannte er die weiche Lydische Tonart aus seiner Re- publik. Minder streng als der für Tugend schwärmerische Philosoph, erkennt unser Zeitalter den Werth einer jeden Leiden- schaft, und sicher in seiner Abspannung, besorgt es keine gewaltsame Wirkungen von dem Reitze der Musik. Woliüstiges, schmachtendes, hinsterbendes Girren, vor- getragen mit dem Silberton eines Ent- mannten; mehr braucht es nicht, um ohn- mächtige Nerven zu einem schnell vor- überfliehenden Entzücken zu kitzeln.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0442"n="151"/>
Maße gröber und unbestimmter, als die<lb/>
durch die Sehenerven, wie das Medium<lb/>
der Luft körperlicher ist, als jenes des Lichts.<lb/>
Dunkle, leidenschaftliche Gefühle des Ton-<lb/>
künstlers berühren unser Ohr in verschie-<lb/>
denen Folgen von Tönen; dunkle, leiden-<lb/>
schaftliche Gefühle widerhallen in unserem<lb/>
Sinn. <hirendition="#i">Plato</hi> hielt daher die Musik für ge-<lb/>
fährlich, und insbesondere verbannte er<lb/>
die weiche Lydische Tonart aus seiner Re-<lb/>
publik. Minder streng als der für Tugend<lb/>
schwärmerische Philosoph, erkennt unser<lb/>
Zeitalter den Werth einer jeden Leiden-<lb/>
schaft, und sicher in seiner Abspannung,<lb/>
besorgt es keine gewaltsame Wirkungen<lb/>
von dem Reitze der Musik. Woliüstiges,<lb/>
schmachtendes, hinsterbendes Girren, vor-<lb/>
getragen mit dem Silberton eines Ent-<lb/>
mannten; mehr braucht es nicht, um ohn-<lb/>
mächtige Nerven zu einem schnell vor-<lb/>
überfliehenden Entzücken zu kitzeln.</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[151/0442]
Maße gröber und unbestimmter, als die
durch die Sehenerven, wie das Medium
der Luft körperlicher ist, als jenes des Lichts.
Dunkle, leidenschaftliche Gefühle des Ton-
künstlers berühren unser Ohr in verschie-
denen Folgen von Tönen; dunkle, leiden-
schaftliche Gefühle widerhallen in unserem
Sinn. Plato hielt daher die Musik für ge-
fährlich, und insbesondere verbannte er
die weiche Lydische Tonart aus seiner Re-
publik. Minder streng als der für Tugend
schwärmerische Philosoph, erkennt unser
Zeitalter den Werth einer jeden Leiden-
schaft, und sicher in seiner Abspannung,
besorgt es keine gewaltsame Wirkungen
von dem Reitze der Musik. Woliüstiges,
schmachtendes, hinsterbendes Girren, vor-
getragen mit dem Silberton eines Ent-
mannten; mehr braucht es nicht, um ohn-
mächtige Nerven zu einem schnell vor-
überfliehenden Entzücken zu kitzeln.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Der dritte Band von Johann Georg Forsters Ansicht… [mehr]
Der dritte Band von Johann Georg Forsters Ansichten vom Niederrhein blieb unvollendet. Nach Forsters Tod (10.1.1794) wurden dessen fragmentarische Aufzeichnungen zum dritten Band von Ludwig Ferdinand Huber geordnet und herausgegeben. Ergänzt wurde der Band um einen Anhang, Forsters bereits 1789 geschriebene "Geschichte der Kunst in England" (zuerst erschienen in Johann Wilhelm Archenholz' Annalen der brittischen Geschichte) und den "Artistischen Notizen, in London aufgezeichnet" im Anhang. Hubers Vorwort zum dritten Band ist datiert auf den Juli 1794, der Band erschien noch im selben Jahr.
Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 3. Berlin, 1794, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein03_1794/442>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.