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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

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in den Jahren 1772 bis 1775.
gleich auf der Stelle einen Umriß von ihrer Gesichtsbildung und aus ihren1773.
April.

Minen ließ sich abnehmen, daß sie begriffen was er vor hatte. Sie nann-
ten ihn desfalls toa-toa, welches Wort vermuthlich eine Beziehung auf die
bildenden Künste haben mußte. Der Mann hatte ein ehrliches gefälliges An-
sehen, und die eine von den beyden Frauenspersonen, die wir für seine Tochter
hielten, sahe gar nicht so unangenehm aus, als man in Neu-Seeland wohl hätte
vermuthen sollen, die andre hingegen war ausnehmend häßlich und hatte an der
Ober-Lippe ein ungeheures garstiges Gewächs. Sie waren alle dunkelbraun
oder Olivenfarbicht, hatten schwarzes und lockichtes Haar, das mit Oehl und
Rothstein eingeschmiert, bey dem Mann oben auf dem Wirbel in einen Schopf
zusammen gebunden, bey den Weibern aber kurz abgeschnitten war. Den Ober-
theil des Cörpers fanden wir wohl gebildet; die Beine hingegen außerordentlich
dünne, übel gestaltet und krumm. Ihre Kleidung bestand aus Matten von Neu-
Seeländischen Flachs *) und war mit Federn durchwebt. In den Ohren tru-
gen sie kleine Stücke von Albatros-Haut, mit Röthel oder Ocher gefärbt. Wir
boten ihnen einige Fische und Endten an, sie warfen solche aber zurück und ga-
ben uns zu verstehen, daß sie keinen Mangel an Lebensmitteln hätten. Die
einbrechende Nacht nöthigte uns von unsern neuen Freunden Abschied zu neh-
men, wir versprachen ihnen aber, sie morgen wieder zu besuch[e]n. Bey der Ab-
fahrt sahe uns der Mann in ernsthafter Stille und mit einer Aufmerksamkeit
nach, welche tiefes Nachdenken anzuzeigen schien; die jüngste Frauensperson hin-
gegen, die während unsrer Anwesenheit in einem fort und mit so geläufiger
Zunge geplaudert hatte, als keiner von uns je gehört zu haben, sich erinnern konn-
te, sieng nunmehro an zu tanzen, und fuhr fort eben so laut zu seyn als vorher.
Unsre Seeleute erlaubten sich dieses Umstandes halber einige grobe Einfälle auf Ko-
sten des weiblichen Geschlechts, wir aber fanden durch dieses Betragen die Bemer-
kung bestätigt, daß die Natur sich nicht begnügt habe, dem Manne zu Erleichterung
seiner Sorgen und Mühseligkeiten eine Gehülfin zu geben, sondern daß sie dieser auch,
durchgehends, die Begierde eingepflanzt habe, vermittelst eines höhern Grades von
Lebhaftigkeit und Gesprächigkeit zu gefallen. In Capitain Cooks gedruckter Reise-

*) Hawkesworths Gesch. der engl. See-Reisen in 4. dritter Band, S. 34.
Forsters Reise u. d. W. erster Th. O

in den Jahren 1772 bis 1775.
gleich auf der Stelle einen Umriß von ihrer Geſichtsbildung und aus ihren1773.
April.

Minen ließ ſich abnehmen, daß ſie begriffen was er vor hatte. Sie nann-
ten ihn desfalls tóa-tóa, welches Wort vermuthlich eine Beziehung auf die
bildenden Kuͤnſte haben mußte. Der Mann hatte ein ehrliches gefaͤlliges An-
ſehen, und die eine von den beyden Frauensperſonen, die wir fuͤr ſeine Tochter
hielten, ſahe gar nicht ſo unangenehm aus, als man in Neu-Seeland wohl haͤtte
vermuthen ſollen, die andre hingegen war ausnehmend haͤßlich und hatte an der
Ober-Lippe ein ungeheures garſtiges Gewaͤchs. Sie waren alle dunkelbraun
oder Olivenfarbicht, hatten ſchwarzes und lockichtes Haar, das mit Oehl und
Rothſtein eingeſchmiert, bey dem Mann oben auf dem Wirbel in einen Schopf
zuſammen gebunden, bey den Weibern aber kurz abgeſchnitten war. Den Ober-
theil des Coͤrpers fanden wir wohl gebildet; die Beine hingegen außerordentlich
duͤnne, uͤbel geſtaltet und krumm. Ihre Kleidung beſtand aus Matten von Neu-
Seelaͤndiſchen Flachs *) und war mit Federn durchwebt. In den Ohren tru-
gen ſie kleine Stuͤcke von Albatros-Haut, mit Roͤthel oder Ocher gefaͤrbt. Wir
boten ihnen einige Fiſche und Endten an, ſie warfen ſolche aber zuruͤck und ga-
ben uns zu verſtehen, daß ſie keinen Mangel an Lebensmitteln haͤtten. Die
einbrechende Nacht noͤthigte uns von unſern neuen Freunden Abſchied zu neh-
men, wir verſprachen ihnen aber, ſie morgen wieder zu beſuch[e]n. Bey der Ab-
fahrt ſahe uns der Mann in ernſthafter Stille und mit einer Aufmerkſamkeit
nach, welche tiefes Nachdenken anzuzeigen ſchien; die juͤngſte Frauensperſon hin-
gegen, die waͤhrend unſrer Anweſenheit in einem fort und mit ſo gelaͤufiger
Zunge geplaudert hatte, als keiner von uns je gehoͤrt zu haben, ſich erinnern konn-
te, ſieng nunmehro an zu tanzen, und fuhr fort eben ſo laut zu ſeyn als vorher.
Unſre Seeleute erlaubten ſich dieſes Umſtandes halber einige grobe Einfaͤlle auf Ko-
ſten des weiblichen Geſchlechts, wir aber fanden durch dieſes Betragen die Bemer-
kung beſtaͤtigt, daß die Natur ſich nicht begnuͤgt habe, dem Manne zu Erleichterung
ſeiner Sorgen und Muͤhſeligkeiten eine Gehuͤlfin zu geben, ſondern daß ſie dieſer auch,
durchgehends, die Begierde eingepflanzt habe, vermittelſt eines hoͤhern Grades von
Lebhaftigkeit und Geſpraͤchigkeit zu gefallen. In Capitain Cooks gedruckter Reiſe-

*) Hawkesworths Geſch. der engl. See-Reiſen in 4. dritter Band, S. 34.
Forſters Reiſe u. d. W. erſter Th. O
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[105/0156] in den Jahren 1772 bis 1775. gleich auf der Stelle einen Umriß von ihrer Geſichtsbildung und aus ihren Minen ließ ſich abnehmen, daß ſie begriffen was er vor hatte. Sie nann- ten ihn desfalls tóa-tóa, welches Wort vermuthlich eine Beziehung auf die bildenden Kuͤnſte haben mußte. Der Mann hatte ein ehrliches gefaͤlliges An- ſehen, und die eine von den beyden Frauensperſonen, die wir fuͤr ſeine Tochter hielten, ſahe gar nicht ſo unangenehm aus, als man in Neu-Seeland wohl haͤtte vermuthen ſollen, die andre hingegen war ausnehmend haͤßlich und hatte an der Ober-Lippe ein ungeheures garſtiges Gewaͤchs. Sie waren alle dunkelbraun oder Olivenfarbicht, hatten ſchwarzes und lockichtes Haar, das mit Oehl und Rothſtein eingeſchmiert, bey dem Mann oben auf dem Wirbel in einen Schopf zuſammen gebunden, bey den Weibern aber kurz abgeſchnitten war. Den Ober- theil des Coͤrpers fanden wir wohl gebildet; die Beine hingegen außerordentlich duͤnne, uͤbel geſtaltet und krumm. Ihre Kleidung beſtand aus Matten von Neu- Seelaͤndiſchen Flachs *) und war mit Federn durchwebt. In den Ohren tru- gen ſie kleine Stuͤcke von Albatros-Haut, mit Roͤthel oder Ocher gefaͤrbt. Wir boten ihnen einige Fiſche und Endten an, ſie warfen ſolche aber zuruͤck und ga- ben uns zu verſtehen, daß ſie keinen Mangel an Lebensmitteln haͤtten. Die einbrechende Nacht noͤthigte uns von unſern neuen Freunden Abſchied zu neh- men, wir verſprachen ihnen aber, ſie morgen wieder zu beſuchen. Bey der Ab- fahrt ſahe uns der Mann in ernſthafter Stille und mit einer Aufmerkſamkeit nach, welche tiefes Nachdenken anzuzeigen ſchien; die juͤngſte Frauensperſon hin- gegen, die waͤhrend unſrer Anweſenheit in einem fort und mit ſo gelaͤufiger Zunge geplaudert hatte, als keiner von uns je gehoͤrt zu haben, ſich erinnern konn- te, ſieng nunmehro an zu tanzen, und fuhr fort eben ſo laut zu ſeyn als vorher. Unſre Seeleute erlaubten ſich dieſes Umſtandes halber einige grobe Einfaͤlle auf Ko- ſten des weiblichen Geſchlechts, wir aber fanden durch dieſes Betragen die Bemer- kung beſtaͤtigt, daß die Natur ſich nicht begnuͤgt habe, dem Manne zu Erleichterung ſeiner Sorgen und Muͤhſeligkeiten eine Gehuͤlfin zu geben, ſondern daß ſie dieſer auch, durchgehends, die Begierde eingepflanzt habe, vermittelſt eines hoͤhern Grades von Lebhaftigkeit und Geſpraͤchigkeit zu gefallen. In Capitain Cooks gedruckter Reiſe- 1773. April. *) Hawkesworths Geſch. der engl. See-Reiſen in 4. dritter Band, S. 34. Forſters Reiſe u. d. W. erſter Th. O

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/156>, abgerufen am 21.11.2024.