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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

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in den Jahren 1772 bis 1775.

Orea und sein Sohn frühstückten mit uns und giengen, nach reichlicher1773.
Septem-
ber.

Erwiederung ihrer Geschenke, ans Land zurück. Wir folgten bald nachher und
wurden von ihm eingeladen, einem dramatischen Tanze oder Hiwa beyzuwoh-
nen, welches uns desto lieber war, da wir dergleichen noch nicht gesehen hatten.
Der Schauplatz bestand aus einem ebnen Wiesengrunde, der zwischen zweyen pa-
rallel liegenden Häusern mitten inne, ohngefähr 75 Fus lang und 15 Fus breit
war. Das größere dieser beyden Häuser konnte eine Menge Zuschauer fassen;
das andre hingegen, welches auf einer Reihe Pfosten stand, war nur eine enge
Hütte, nach dem Schauplatz hin offen, sonst aber überall zugehangen. Innerhalb
derselben hatte man eine Scheidewand von Gitterwerk und Matten gemacht,
hinter welcher sich die Schauspieler ankleideten. Der Fusboden war mit drey
großen, schön gearbeiteten, und auf den Ecken schwarz gestreiften Matten be-
legt. An der offnen Seite der kleinern Hütte standen drey, aus hartem Holze
geschnitzte und mit Hayfisch-Fell überzogene Trommeln, davon die größte ohn-
gefähr 3 Fuß hoch seyn und 12 Zoll im Durchschnitt halten mogte. Diese
wurden von vier oder fünf Leuten blos mit den Fingern, aber mit unglaubli-
cher Geschwindigkeit, geschlagen. Nachdem wir eine ganze Weile in dem ge-
genüber liegenden Hause, unter den vornehmsten Damen des Landes, gesessen
hatten, erschienen endlich die Actrizen. Eine derselben war Poyadua,
Orea's
schöne Tochter, und die zwote eine lange wohlgebildete Frau, schön von
Gesicht und Farbe. Die Kleidung dieser Tänzerinnen wich von ihrer sonst
gewöhnlichen Tracht merklich ab. Sie hatten ein Stück einländischen braunen
Zeuges, manche auch ein Stück blauen europäischen Tuches, dicht um die Brust
zusammengeschlagen, welches unsern glatt anliegenden Damens-Kleidern nicht
ungleich sahe. Um die Hüften war ein Wulst von vier, übereinander liegen-
den, Reihen ihres einheimischen Zeuges, wechselsweise von rother und weißer
Farbe, mit einem Stricke festgegürtet. Von da hieng eine Menge weißen
Zeuges, bis auf die Füße herab, und machte eine Art von Rock, der so lang
und weit war, daß wir fürchteten, er würde ihnen im Tanzen hinderlich
seyn. Hals, Schultern und Arme blieben nackend; auf dem Kopf aber tru-
gen sie eine Menge Flechten von Menschenhaaren, Tamau genannt, die zir-
kelförmig übereinander aufgethürmt lagen und einen ohngefähr 8 Zoll hohen

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in den Jahren 1772 bis 1775.

Orea und ſein Sohn fruͤhſtuͤckten mit uns und giengen, nach reichlicher1773.
Septem-
ber.

Erwiederung ihrer Geſchenke, ans Land zuruͤck. Wir folgten bald nachher und
wurden von ihm eingeladen, einem dramatiſchen Tanze oder Hiwa beyzuwoh-
nen, welches uns deſto lieber war, da wir dergleichen noch nicht geſehen hatten.
Der Schauplatz beſtand aus einem ebnen Wieſengrunde, der zwiſchen zweyen pa-
rallel liegenden Haͤuſern mitten inne, ohngefaͤhr 75 Fus lang und 15 Fus breit
war. Das groͤßere dieſer beyden Haͤuſer konnte eine Menge Zuſchauer faſſen;
das andre hingegen, welches auf einer Reihe Pfoſten ſtand, war nur eine enge
Huͤtte, nach dem Schauplatz hin offen, ſonſt aber uͤberall zugehangen. Innerhalb
derſelben hatte man eine Scheidewand von Gitterwerk und Matten gemacht,
hinter welcher ſich die Schauſpieler ankleideten. Der Fusboden war mit drey
großen, ſchoͤn gearbeiteten, und auf den Ecken ſchwarz geſtreiften Matten be-
legt. An der offnen Seite der kleinern Huͤtte ſtanden drey, aus hartem Holze
geſchnitzte und mit Hayfiſch-Fell uͤberzogene Trommeln, davon die groͤßte ohn-
gefaͤhr 3 Fuß hoch ſeyn und 12 Zoll im Durchſchnitt halten mogte. Dieſe
wurden von vier oder fuͤnf Leuten blos mit den Fingern, aber mit unglaubli-
cher Geſchwindigkeit, geſchlagen. Nachdem wir eine ganze Weile in dem ge-
genuͤber liegenden Hauſe, unter den vornehmſten Damen des Landes, geſeſſen
hatten, erſchienen endlich die Actrizen. Eine derſelben war Poyadua,
Orea’s
ſchoͤne Tochter, und die zwote eine lange wohlgebildete Frau, ſchoͤn von
Geſicht und Farbe. Die Kleidung dieſer Taͤnzerinnen wich von ihrer ſonſt
gewoͤhnlichen Tracht merklich ab. Sie hatten ein Stuͤck einlaͤndiſchen braunen
Zeuges, manche auch ein Stuͤck blauen europaͤiſchen Tuches, dicht um die Bruſt
zuſammengeſchlagen, welches unſern glatt anliegenden Damens-Kleidern nicht
ungleich ſahe. Um die Huͤften war ein Wulſt von vier, uͤbereinander liegen-
den, Reihen ihres einheimiſchen Zeuges, wechſelsweiſe von rother und weißer
Farbe, mit einem Stricke feſtgeguͤrtet. Von da hieng eine Menge weißen
Zeuges, bis auf die Fuͤße herab, und machte eine Art von Rock, der ſo lang
und weit war, daß wir fuͤrchteten, er wuͤrde ihnen im Tanzen hinderlich
ſeyn. Hals, Schultern und Arme blieben nackend; auf dem Kopf aber tru-
gen ſie eine Menge Flechten von Menſchenhaaren, Tamau genannt, die zir-
kelfoͤrmig uͤbereinander aufgethuͤrmt lagen und einen ohngefaͤhr 8 Zoll hohen

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[301/0356] in den Jahren 1772 bis 1775. Orea und ſein Sohn fruͤhſtuͤckten mit uns und giengen, nach reichlicher Erwiederung ihrer Geſchenke, ans Land zuruͤck. Wir folgten bald nachher und wurden von ihm eingeladen, einem dramatiſchen Tanze oder Hiwa beyzuwoh- nen, welches uns deſto lieber war, da wir dergleichen noch nicht geſehen hatten. Der Schauplatz beſtand aus einem ebnen Wieſengrunde, der zwiſchen zweyen pa- rallel liegenden Haͤuſern mitten inne, ohngefaͤhr 75 Fus lang und 15 Fus breit war. Das groͤßere dieſer beyden Haͤuſer konnte eine Menge Zuſchauer faſſen; das andre hingegen, welches auf einer Reihe Pfoſten ſtand, war nur eine enge Huͤtte, nach dem Schauplatz hin offen, ſonſt aber uͤberall zugehangen. Innerhalb derſelben hatte man eine Scheidewand von Gitterwerk und Matten gemacht, hinter welcher ſich die Schauſpieler ankleideten. Der Fusboden war mit drey großen, ſchoͤn gearbeiteten, und auf den Ecken ſchwarz geſtreiften Matten be- legt. An der offnen Seite der kleinern Huͤtte ſtanden drey, aus hartem Holze geſchnitzte und mit Hayfiſch-Fell uͤberzogene Trommeln, davon die groͤßte ohn- gefaͤhr 3 Fuß hoch ſeyn und 12 Zoll im Durchſchnitt halten mogte. Dieſe wurden von vier oder fuͤnf Leuten blos mit den Fingern, aber mit unglaubli- cher Geſchwindigkeit, geſchlagen. Nachdem wir eine ganze Weile in dem ge- genuͤber liegenden Hauſe, unter den vornehmſten Damen des Landes, geſeſſen hatten, erſchienen endlich die Actrizen. Eine derſelben war Poyadua, Orea’s ſchoͤne Tochter, und die zwote eine lange wohlgebildete Frau, ſchoͤn von Geſicht und Farbe. Die Kleidung dieſer Taͤnzerinnen wich von ihrer ſonſt gewoͤhnlichen Tracht merklich ab. Sie hatten ein Stuͤck einlaͤndiſchen braunen Zeuges, manche auch ein Stuͤck blauen europaͤiſchen Tuches, dicht um die Bruſt zuſammengeſchlagen, welches unſern glatt anliegenden Damens-Kleidern nicht ungleich ſahe. Um die Huͤften war ein Wulſt von vier, uͤbereinander liegen- den, Reihen ihres einheimiſchen Zeuges, wechſelsweiſe von rother und weißer Farbe, mit einem Stricke feſtgeguͤrtet. Von da hieng eine Menge weißen Zeuges, bis auf die Fuͤße herab, und machte eine Art von Rock, der ſo lang und weit war, daß wir fuͤrchteten, er wuͤrde ihnen im Tanzen hinderlich ſeyn. Hals, Schultern und Arme blieben nackend; auf dem Kopf aber tru- gen ſie eine Menge Flechten von Menſchenhaaren, Tamau genannt, die zir- kelfoͤrmig uͤbereinander aufgethuͤrmt lagen und einen ohngefaͤhr 8 Zoll hohen 1773. Septem- ber. P p 3

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/356>, abgerufen am 21.11.2024.