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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

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in den Jahren 1772 bis 1775.
ten den zweyten Act des Tanzes an, der von zwey Frauenspersonen, ohngefähr so1773.
Septem-
ber.

wie der erste, aufgeführt ward; alsdenn traten die Mannspersonen abermals auf;
und endlich beschlossen die Tänzerinnen das Schauspiel mit einem vierten Tanz-
Acte. Nach Endigung dieses letztern, setzten sie sich ganz abgemattet und in heftiger
Transpiration nieder. Eine Tänzerinn insbesondre, die etwas stark war, hatte von
der Erhitzung eine sichtbare Röthe im Gesicht bekommen, woraus man abnehmen
kann, wie fein und weiß, vergleichungsweise, ihre Haut gewesen seyn müsse. Orea's
Tochter hatte ihre Rolle bewundrungswürdig schön gemacht, ohnerachtet sie sich
erst gestern, zweymal, in einem solchen Hiwa hatte sehen lassen. Die Officiers
beyder Schiffe, und auch wir überhäuften die Tänzerinnen, zur wohlverdien-
ten Belohnung ihrer Geschicklichkeit, mit Corallen und anderm Putzwerk.

Nachmittags kam U-Uru, der König von Raietea, nebst Orea und ver-
schiednen Damen ans Schiff, um Capitain Cook zu besuchen. Er brachte ein
Schwein zum Geschenk mit und erhielt dagegen allerhand europäische Waaren.
Unter den Frauenzimmern, die ihn begleiteten, war auch die Tänzerinn, deren
schöne Farbe wir so sehr bewundert hatten. Sie hieß Teina oder Teinamai,
und die gewöhnliche Kleidung, in welcher sie jetzt erschien, stand ihr ungleich
besser als der schwerfällige thearralische Habit. Ihr langes unverschnittnes Haar
war mit einem schmalen Streif weißen Zeuges nachläßig durchflochten und fiel in
natürliche Locken, schöner als die Fantasie eines Mahlers solche je geformt hat.
Ihre Augen blickten voll Feuer und Ausdruck aus dem rundlichen Gesicht her-
vor, über welches ein angenehmes Lächeln verbreitet war. Herr Hodges
suchte sie bey dieser Gelegenheit abzuzeichnen, ihre Lebhaftigkeit und Flüchtigkeit
aber machten es ihm ungemein schwer, ja fast ohnmöglich. Dies ist auch wahr-
scheinlicherweise Ursach, weshalb es ihm mit diesem Bildniß, welches sich in
Capitain Cooks eigner Nachricht von gegenwärtiger Reise befindet, nicht so
gut als sonst, hat glücken wollen. So meisterhaft dasselbe auch von Herrn
Sherwin in Kupfer gestochen ist; so bleibt es dennoch unendlich weit unter der
Delicatesse des reizenden Originals. Fehlt ihm indessen gleich die Aehnlichkeit
mit der Person die es eigentlich vorstellen soll; so kann man es doch als eine
Probe von der gewöhnlichen Gesichtsbildung dieser und der benachbarten In-
sulaner gelten lassen, und sich, nach demselben, einen ziemlich richtigen Begriff

in den Jahren 1772 bis 1775.
ten den zweyten Act des Tanzes an, der von zwey Frauensperſonen, ohngefaͤhr ſo1773.
Septem-
ber.

wie der erſte, aufgefuͤhrt ward; alsdenn traten die Mannsperſonen abermals auf;
und endlich beſchloſſen die Taͤnzerinnen das Schauſpiel mit einem vierten Tanz-
Acte. Nach Endigung dieſes letztern, ſetzten ſie ſich ganz abgemattet und in heftiger
Tranſpiration nieder. Eine Taͤnzerinn insbeſondre, die etwas ſtark war, hatte von
der Erhitzung eine ſichtbare Roͤthe im Geſicht bekommen, woraus man abnehmen
kann, wie fein und weiß, vergleichungsweiſe, ihre Haut geweſen ſeyn muͤſſe. Orea’s
Tochter hatte ihre Rolle bewundrungswuͤrdig ſchoͤn gemacht, ohnerachtet ſie ſich
erſt geſtern, zweymal, in einem ſolchen Hiwa hatte ſehen laſſen. Die Officiers
beyder Schiffe, und auch wir uͤberhaͤuften die Taͤnzerinnen, zur wohlverdien-
ten Belohnung ihrer Geſchicklichkeit, mit Corallen und anderm Putzwerk.

Nachmittags kam U-Uru, der Koͤnig von Raietea, nebſt Orea und ver-
ſchiednen Damen ans Schiff, um Capitain Cook zu beſuchen. Er brachte ein
Schwein zum Geſchenk mit und erhielt dagegen allerhand europaͤiſche Waaren.
Unter den Frauenzimmern, die ihn begleiteten, war auch die Taͤnzerinn, deren
ſchoͤne Farbe wir ſo ſehr bewundert hatten. Sie hieß Teina oder Teinamai,
und die gewoͤhnliche Kleidung, in welcher ſie jetzt erſchien, ſtand ihr ungleich
beſſer als der ſchwerfaͤllige thearraliſche Habit. Ihr langes unverſchnittnes Haar
war mit einem ſchmalen Streif weißen Zeuges nachlaͤßig durchflochten und fiel in
natuͤrliche Locken, ſchoͤner als die Fantaſie eines Mahlers ſolche je geformt hat.
Ihre Augen blickten voll Feuer und Ausdruck aus dem rundlichen Geſicht her-
vor, uͤber welches ein angenehmes Laͤcheln verbreitet war. Herr Hodges
ſuchte ſie bey dieſer Gelegenheit abzuzeichnen, ihre Lebhaftigkeit und Fluͤchtigkeit
aber machten es ihm ungemein ſchwer, ja faſt ohnmoͤglich. Dies iſt auch wahr-
ſcheinlicherweiſe Urſach, weshalb es ihm mit dieſem Bildniß, welches ſich in
Capitain Cooks eigner Nachricht von gegenwaͤrtiger Reiſe befindet, nicht ſo
gut als ſonſt, hat gluͤcken wollen. So meiſterhaft daſſelbe auch von Herrn
Sherwin in Kupfer geſtochen iſt; ſo bleibt es dennoch unendlich weit unter der
Delicateſſe des reizenden Originals. Fehlt ihm indeſſen gleich die Aehnlichkeit
mit der Perſon die es eigentlich vorſtellen ſoll; ſo kann man es doch als eine
Probe von der gewoͤhnlichen Geſichtsbildung dieſer und der benachbarten In-
ſulaner gelten laſſen, und ſich, nach demſelben, einen ziemlich richtigen Begriff

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[303/0358] in den Jahren 1772 bis 1775. ten den zweyten Act des Tanzes an, der von zwey Frauensperſonen, ohngefaͤhr ſo wie der erſte, aufgefuͤhrt ward; alsdenn traten die Mannsperſonen abermals auf; und endlich beſchloſſen die Taͤnzerinnen das Schauſpiel mit einem vierten Tanz- Acte. Nach Endigung dieſes letztern, ſetzten ſie ſich ganz abgemattet und in heftiger Tranſpiration nieder. Eine Taͤnzerinn insbeſondre, die etwas ſtark war, hatte von der Erhitzung eine ſichtbare Roͤthe im Geſicht bekommen, woraus man abnehmen kann, wie fein und weiß, vergleichungsweiſe, ihre Haut geweſen ſeyn muͤſſe. Orea’s Tochter hatte ihre Rolle bewundrungswuͤrdig ſchoͤn gemacht, ohnerachtet ſie ſich erſt geſtern, zweymal, in einem ſolchen Hiwa hatte ſehen laſſen. Die Officiers beyder Schiffe, und auch wir uͤberhaͤuften die Taͤnzerinnen, zur wohlverdien- ten Belohnung ihrer Geſchicklichkeit, mit Corallen und anderm Putzwerk. 1773. Septem- ber. Nachmittags kam U-Uru, der Koͤnig von Raietea, nebſt Orea und ver- ſchiednen Damen ans Schiff, um Capitain Cook zu beſuchen. Er brachte ein Schwein zum Geſchenk mit und erhielt dagegen allerhand europaͤiſche Waaren. Unter den Frauenzimmern, die ihn begleiteten, war auch die Taͤnzerinn, deren ſchoͤne Farbe wir ſo ſehr bewundert hatten. Sie hieß Teina oder Teinamai, und die gewoͤhnliche Kleidung, in welcher ſie jetzt erſchien, ſtand ihr ungleich beſſer als der ſchwerfaͤllige thearraliſche Habit. Ihr langes unverſchnittnes Haar war mit einem ſchmalen Streif weißen Zeuges nachlaͤßig durchflochten und fiel in natuͤrliche Locken, ſchoͤner als die Fantaſie eines Mahlers ſolche je geformt hat. Ihre Augen blickten voll Feuer und Ausdruck aus dem rundlichen Geſicht her- vor, uͤber welches ein angenehmes Laͤcheln verbreitet war. Herr Hodges ſuchte ſie bey dieſer Gelegenheit abzuzeichnen, ihre Lebhaftigkeit und Fluͤchtigkeit aber machten es ihm ungemein ſchwer, ja faſt ohnmoͤglich. Dies iſt auch wahr- ſcheinlicherweiſe Urſach, weshalb es ihm mit dieſem Bildniß, welches ſich in Capitain Cooks eigner Nachricht von gegenwaͤrtiger Reiſe befindet, nicht ſo gut als ſonſt, hat gluͤcken wollen. So meiſterhaft daſſelbe auch von Herrn Sherwin in Kupfer geſtochen iſt; ſo bleibt es dennoch unendlich weit unter der Delicateſſe des reizenden Originals. Fehlt ihm indeſſen gleich die Aehnlichkeit mit der Perſon die es eigentlich vorſtellen ſoll; ſo kann man es doch als eine Probe von der gewoͤhnlichen Geſichtsbildung dieſer und der benachbarten In- ſulaner gelten laſſen, und ſich, nach demſelben, einen ziemlich richtigen Begriff

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/358>, abgerufen am 22.11.2024.