Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.in den Jahren 1772 bis 1775. leyen anwenden, um das vorige Zutrauen wieder zu gewinnen. Corallen,1773.Septem- ber. Nägel und Beile leisteten uns hiebey die besten Dienste. Orea's Anverwand- ten klagten uns, Capitain Cook würde sie gefangen nehmen, um ihre Lands- leute dadurch zu zwingen, daß sie unsre nach O-Taha entlaufnen Matrosen wieder herbeybringen sollten. Nun sahen wir ihren Irrthum ein, und versi- cherten ihnen, diese Leute wären keinesweges entlaufen, sondern würden ganz gewiß noch heute wieder kommen. Orea war aber damit noch nicht zufrieden, sondern nannte jede Hauptperson in beyden Booten bey Namen, und frug bey einem jeden insbesondre, ob auch der wiederkommen würde? Da ihm nun durchaus mit Ja geantwortet wurde, so gab er sich endlich zufrieden. Indem wir also mit Orea's Familie in einem Cirkel beysammen saßen, kam Porea un- ser Tahitier, der mit nach England gehen wollte, eiligst zum Capitain gelau- fen, händigte ihm das Pulverhorn ein, welches er bis dahin beständig in Ver- wahrung gehabt hatte, und sagte mit wenig Worten, er würde sogleich wieder- kommen. Nachdem wir aber eine lange Weile vergebens gewartet, so mußten wir end- lich ohne ihn ans Schiff zurückkehren, bekamen ihn auch nachher nie wieder zu Ge- sicht. Von den Einwohnern wußte uns niemand zu sagen wo er hingekommen sey, und damit kein neuer Allarm unter ihnen entstehen mögte, wollte der Capitain auch eben nicht gar zu scharfe Nachfrage halten. Nach Tische begleitete ich den Capitain abermals um dem Orea einen Besuch abzustatten. Bey dieser Gelegenheit wandte sich ein schöner junger Mensch an mich, und bat, daß wir ihn mit nach England nehmen möchten. Er hieß O-Hedidi, war ohngefehr siebenzehen Jahr alt und schien, der Farbe und Kleidung nach, von gutem Her- kommen zu seyn. Ich wollte anfänglich nicht glauben, daß er das bequeme Leben der vornehmern Leute auf diesen Inseln zu verlassen geneigt sey, und erzählte ihm mit lächelndem Munde was für Unannehmlichkeiten er sich durch seinen Entschluß aussetzen würde. Aber alle meine Vorstellungen, daß er rauhe Witterung an- treffen, und mit ungewohnter schlechter Kost würde vorlieb nehmen müssen, vermogten bey ihm nichts. Er blieb bey seinem Vorsatz, und endlich stimmten auch viele seiner Freunde in den Wunsch ein, daß man ihn mitnehmen mögte. Ich stellte ihn also dem Capitain Cook vor, der ohne Schwierigkeit in sein Verlangen willigte. Hierauf kehrten wir alle an Bord zurück, und noch vor Q q 3
in den Jahren 1772 bis 1775. leyen anwenden, um das vorige Zutrauen wieder zu gewinnen. Corallen,1773.Septem- ber. Naͤgel und Beile leiſteten uns hiebey die beſten Dienſte. Orea’s Anverwand- ten klagten uns, Capitain Cook wuͤrde ſie gefangen nehmen, um ihre Lands- leute dadurch zu zwingen, daß ſie unſre nach O-Taha entlaufnen Matroſen wieder herbeybringen ſollten. Nun ſahen wir ihren Irrthum ein, und verſi- cherten ihnen, dieſe Leute waͤren keinesweges entlaufen, ſondern wuͤrden ganz gewiß noch heute wieder kommen. Orea war aber damit noch nicht zufrieden, ſondern nannte jede Hauptperſon in beyden Booten bey Namen, und frug bey einem jeden insbeſondre, ob auch der wiederkommen wuͤrde? Da ihm nun durchaus mit Ja geantwortet wurde, ſo gab er ſich endlich zufrieden. Indem wir alſo mit Orea’s Familie in einem Cirkel beyſammen ſaßen, kam Porea un- ſer Tahitier, der mit nach England gehen wollte, eiligſt zum Capitain gelau- fen, haͤndigte ihm das Pulverhorn ein, welches er bis dahin beſtaͤndig in Ver- wahrung gehabt hatte, und ſagte mit wenig Worten, er wuͤrde ſogleich wieder- kommen. Nachdem wir aber eine lange Weile vergebens gewartet, ſo mußten wir end- lich ohne ihn ans Schiff zuruͤckkehren, bekamen ihn auch nachher nie wieder zu Ge- ſicht. Von den Einwohnern wußte uns niemand zu ſagen wo er hingekommen ſey, und damit kein neuer Allarm unter ihnen entſtehen moͤgte, wollte der Capitain auch eben nicht gar zu ſcharfe Nachfrage halten. Nach Tiſche begleitete ich den Capitain abermals um dem Orea einen Beſuch abzuſtatten. Bey dieſer Gelegenheit wandte ſich ein ſchoͤner junger Menſch an mich, und bat, daß wir ihn mit nach England nehmen moͤchten. Er hieß O-Hedidi, war ohngefehr ſiebenzehen Jahr alt und ſchien, der Farbe und Kleidung nach, von gutem Her- kommen zu ſeyn. Ich wollte anfaͤnglich nicht glauben, daß er das bequeme Leben der vornehmern Leute auf dieſen Inſeln zu verlaſſen geneigt ſey, und erzaͤhlte ihm mit laͤchelndem Munde was fuͤr Unannehmlichkeiten er ſich durch ſeinen Entſchluß ausſetzen wuͤrde. Aber alle meine Vorſtellungen, daß er rauhe Witterung an- treffen, und mit ungewohnter ſchlechter Koſt wuͤrde vorlieb nehmen muͤſſen, vermogten bey ihm nichts. Er blieb bey ſeinem Vorſatz, und endlich ſtimmten auch viele ſeiner Freunde in den Wunſch ein, daß man ihn mitnehmen moͤgte. Ich ſtellte ihn alſo dem Capitain Cook vor, der ohne Schwierigkeit in ſein Verlangen willigte. Hierauf kehrten wir alle an Bord zuruͤck, und noch vor Q q 3
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in den Jahren 1772 bis 1775.
leyen anwenden, um das vorige Zutrauen wieder zu gewinnen. Corallen,
Naͤgel und Beile leiſteten uns hiebey die beſten Dienſte. Orea’s Anverwand-
ten klagten uns, Capitain Cook wuͤrde ſie gefangen nehmen, um ihre Lands-
leute dadurch zu zwingen, daß ſie unſre nach O-Taha entlaufnen Matroſen
wieder herbeybringen ſollten. Nun ſahen wir ihren Irrthum ein, und verſi-
cherten ihnen, dieſe Leute waͤren keinesweges entlaufen, ſondern wuͤrden ganz
gewiß noch heute wieder kommen. Orea war aber damit noch nicht zufrieden,
ſondern nannte jede Hauptperſon in beyden Booten bey Namen, und frug bey
einem jeden insbeſondre, ob auch der wiederkommen wuͤrde? Da ihm nun
durchaus mit Ja geantwortet wurde, ſo gab er ſich endlich zufrieden. Indem
wir alſo mit Orea’s Familie in einem Cirkel beyſammen ſaßen, kam Porea un-
ſer Tahitier, der mit nach England gehen wollte, eiligſt zum Capitain gelau-
fen, haͤndigte ihm das Pulverhorn ein, welches er bis dahin beſtaͤndig in Ver-
wahrung gehabt hatte, und ſagte mit wenig Worten, er wuͤrde ſogleich wieder-
kommen. Nachdem wir aber eine lange Weile vergebens gewartet, ſo mußten wir end-
lich ohne ihn ans Schiff zuruͤckkehren, bekamen ihn auch nachher nie wieder zu Ge-
ſicht. Von den Einwohnern wußte uns niemand zu ſagen wo er hingekommen ſey,
und damit kein neuer Allarm unter ihnen entſtehen moͤgte, wollte der Capitain
auch eben nicht gar zu ſcharfe Nachfrage halten. Nach Tiſche begleitete ich
den Capitain abermals um dem Orea einen Beſuch abzuſtatten. Bey dieſer
Gelegenheit wandte ſich ein ſchoͤner junger Menſch an mich, und bat, daß wir
ihn mit nach England nehmen moͤchten. Er hieß O-Hedidi, war ohngefehr
ſiebenzehen Jahr alt und ſchien, der Farbe und Kleidung nach, von gutem Her-
kommen zu ſeyn. Ich wollte anfaͤnglich nicht glauben, daß er das bequeme Leben
der vornehmern Leute auf dieſen Inſeln zu verlaſſen geneigt ſey, und erzaͤhlte ihm
mit laͤchelndem Munde was fuͤr Unannehmlichkeiten er ſich durch ſeinen Entſchluß
ausſetzen wuͤrde. Aber alle meine Vorſtellungen, daß er rauhe Witterung an-
treffen, und mit ungewohnter ſchlechter Koſt wuͤrde vorlieb nehmen muͤſſen,
vermogten bey ihm nichts. Er blieb bey ſeinem Vorſatz, und endlich ſtimmten
auch viele ſeiner Freunde in den Wunſch ein, daß man ihn mitnehmen moͤgte.
Ich ſtellte ihn alſo dem Capitain Cook vor, der ohne Schwierigkeit in ſein
Verlangen willigte. Hierauf kehrten wir alle an Bord zuruͤck, und noch vor
1773.
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