Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

Einleitung.
Norden; Capitain Cook sey in einen großen Meerbusen gerathen; oder wenn
man ja etwas zugeben müsse, so dürfe das feste Land nur um 10 Grade
weiter zurückgelegt werden. Ueberdem wäre ja auch das Meer um den
Südpol nach allen Himmelsgegenden bis zum 50sten, und an einigen Orten
bis zum 40sten Grad der Breite, zur Zeit noch immer ganz unberührt gebliebes
und noch von keinem Schiffe befahren! Um nun diesem Streit wegen eines solchen
festen Landes ein Ende zu machen, gieng unsre Reise auf Befehl Sr. Königl. Gros-
brittannischen Majestät vor sich. Capitain Cook erhielt Befehl, die Sommer-Mo-
nathe *) zu Entdeckungen, gegen den Südpol hin, anzuwenden; sobald aber die Jah-
reszeit kalt, stürmisch, neblicht und unsicher würde, nach den Wendezirkeln zurück-
zukehren und die Lage der ehemals entdeckten Inseln, vermittelst unsrer jetzigen astro-
nomischen Instrumente und neuen Berechnungen genauer zu bestimmen. Fände er
kein großes festes Land, so sollte er, so nahe am Südpol als immer möglich, ostwärts
laufen, bis er die Erdkugel umseegelt hätte. Unter allen Reisen um die Welt ist
die unsrige auch würklich die erste, die von Westen nach Osten gerichtet worden.

Man hatte auf Capitain Byrons, Wallis und Carterets Reisen er-
fahren, daß die dazu gebrauchten Kriegs-Schiffe, der Delphin und die (Swal-
low) Schwalbe, übel gewählt wären, vornemlich weil sie keinen hinlänglichen
Vorrath von Lebensmitteln und Geräthschaften einnehmen konnten. Capitain
Cook suchte sich also, schon bey seiner ersten Reise, ein Fahrzeug von ganz anderer
Bauart, nemlich eins von denen Schiffen aus, die in England zum Transport
der Steinkohlen gebraucht werden. Ein Schiff, das zu Entdeckungs-Reisen recht
tauglich seyn soll, muß, sagte er, nach Verhältniß seiner Bemannung, Lebensmit-
tel und andere Vorräthe, wenigstens für drey Jahr lang, füglich in sich fassen
können, aber bey alledem weder sehr große seyn, noch sehr tief im Wasser
gehen, damit es zur Noth in den engsten und seichtesten Haven einlaufen könne.
Auch muß es nicht leicht auf dem Grunde sitzen bleiben, am Boden allenfalls ei-
nen Stos aushalten, und wenn ja eine Ausbesserung nöthig seyn sollte, mit leich-

*) Es versteht sich, daß hier vom Sommer der südlichen Halbkugel die Rede ist, der un-
serm Winter entspricht.

Einleitung.
Norden; Capitain Cook ſey in einen großen Meerbuſen gerathen; oder wenn
man ja etwas zugeben muͤſſe, ſo duͤrfe das feſte Land nur um 10 Grade
weiter zuruͤckgelegt werden. Ueberdem waͤre ja auch das Meer um den
Suͤdpol nach allen Himmelsgegenden bis zum 50ſten, und an einigen Orten
bis zum 40ſten Grad der Breite, zur Zeit noch immer ganz unberuͤhrt gebliebes
und noch von keinem Schiffe befahren! Um nun dieſem Streit wegen eines ſolchen
feſten Landes ein Ende zu machen, gieng unſre Reiſe auf Befehl Sr. Koͤnigl. Gros-
brittanniſchen Majeſtaͤt vor ſich. Capitain Cook erhielt Befehl, die Sommer-Mo-
nathe *) zu Entdeckungen, gegen den Suͤdpol hin, anzuwenden; ſobald aber die Jah-
reszeit kalt, ſtuͤrmiſch, neblicht und unſicher wuͤrde, nach den Wendezirkeln zuruͤck-
zukehren und die Lage der ehemals entdeckten Inſeln, vermittelſt unſrer jetzigen aſtro-
nomiſchen Inſtrumente und neuen Berechnungen genauer zu beſtimmen. Faͤnde er
kein großes feſtes Land, ſo ſollte er, ſo nahe am Suͤdpol als immer moͤglich, oſtwaͤrts
laufen, bis er die Erdkugel umſeegelt haͤtte. Unter allen Reiſen um die Welt iſt
die unſrige auch wuͤrklich die erſte, die von Weſten nach Oſten gerichtet worden.

Man hatte auf Capitain Byrons, Wallis und Carterets Reiſen er-
fahren, daß die dazu gebrauchten Kriegs-Schiffe, der Delphin und die (Swal-
low) Schwalbe, uͤbel gewaͤhlt waͤren, vornemlich weil ſie keinen hinlaͤnglichen
Vorrath von Lebensmitteln und Geraͤthſchaften einnehmen konnten. Capitain
Cook ſuchte ſich alſo, ſchon bey ſeiner erſten Reiſe, ein Fahrzeug von ganz anderer
Bauart, nemlich eins von denen Schiffen aus, die in England zum Transport
der Steinkohlen gebraucht werden. Ein Schiff, das zu Entdeckungs-Reiſen recht
tauglich ſeyn ſoll, muß, ſagte er, nach Verhaͤltniß ſeiner Bemannung, Lebensmit-
tel und andere Vorraͤthe, wenigſtens fuͤr drey Jahr lang, fuͤglich in ſich faſſen
koͤnnen, aber bey alledem weder ſehr große ſeyn, noch ſehr tief im Waſſer
gehen, damit es zur Noth in den engſten und ſeichteſten Haven einlaufen koͤnne.
Auch muß es nicht leicht auf dem Grunde ſitzen bleiben, am Boden allenfalls ei-
nen Stos aushalten, und wenn ja eine Ausbeſſerung noͤthig ſeyn ſollte, mit leich-

*) Es verſteht ſich, daß hier vom Sommer der ſuͤdlichen Halbkugel die Rede iſt, der un-
ſerm Winter entſpricht.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0037"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Einleitung</hi>.</hi></fw><lb/>
Norden; Capitain <hi rendition="#fr"><persName>Cook</persName></hi> &#x017F;ey in einen großen Meerbu&#x017F;en gerathen; oder wenn<lb/>
man ja etwas zugeben mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, &#x017F;o du&#x0364;rfe das fe&#x017F;te Land nur um 10 Grade<lb/>
weiter zuru&#x0364;ckgelegt werden. Ueberdem wa&#x0364;re ja auch das Meer um den<lb/><placeName>Su&#x0364;dpol</placeName> nach allen Himmelsgegenden bis zum 50&#x017F;ten, und an einigen Orten<lb/>
bis zum 40&#x017F;ten Grad der Breite, zur Zeit noch immer ganz unberu&#x0364;hrt gebliebes<lb/>
und noch von keinem Schiffe befahren! Um nun die&#x017F;em Streit wegen eines &#x017F;olchen<lb/>
fe&#x017F;ten Landes ein Ende zu machen, gieng un&#x017F;re Rei&#x017F;e auf Befehl Sr. Ko&#x0364;nigl. Gros-<lb/>
brittanni&#x017F;chen Maje&#x017F;ta&#x0364;t vor &#x017F;ich. Capitain <hi rendition="#fr"><persName>Cook</persName></hi> erhielt Befehl, die Sommer-Mo-<lb/>
nathe <note place="foot" n="*)">Es ver&#x017F;teht &#x017F;ich, daß hier vom Sommer der &#x017F;u&#x0364;dlichen Halbkugel die Rede i&#x017F;t, der un-<lb/>
&#x017F;erm Winter ent&#x017F;pricht.</note> zu Entdeckungen, gegen den <placeName>Su&#x0364;dpol</placeName> hin, anzuwenden; &#x017F;obald aber die Jah-<lb/>
reszeit kalt, &#x017F;tu&#x0364;rmi&#x017F;ch, neblicht und un&#x017F;icher wu&#x0364;rde, nach den Wendezirkeln zuru&#x0364;ck-<lb/>
zukehren und die Lage der ehemals entdeckten In&#x017F;eln, vermittel&#x017F;t un&#x017F;rer jetzigen a&#x017F;tro-<lb/>
nomi&#x017F;chen In&#x017F;trumente und neuen Berechnungen genauer zu be&#x017F;timmen. Fa&#x0364;nde er<lb/>
kein großes fe&#x017F;tes Land, &#x017F;o &#x017F;ollte er, &#x017F;o nahe am <placeName>Su&#x0364;dpol</placeName> als immer mo&#x0364;glich, o&#x017F;twa&#x0364;rts<lb/>
laufen, bis er die Erdkugel um&#x017F;eegelt ha&#x0364;tte. Unter allen Rei&#x017F;en um die Welt i&#x017F;t<lb/>
die un&#x017F;rige auch wu&#x0364;rklich die er&#x017F;te, die von We&#x017F;ten nach O&#x017F;ten gerichtet worden.</p><lb/>
        <p>Man hatte auf Capitain <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq"><persName>Byrons</persName>, <persName>Wallis</persName></hi></hi> und <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq"><persName>Carterets</persName></hi></hi> Rei&#x017F;en er-<lb/>
fahren, daß die dazu gebrauchten Kriegs-Schiffe, der Delphin und die (Swal-<lb/>
low) Schwalbe, u&#x0364;bel gewa&#x0364;hlt wa&#x0364;ren, vornemlich weil &#x017F;ie keinen hinla&#x0364;nglichen<lb/>
Vorrath von Lebensmitteln und Gera&#x0364;th&#x017F;chaften einnehmen konnten. Capitain<lb/><hi rendition="#fr"><persName>Cook</persName></hi> &#x017F;uchte &#x017F;ich al&#x017F;o, &#x017F;chon bey &#x017F;einer er&#x017F;ten Rei&#x017F;e, ein Fahrzeug von ganz anderer<lb/>
Bauart, nemlich eins von denen Schiffen aus, die in <placeName>England</placeName> zum Transport<lb/>
der Steinkohlen gebraucht werden. Ein Schiff, das zu Entdeckungs-Rei&#x017F;en recht<lb/>
tauglich &#x017F;eyn &#x017F;oll, muß, &#x017F;agte er, nach Verha&#x0364;ltniß &#x017F;einer Bemannung, Lebensmit-<lb/>
tel und andere Vorra&#x0364;the, wenig&#x017F;tens fu&#x0364;r drey Jahr lang, fu&#x0364;glich in &#x017F;ich fa&#x017F;&#x017F;en<lb/>
ko&#x0364;nnen, aber bey alledem weder &#x017F;ehr große &#x017F;eyn, noch &#x017F;ehr tief im Wa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
gehen, damit es zur Noth in den eng&#x017F;ten und &#x017F;eichte&#x017F;ten Haven einlaufen ko&#x0364;nne.<lb/>
Auch muß es nicht leicht auf dem Grunde &#x017F;itzen bleiben, am Boden allenfalls ei-<lb/>
nen Stos aushalten, und wenn ja eine Ausbe&#x017F;&#x017F;erung no&#x0364;thig &#x017F;eyn &#x017F;ollte, mit leich-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0037] Einleitung. Norden; Capitain Cook ſey in einen großen Meerbuſen gerathen; oder wenn man ja etwas zugeben muͤſſe, ſo duͤrfe das feſte Land nur um 10 Grade weiter zuruͤckgelegt werden. Ueberdem waͤre ja auch das Meer um den Suͤdpol nach allen Himmelsgegenden bis zum 50ſten, und an einigen Orten bis zum 40ſten Grad der Breite, zur Zeit noch immer ganz unberuͤhrt gebliebes und noch von keinem Schiffe befahren! Um nun dieſem Streit wegen eines ſolchen feſten Landes ein Ende zu machen, gieng unſre Reiſe auf Befehl Sr. Koͤnigl. Gros- brittanniſchen Majeſtaͤt vor ſich. Capitain Cook erhielt Befehl, die Sommer-Mo- nathe *) zu Entdeckungen, gegen den Suͤdpol hin, anzuwenden; ſobald aber die Jah- reszeit kalt, ſtuͤrmiſch, neblicht und unſicher wuͤrde, nach den Wendezirkeln zuruͤck- zukehren und die Lage der ehemals entdeckten Inſeln, vermittelſt unſrer jetzigen aſtro- nomiſchen Inſtrumente und neuen Berechnungen genauer zu beſtimmen. Faͤnde er kein großes feſtes Land, ſo ſollte er, ſo nahe am Suͤdpol als immer moͤglich, oſtwaͤrts laufen, bis er die Erdkugel umſeegelt haͤtte. Unter allen Reiſen um die Welt iſt die unſrige auch wuͤrklich die erſte, die von Weſten nach Oſten gerichtet worden. Man hatte auf Capitain Byrons, Wallis und Carterets Reiſen er- fahren, daß die dazu gebrauchten Kriegs-Schiffe, der Delphin und die (Swal- low) Schwalbe, uͤbel gewaͤhlt waͤren, vornemlich weil ſie keinen hinlaͤnglichen Vorrath von Lebensmitteln und Geraͤthſchaften einnehmen konnten. Capitain Cook ſuchte ſich alſo, ſchon bey ſeiner erſten Reiſe, ein Fahrzeug von ganz anderer Bauart, nemlich eins von denen Schiffen aus, die in England zum Transport der Steinkohlen gebraucht werden. Ein Schiff, das zu Entdeckungs-Reiſen recht tauglich ſeyn ſoll, muß, ſagte er, nach Verhaͤltniß ſeiner Bemannung, Lebensmit- tel und andere Vorraͤthe, wenigſtens fuͤr drey Jahr lang, fuͤglich in ſich faſſen koͤnnen, aber bey alledem weder ſehr große ſeyn, noch ſehr tief im Waſſer gehen, damit es zur Noth in den engſten und ſeichteſten Haven einlaufen koͤnne. Auch muß es nicht leicht auf dem Grunde ſitzen bleiben, am Boden allenfalls ei- nen Stos aushalten, und wenn ja eine Ausbeſſerung noͤthig ſeyn ſollte, mit leich- *) Es verſteht ſich, daß hier vom Sommer der ſuͤdlichen Halbkugel die Rede iſt, der un- ſerm Winter entſpricht.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/37
Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/37>, abgerufen am 21.11.2024.