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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

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Forster's Reise um die Welt
1773.
Novem-
ber.
zeln ab, und bewog zween derselben ihn nebst Herrn Whitehouse in den Wald
zu begleiten, und sie die Pflanze kennen zu lehren, von welcher diese Wurzel
kömmt. Im völligen Vertrauen auf die Rechtschaffenheit ihrer wilden Führer,
folgten sie denselben ganz unbewafnet; nachdem sie ein gut Stück Weges mit
einander gegangen waren, zeigten ihnen jene eine Art von Farrenbaum, der
hier zu Lande Mamaghu genannt wird, mit dem Bedeuten, daß eben dieser
die vorgedachte esbare Wurzel liefere. Sie lehreten sie auch den Unterschied
zwischen dem Mamaghu und dem Ponga, welches ein anderer Baum ist, der
jenem sehr ähnlich siehet, dessen Wurzel aber nicht zu genießen ist. Beyde
gehören zum Geschlecht der Farrnbäume. Bey ersterem ist der innere Theil des
Holzes, oder das Herz des Stammes, eine weiche pulpöse Substanz, die beym
Durchschneiden einen röthlichen klebrichten Saft von sich gab, der ungemein viel
Aehnlichkeit mit dem Sago hatte. Im Grunde ist auch der wahre Sago-
baum
selbst nichts anders als eine Art von Farrenbaum. Die gute eßbare
Wurzel des Mamaghu muß aber nicht mit der Wurzel des Farrenkrauts
(acrostichum furcatum Linnaei) verwechselt werden, denn letztere, die der
Neu-Seeländer gewöhnlichste Speise zu seyn pflegt, ist fast durchaus holzig
und weder schmackhaft noch nährend. Die Einwohner braten sie eine Weile
über dem Feuer und schlagen oder quetschen sie hierauf zwischen zween Steinen
oder zwey Stücken Holz, um aus dieser mürbe geklopften Masse ein wenig Saft
aussaugen zu können; das übrigbleibende sind trockne Fasern, die alsdenn
weggeworfen werden. Die Mamaghu-Wurzel hingegen giebt ein ziemlich
gutes Essen ab; nur Schade, daß sie nicht häufig genug anzutreffen ist, um ein
tägliches, beständiges Nahrungsmittel abzugeben. Als mein Vater mit seinen
Begleitern aus dem Walde zurück kam, hatte er Gelegenheit zu bemerken, wie
roh die Sitten dieser Wilden sind. Ein Junge von ohngefähr sechs bis sieben
Jahren, verlangte von seiner Mutter ein Stück von einem gebratnen Pinguin,
welches sie in Händen hatte, und da sie ihm nicht gleich zu Gefallen war, ergrif
er einen großen Stein und warf nach ihr. Sie lief auf ihn zu, um diese Unge-
zogenheit zu ahnden, kaum aber hatte sie ihm einen Schlag gegeben, als ihr
Mann hervorsprang, sie zu Boden warf und unbarmherzig prügelte. Unsre
am Wasserplatz campirenden Leute erzählten meinem Vater, sie wären von der-

gleichen

Forſter’s Reiſe um die Welt
1773.
Novem-
ber.
zeln ab, und bewog zween derſelben ihn nebſt Herrn Whitehouſe in den Wald
zu begleiten, und ſie die Pflanze kennen zu lehren, von welcher dieſe Wurzel
koͤmmt. Im voͤlligen Vertrauen auf die Rechtſchaffenheit ihrer wilden Fuͤhrer,
folgten ſie denſelben ganz unbewafnet; nachdem ſie ein gut Stuͤck Weges mit
einander gegangen waren, zeigten ihnen jene eine Art von Farrenbaum, der
hier zu Lande Mamaghu genannt wird, mit dem Bedeuten, daß eben dieſer
die vorgedachte esbare Wurzel liefere. Sie lehreten ſie auch den Unterſchied
zwiſchen dem Mamaghu und dem Ponga, welches ein anderer Baum iſt, der
jenem ſehr aͤhnlich ſiehet, deſſen Wurzel aber nicht zu genießen iſt. Beyde
gehoͤren zum Geſchlecht der Farrnbaͤume. Bey erſterem iſt der innere Theil des
Holzes, oder das Herz des Stammes, eine weiche pulpoͤſe Subſtanz, die beym
Durchſchneiden einen roͤthlichen klebrichten Saft von ſich gab, der ungemein viel
Aehnlichkeit mit dem Sago hatte. Im Grunde iſt auch der wahre Sago-
baum
ſelbſt nichts anders als eine Art von Farrenbaum. Die gute eßbare
Wurzel des Mamaghu muß aber nicht mit der Wurzel des Farrenkrauts
(acroſtichum furcatum Linnaei) verwechſelt werden, denn letztere, die der
Neu-Seelaͤnder gewoͤhnlichſte Speiſe zu ſeyn pflegt, iſt faſt durchaus holzig
und weder ſchmackhaft noch naͤhrend. Die Einwohner braten ſie eine Weile
uͤber dem Feuer und ſchlagen oder quetſchen ſie hierauf zwiſchen zween Steinen
oder zwey Stuͤcken Holz, um aus dieſer muͤrbe geklopften Maſſe ein wenig Saft
ausſaugen zu koͤnnen; das uͤbrigbleibende ſind trockne Faſern, die alsdenn
weggeworfen werden. Die Mamaghu-Wurzel hingegen giebt ein ziemlich
gutes Eſſen ab; nur Schade, daß ſie nicht haͤufig genug anzutreffen iſt, um ein
taͤgliches, beſtaͤndiges Nahrungsmittel abzugeben. Als mein Vater mit ſeinen
Begleitern aus dem Walde zuruͤck kam, hatte er Gelegenheit zu bemerken, wie
roh die Sitten dieſer Wilden ſind. Ein Junge von ohngefaͤhr ſechs bis ſieben
Jahren, verlangte von ſeiner Mutter ein Stuͤck von einem gebratnen Pinguin,
welches ſie in Haͤnden hatte, und da ſie ihm nicht gleich zu Gefallen war, ergrif
er einen großen Stein und warf nach ihr. Sie lief auf ihn zu, um dieſe Unge-
zogenheit zu ahnden, kaum aber hatte ſie ihm einen Schlag gegeben, als ihr
Mann hervorſprang, ſie zu Boden warf und unbarmherzig pruͤgelte. Unſre
am Waſſerplatz campirenden Leute erzaͤhlten meinem Vater, ſie waͤren von der-

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[384/0443] Forſter’s Reiſe um die Welt zeln ab, und bewog zween derſelben ihn nebſt Herrn Whitehouſe in den Wald zu begleiten, und ſie die Pflanze kennen zu lehren, von welcher dieſe Wurzel koͤmmt. Im voͤlligen Vertrauen auf die Rechtſchaffenheit ihrer wilden Fuͤhrer, folgten ſie denſelben ganz unbewafnet; nachdem ſie ein gut Stuͤck Weges mit einander gegangen waren, zeigten ihnen jene eine Art von Farrenbaum, der hier zu Lande Mamaghu genannt wird, mit dem Bedeuten, daß eben dieſer die vorgedachte esbare Wurzel liefere. Sie lehreten ſie auch den Unterſchied zwiſchen dem Mamaghu und dem Ponga, welches ein anderer Baum iſt, der jenem ſehr aͤhnlich ſiehet, deſſen Wurzel aber nicht zu genießen iſt. Beyde gehoͤren zum Geſchlecht der Farrnbaͤume. Bey erſterem iſt der innere Theil des Holzes, oder das Herz des Stammes, eine weiche pulpoͤſe Subſtanz, die beym Durchſchneiden einen roͤthlichen klebrichten Saft von ſich gab, der ungemein viel Aehnlichkeit mit dem Sago hatte. Im Grunde iſt auch der wahre Sago- baum ſelbſt nichts anders als eine Art von Farrenbaum. Die gute eßbare Wurzel des Mamaghu muß aber nicht mit der Wurzel des Farrenkrauts (acroſtichum furcatum Linnaei) verwechſelt werden, denn letztere, die der Neu-Seelaͤnder gewoͤhnlichſte Speiſe zu ſeyn pflegt, iſt faſt durchaus holzig und weder ſchmackhaft noch naͤhrend. Die Einwohner braten ſie eine Weile uͤber dem Feuer und ſchlagen oder quetſchen ſie hierauf zwiſchen zween Steinen oder zwey Stuͤcken Holz, um aus dieſer muͤrbe geklopften Maſſe ein wenig Saft ausſaugen zu koͤnnen; das uͤbrigbleibende ſind trockne Faſern, die alsdenn weggeworfen werden. Die Mamaghu-Wurzel hingegen giebt ein ziemlich gutes Eſſen ab; nur Schade, daß ſie nicht haͤufig genug anzutreffen iſt, um ein taͤgliches, beſtaͤndiges Nahrungsmittel abzugeben. Als mein Vater mit ſeinen Begleitern aus dem Walde zuruͤck kam, hatte er Gelegenheit zu bemerken, wie roh die Sitten dieſer Wilden ſind. Ein Junge von ohngefaͤhr ſechs bis ſieben Jahren, verlangte von ſeiner Mutter ein Stuͤck von einem gebratnen Pinguin, welches ſie in Haͤnden hatte, und da ſie ihm nicht gleich zu Gefallen war, ergrif er einen großen Stein und warf nach ihr. Sie lief auf ihn zu, um dieſe Unge- zogenheit zu ahnden, kaum aber hatte ſie ihm einen Schlag gegeben, als ihr Mann hervorſprang, ſie zu Boden warf und unbarmherzig pruͤgelte. Unſre am Waſſerplatz campirenden Leute erzaͤhlten meinem Vater, ſie waͤren von der- gleichen 1773. Novem- ber.

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/443>, abgerufen am 23.11.2024.