mer nur die Frucht gesehen haben, welche die Weiber zum Verkauf zu bringen1774. August. pflegten.
Das Thierreich ist nicht minder beträchtlich, und hat viele schöne Gattungen aufzuweisen. Fische sind in großer Menge und Mannichfaltigkeit vorhanden. Wir fiengen, theils mit Netzen theils mit Angeln, eine Art Barbeln, (mullus) brasilianische Hechte, Schneffel, Doraden, Cavalhas, Papagoy-Fische, giftige Rochen, zahnlose Rochen, Engelfische, Hayen und Sauger, nebst verschiedenen Sorten von Makrelen und sogenannten Dickköpfen (mugil). Nur allein Muscheln sind selten, die Einwohner holen sie aber aus benachbarten Inseln her und ziehen, unter den Schaalen, das Per- lenmutter allen übrigen vor. In den Wäldern halten sich unzählich viel Vögel auf, besonders allerhand Tauben-Papagoyen- und Fliegenstecher-Arten. Un- ter letzteren gab es auch eine Gattung die in Nen-Seeland häufig ist. Nächst derselben fanden wir die Ceylanische Eule, eine Baum-Klette, eine Enten-Art, und das purpurfarbne Wasserhuhn. Diese waren gemeiniglich sehr scheu, und müssen also wohl von den Einwohnern gejagt werden. Hühner und Schweine sind das einzige Zuchtvieh der Einwohner und von wilden vierfüßigen Thiereu giebt es blos Ratten und Fledermäuse, deren ich bereits gedacht habe.
Diese von der Natur so reichlich ausgestattete Insel, wo die Witterung innerhalb des Wendezirkels dennoch gemäßiget ist, wird von einem weit min- der gesitteten Volke bewohnt, als die Societäts- und freundschaftlichen In- seln, ohnerachtet diese beynahe unter derselben Breite, nur etwas weiter nach Osten zu, liegen. Die Bevölkerung mag sich höchstens auf 20000 Seelen belaufen: Mit dem Anbau des Landes aber ist man, in Verhält- niß zu dem Umfange der Insel, noch nicht weit gekommen, ausgenommen auf der östwärts vom Haven befindlichen hohen Ebene, welche in diesem Be- tracht ohnstreitig die reichste Gegend ist, die ich in der ganzen Süd-See nur gesehen habe. Vielleicht wird man sich wundern, daß in Tanna noch so viel Land wüste liegt, da ich doch den Boden als so fruchtbar beschrieben habe. Beym ersten Anblick scheint es freylich, daß diese Eigenschaft des Erdreichs die Urbar- machung ungemein erleichtern müsse; allein, ganz im Gegentheil erschwert sie dieselbe vielmehr, wenigstens im Anfange. Die wilden Gewächse, die sich
N n 2
in den Jahren 1772 bis 1775.
mer nur die Frucht geſehen haben, welche die Weiber zum Verkauf zu bringen1774. Auguſt. pflegten.
Das Thierreich iſt nicht minder betraͤchtlich, und hat viele ſchoͤne Gattungen aufzuweiſen. Fiſche ſind in großer Menge und Mannichfaltigkeit vorhanden. Wir fiengen, theils mit Netzen theils mit Angeln, eine Art Barbeln, (mullus) braſilianiſche Hechte, Schneffel, Doraden, Cavalhas, Papagoy-Fiſche, giftige Rochen, zahnloſe Rochen, Engelfiſche, Hayen und Sauger, nebſt verſchiedenen Sorten von Makrelen und ſogenannten Dickkoͤpfen (mugil). Nur allein Muſcheln ſind ſelten, die Einwohner holen ſie aber aus benachbarten Inſeln her und ziehen, unter den Schaalen, das Per- lenmutter allen uͤbrigen vor. In den Waͤldern halten ſich unzaͤhlich viel Voͤgel auf, beſonders allerhand Tauben-Papagoyen- und Fliegenſtecher-Arten. Un- ter letzteren gab es auch eine Gattung die in Nen-Seeland haͤufig iſt. Naͤchſt derſelben fanden wir die Ceylaniſche Eule, eine Baum-Klette, eine Enten-Art, und das purpurfarbne Waſſerhuhn. Dieſe waren gemeiniglich ſehr ſcheu, und muͤſſen alſo wohl von den Einwohnern gejagt werden. Huͤhner und Schweine ſind das einzige Zuchtvieh der Einwohner und von wilden vierfuͤßigen Thiereu giebt es blos Ratten und Fledermaͤuſe, deren ich bereits gedacht habe.
Dieſe von der Natur ſo reichlich ausgeſtattete Inſel, wo die Witterung innerhalb des Wendezirkels dennoch gemaͤßiget iſt, wird von einem weit min- der geſitteten Volke bewohnt, als die Societaͤts- und freundſchaftlichen In- ſeln, ohnerachtet dieſe beynahe unter derſelben Breite, nur etwas weiter nach Oſten zu, liegen. Die Bevoͤlkerung mag ſich hoͤchſtens auf 20000 Seelen belaufen: Mit dem Anbau des Landes aber iſt man, in Verhaͤlt- niß zu dem Umfange der Inſel, noch nicht weit gekommen, ausgenommen auf der oͤſtwaͤrts vom Haven befindlichen hohen Ebene, welche in dieſem Be- tracht ohnſtreitig die reichſte Gegend iſt, die ich in der ganzen Suͤd-See nur geſehen habe. Vielleicht wird man ſich wundern, daß in Tanna noch ſo viel Land wuͤſte liegt, da ich doch den Boden als ſo fruchtbar beſchrieben habe. Beym erſten Anblick ſcheint es freylich, daß dieſe Eigenſchaft des Erdreichs die Urbar- machung ungemein erleichtern muͤſſe; allein, ganz im Gegentheil erſchwert ſie dieſelbe vielmehr, wenigſtens im Anfange. Die wilden Gewaͤchſe, die ſich
N n 2
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0297"n="283"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">in den Jahren 1772 bis 1775.</hi></fw><lb/>
mer nur die Frucht geſehen haben, welche die Weiber zum Verkauf zu bringen<noteplace="right">1774.<lb/>
Auguſt.</note><lb/>
pflegten.</p><lb/><p>Das Thierreich iſt nicht minder betraͤchtlich, und hat viele ſchoͤne<lb/>
Gattungen aufzuweiſen. Fiſche ſind in großer Menge und Mannichfaltigkeit<lb/>
vorhanden. Wir fiengen, theils mit Netzen theils mit Angeln, eine Art<lb/>
Barbeln, (<hirendition="#i"><hirendition="#aq">mullus</hi></hi>) braſilianiſche Hechte, Schneffel, Doraden, Cavalhas,<lb/>
Papagoy-Fiſche, giftige Rochen, zahnloſe Rochen, Engelfiſche, Hayen und<lb/>
Sauger, nebſt verſchiedenen Sorten von Makrelen und ſogenannten Dickkoͤpfen<lb/>
(<hirendition="#i"><hirendition="#aq">mugil</hi></hi>). Nur allein Muſcheln ſind ſelten, die Einwohner holen ſie aber<lb/>
aus benachbarten Inſeln her und ziehen, unter den Schaalen, das Per-<lb/>
lenmutter allen uͤbrigen vor. In den Waͤldern halten ſich unzaͤhlich viel Voͤgel<lb/>
auf, beſonders allerhand Tauben-Papagoyen- und Fliegenſtecher-Arten. Un-<lb/>
ter letzteren gab es auch eine Gattung die in Nen-Seeland haͤufig iſt. Naͤchſt<lb/>
derſelben fanden wir die Ceylaniſche Eule, eine Baum-Klette, eine Enten-Art,<lb/>
und das purpurfarbne Waſſerhuhn. Dieſe waren gemeiniglich ſehr ſcheu, und<lb/>
muͤſſen alſo wohl von den Einwohnern gejagt werden. Huͤhner und Schweine<lb/>ſind das einzige Zuchtvieh der Einwohner und von wilden vierfuͤßigen Thiereu<lb/>
giebt es blos Ratten und Fledermaͤuſe, deren ich bereits gedacht habe.</p><lb/><p>Dieſe von der Natur ſo reichlich ausgeſtattete Inſel, wo die Witterung<lb/>
innerhalb des Wendezirkels dennoch gemaͤßiget iſt, wird von einem weit min-<lb/>
der geſitteten Volke bewohnt, als die <hirendition="#fr"><placeNamefull="abb">Societaͤts-</placeName> und <placeName>freundſchaftlichen In-<lb/>ſeln</placeName></hi>, ohnerachtet dieſe beynahe unter derſelben Breite, nur etwas weiter<lb/>
nach Oſten zu, liegen. Die Bevoͤlkerung mag ſich hoͤchſtens auf 20000<lb/>
Seelen belaufen: Mit dem Anbau des Landes aber iſt man, in Verhaͤlt-<lb/>
niß zu dem Umfange der Inſel, noch nicht weit gekommen, ausgenommen<lb/>
auf der oͤſtwaͤrts vom Haven befindlichen hohen Ebene, welche in dieſem Be-<lb/>
tracht ohnſtreitig die reichſte Gegend iſt, die ich in der ganzen <placeName>Suͤd-See</placeName> nur<lb/>
geſehen habe. Vielleicht wird man ſich wundern, daß in <hirendition="#fr"><placeName>Tanna</placeName></hi> noch ſo viel<lb/>
Land wuͤſte liegt, da ich doch den Boden als ſo fruchtbar beſchrieben habe. Beym<lb/>
erſten Anblick ſcheint es freylich, daß dieſe Eigenſchaft des Erdreichs die Urbar-<lb/>
machung ungemein erleichtern muͤſſe; allein, ganz im Gegentheil erſchwert ſie<lb/>
dieſelbe vielmehr, wenigſtens im Anfange. Die wilden Gewaͤchſe, die ſich<lb/><fwplace="bottom"type="sig">N n 2</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[283/0297]
in den Jahren 1772 bis 1775.
mer nur die Frucht geſehen haben, welche die Weiber zum Verkauf zu bringen
pflegten.
1774.
Auguſt.
Das Thierreich iſt nicht minder betraͤchtlich, und hat viele ſchoͤne
Gattungen aufzuweiſen. Fiſche ſind in großer Menge und Mannichfaltigkeit
vorhanden. Wir fiengen, theils mit Netzen theils mit Angeln, eine Art
Barbeln, (mullus) braſilianiſche Hechte, Schneffel, Doraden, Cavalhas,
Papagoy-Fiſche, giftige Rochen, zahnloſe Rochen, Engelfiſche, Hayen und
Sauger, nebſt verſchiedenen Sorten von Makrelen und ſogenannten Dickkoͤpfen
(mugil). Nur allein Muſcheln ſind ſelten, die Einwohner holen ſie aber
aus benachbarten Inſeln her und ziehen, unter den Schaalen, das Per-
lenmutter allen uͤbrigen vor. In den Waͤldern halten ſich unzaͤhlich viel Voͤgel
auf, beſonders allerhand Tauben-Papagoyen- und Fliegenſtecher-Arten. Un-
ter letzteren gab es auch eine Gattung die in Nen-Seeland haͤufig iſt. Naͤchſt
derſelben fanden wir die Ceylaniſche Eule, eine Baum-Klette, eine Enten-Art,
und das purpurfarbne Waſſerhuhn. Dieſe waren gemeiniglich ſehr ſcheu, und
muͤſſen alſo wohl von den Einwohnern gejagt werden. Huͤhner und Schweine
ſind das einzige Zuchtvieh der Einwohner und von wilden vierfuͤßigen Thiereu
giebt es blos Ratten und Fledermaͤuſe, deren ich bereits gedacht habe.
Dieſe von der Natur ſo reichlich ausgeſtattete Inſel, wo die Witterung
innerhalb des Wendezirkels dennoch gemaͤßiget iſt, wird von einem weit min-
der geſitteten Volke bewohnt, als die Societaͤts- und freundſchaftlichen In-
ſeln, ohnerachtet dieſe beynahe unter derſelben Breite, nur etwas weiter
nach Oſten zu, liegen. Die Bevoͤlkerung mag ſich hoͤchſtens auf 20000
Seelen belaufen: Mit dem Anbau des Landes aber iſt man, in Verhaͤlt-
niß zu dem Umfange der Inſel, noch nicht weit gekommen, ausgenommen
auf der oͤſtwaͤrts vom Haven befindlichen hohen Ebene, welche in dieſem Be-
tracht ohnſtreitig die reichſte Gegend iſt, die ich in der ganzen Suͤd-See nur
geſehen habe. Vielleicht wird man ſich wundern, daß in Tanna noch ſo viel
Land wuͤſte liegt, da ich doch den Boden als ſo fruchtbar beſchrieben habe. Beym
erſten Anblick ſcheint es freylich, daß dieſe Eigenſchaft des Erdreichs die Urbar-
machung ungemein erleichtern muͤſſe; allein, ganz im Gegentheil erſchwert ſie
dieſelbe vielmehr, wenigſtens im Anfange. Die wilden Gewaͤchſe, die ſich
N n 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/297>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.