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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

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Forster's Reise um die Welt
1774.
Septem-
ber.
suchen. Man kann sich nicht vorstellen, mit welcher trüben Sehnsucht wir die-
sen Booten, vom Schiff aus, nachsahen! Es war uns schlechterdings nicht
möglich, länger als fünf Minuten hintereinander auf den Füßen zu stehen oder zu
gehen; sonst hätte uns gewiß nichts hindern sollen dieser Expedition beyzuwoh-
nen. Das Gift, welches uns so übel bekommen war, äußerte seine Würk-
samkeit nun auch an einigen Hunden, die wir von den Societäts-Inseln mitge-
bracht. Diese waren über den Rest der Leber hergefallen, wurden aber sehr
krank davon, und litten an eben solchen Symptomen, als jene, welche ehemals
auf gleiche Art zu Mallicolo vergiftet wurden. Das einzige Ferken, welches
wir von Tanna aus mitgenommen, schwoll entsetzlich an, und mußte endlich,
unter den heftigsten Zuckungen, das Leben einbüßen, blos weil es die Eingeweide
des Fisches verschluckt hatte. --

Die Einwohner, welche an Bord kamen, lernten den Werth unseres
Eisenwerks immer mehr einsehen, und nahmen gerne Nagel, Messer und Bei-
le an. Tea-Buma, der Befehlshaber, sandte Capitain Cook ein Geschenk
von etwas Zuckerrohr und Yam-Wurzeln, welches, bey der Armseeligkeit
des Landes für ein würklich königliches Präsent gelten konnte. Er bekam dafür
ein Gegengeschenk von einem Beile, einem Bohrer, und einem Paar tahiti-
scher Hunde, die hier etwas ganz unbekanntes und neues waren. Wir ver-
suchten es bey dieser Gelegenheit auf alle Art und Weise den Nahmen der größern
Insel zu erfahren; aber umsonst. Man gab uns immer nur die Nahmen besondrer
Districte an, z. E. den Theil des Landes, der gerade gegen dem Schiffe über war,
nannten sie Baladd; die Insel wo die Sternwarte stand, hies Pusue; der Di-
strict jenseits der Berge an der Süd-West-Küste, hies Tea-Buma u. s. w. Daß
der Eriki oder oberste Befehlshaber eben diesen Namen führte, gab uns zu man-
cherley Vermuthungen Anlaß; was es aber eigentlich für eine Bewandniß da-
mit haben müße? konnten wir, in Ermanglung gehöriger Sprachkenntniß,
nicht erfahren. Wir ließen es daher bey dem allgemeinen Namen Neu-Cale-
donia
bewenden, zumal da selbiger, sowohl wegen des gutherzigen Characters
der Einwohner, als auch wegen der Beschaffenheit des Bodens, vollkommen auf
dieses Land paßt.


Ohner-

Forſter’s Reiſe um die Welt
1774.
Septem-
ber.
ſuchen. Man kann ſich nicht vorſtellen, mit welcher truͤben Sehnſucht wir die-
ſen Booten, vom Schiff aus, nachſahen! Es war uns ſchlechterdings nicht
moͤglich, laͤnger als fuͤnf Minuten hintereinander auf den Fuͤßen zu ſtehen oder zu
gehen; ſonſt haͤtte uns gewiß nichts hindern ſollen dieſer Expedition beyzuwoh-
nen. Das Gift, welches uns ſo uͤbel bekommen war, aͤußerte ſeine Wuͤrk-
ſamkeit nun auch an einigen Hunden, die wir von den Societaͤts-Inſeln mitge-
bracht. Dieſe waren uͤber den Reſt der Leber hergefallen, wurden aber ſehr
krank davon, und litten an eben ſolchen Symptomen, als jene, welche ehemals
auf gleiche Art zu Mallicolo vergiftet wurden. Das einzige Ferken, welches
wir von Tanna aus mitgenommen, ſchwoll entſetzlich an, und mußte endlich,
unter den heftigſten Zuckungen, das Leben einbuͤßen, blos weil es die Eingeweide
des Fiſches verſchluckt hatte. —

Die Einwohner, welche an Bord kamen, lernten den Werth unſeres
Eiſenwerks immer mehr einſehen, und nahmen gerne Nagel, Meſſer und Bei-
le an. Tea-Buma, der Befehlshaber, ſandte Capitain Cook ein Geſchenk
von etwas Zuckerrohr und Yam-Wurzeln, welches, bey der Armſeeligkeit
des Landes fuͤr ein wuͤrklich koͤnigliches Praͤſent gelten konnte. Er bekam dafuͤr
ein Gegengeſchenk von einem Beile, einem Bohrer, und einem Paar tahiti-
ſcher Hunde, die hier etwas ganz unbekanntes und neues waren. Wir ver-
ſuchten es bey dieſer Gelegenheit auf alle Art und Weiſe den Nahmen der groͤßern
Inſel zu erfahren; aber umſonſt. Man gab uns immer nur die Nahmen beſondrer
Diſtricte an, z. E. den Theil des Landes, der gerade gegen dem Schiffe uͤber war,
nannten ſie Baladd; die Inſel wo die Sternwarte ſtand, hies Puſue; der Di-
ſtrict jenſeits der Berge an der Suͤd-Weſt-Kuͤſte, hies Tea-Buma u. ſ. w. Daß
der Eriki oder oberſte Befehlshaber eben dieſen Namen fuͤhrte, gab uns zu man-
cherley Vermuthungen Anlaß; was es aber eigentlich fuͤr eine Bewandniß da-
mit haben muͤße? konnten wir, in Ermanglung gehoͤriger Sprachkenntniß,
nicht erfahren. Wir ließen es daher bey dem allgemeinen Namen Neu-Cale-
donia
bewenden, zumal da ſelbiger, ſowohl wegen des gutherzigen Characters
der Einwohner, als auch wegen der Beſchaffenheit des Bodens, vollkommen auf
dieſes Land paßt.


Ohner-
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[320/0336] Forſter’s Reiſe um die Welt ſuchen. Man kann ſich nicht vorſtellen, mit welcher truͤben Sehnſucht wir die- ſen Booten, vom Schiff aus, nachſahen! Es war uns ſchlechterdings nicht moͤglich, laͤnger als fuͤnf Minuten hintereinander auf den Fuͤßen zu ſtehen oder zu gehen; ſonſt haͤtte uns gewiß nichts hindern ſollen dieſer Expedition beyzuwoh- nen. Das Gift, welches uns ſo uͤbel bekommen war, aͤußerte ſeine Wuͤrk- ſamkeit nun auch an einigen Hunden, die wir von den Societaͤts-Inſeln mitge- bracht. Dieſe waren uͤber den Reſt der Leber hergefallen, wurden aber ſehr krank davon, und litten an eben ſolchen Symptomen, als jene, welche ehemals auf gleiche Art zu Mallicolo vergiftet wurden. Das einzige Ferken, welches wir von Tanna aus mitgenommen, ſchwoll entſetzlich an, und mußte endlich, unter den heftigſten Zuckungen, das Leben einbuͤßen, blos weil es die Eingeweide des Fiſches verſchluckt hatte. — 1774. Septem- ber. Die Einwohner, welche an Bord kamen, lernten den Werth unſeres Eiſenwerks immer mehr einſehen, und nahmen gerne Nagel, Meſſer und Bei- le an. Tea-Buma, der Befehlshaber, ſandte Capitain Cook ein Geſchenk von etwas Zuckerrohr und Yam-Wurzeln, welches, bey der Armſeeligkeit des Landes fuͤr ein wuͤrklich koͤnigliches Praͤſent gelten konnte. Er bekam dafuͤr ein Gegengeſchenk von einem Beile, einem Bohrer, und einem Paar tahiti- ſcher Hunde, die hier etwas ganz unbekanntes und neues waren. Wir ver- ſuchten es bey dieſer Gelegenheit auf alle Art und Weiſe den Nahmen der groͤßern Inſel zu erfahren; aber umſonſt. Man gab uns immer nur die Nahmen beſondrer Diſtricte an, z. E. den Theil des Landes, der gerade gegen dem Schiffe uͤber war, nannten ſie Baladd; die Inſel wo die Sternwarte ſtand, hies Puſue; der Di- ſtrict jenſeits der Berge an der Suͤd-Weſt-Kuͤſte, hies Tea-Buma u. ſ. w. Daß der Eriki oder oberſte Befehlshaber eben dieſen Namen fuͤhrte, gab uns zu man- cherley Vermuthungen Anlaß; was es aber eigentlich fuͤr eine Bewandniß da- mit haben muͤße? konnten wir, in Ermanglung gehoͤriger Sprachkenntniß, nicht erfahren. Wir ließen es daher bey dem allgemeinen Namen Neu-Cale- donia bewenden, zumal da ſelbiger, ſowohl wegen des gutherzigen Characters der Einwohner, als auch wegen der Beſchaffenheit des Bodens, vollkommen auf dieſes Land paßt. Ohner-

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/336>, abgerufen am 01.06.2024.