Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826.

Bild:
<< vorherige Seite

mehr machen; diese kann weder der Jllu-
sion, noch den Forderungen der Eitelkeit
Vorschub leisten. Je wahrhaftiger sie ihr
natürliches Recht geltend macht, je weniger
darf sie der momentanen Pretention schmei-
cheln. Es entfremdet sich auf solche Weise
das Zusammengehörige und häkelt sich an-
einander, wo es doch wieder auseinander fal-
len muß. Wird das denn ohne innern Ver-
lust abgehen? Wird nichts Verschobenes,
nichts Herbes und Stachlichtes in der Seele
zurückbleiben?

Wenn die gefällige Freundin dem flüch-
tigen Wunsche durch wiederholte Anregung
eine Gestalt gegeben, er ausgesprochen, ge-
wissermaaßen dadurch in's Leben getreten ist,
sich immer dreistrer hervorwagt, und bei
stets wiederholtem Hin- und Wiederreden
riesengroß aufschließt, zuletzt alle Gedanken
und Empfindungen annimmt, und dennoch
unerfüllt bleibt, wie steht das stachelnde
Werkzeug zu dem bethörten Herzen? -- Es
hat nur Stacheln für dieses! Der wohlthu-
ende Reiz ist verschwunden.

mehr machen; dieſe kann weder der Jllu-
ſion, noch den Forderungen der Eitelkeit
Vorſchub leiſten. Je wahrhaftiger ſie ihr
natuͤrliches Recht geltend macht, je weniger
darf ſie der momentanen Pretention ſchmei-
cheln. Es entfremdet ſich auf ſolche Weiſe
das Zuſammengehoͤrige und haͤkelt ſich an-
einander, wo es doch wieder auseinander fal-
len muß. Wird das denn ohne innern Ver-
luſt abgehen? Wird nichts Verſchobenes,
nichts Herbes und Stachlichtes in der Seele
zuruͤckbleiben?

Wenn die gefaͤllige Freundin dem fluͤch-
tigen Wunſche durch wiederholte Anregung
eine Geſtalt gegeben, er ausgeſprochen, ge-
wiſſermaaßen dadurch in’s Leben getreten iſt,
ſich immer dreiſtrer hervorwagt, und bei
ſtets wiederholtem Hin- und Wiederreden
rieſengroß aufſchließt, zuletzt alle Gedanken
und Empfindungen annimmt, und dennoch
unerfuͤllt bleibt, wie ſteht das ſtachelnde
Werkzeug zu dem bethoͤrten Herzen? — Es
hat nur Stacheln fuͤr dieſes! Der wohlthu-
ende Reiz iſt verſchwunden.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0152" n="148"/>
mehr machen; die&#x017F;e kann weder der Jllu-<lb/>
&#x017F;ion, noch den Forderungen der Eitelkeit<lb/>
Vor&#x017F;chub lei&#x017F;ten. Je wahrhaftiger &#x017F;ie ihr<lb/>
natu&#x0364;rliches Recht geltend macht, je weniger<lb/>
darf &#x017F;ie der momentanen Pretention &#x017F;chmei-<lb/>
cheln. Es entfremdet &#x017F;ich auf &#x017F;olche Wei&#x017F;e<lb/>
das Zu&#x017F;ammengeho&#x0364;rige und <hi rendition="#g">ha&#x0364;kelt</hi> &#x017F;ich an-<lb/>
einander, wo es doch wieder auseinander fal-<lb/>
len muß. Wird das denn ohne innern Ver-<lb/>
lu&#x017F;t abgehen? Wird nichts Ver&#x017F;chobenes,<lb/>
nichts Herbes und Stachlichtes in der Seele<lb/>
zuru&#x0364;ckbleiben?</p><lb/>
          <p>Wenn die gefa&#x0364;llige Freundin dem flu&#x0364;ch-<lb/>
tigen Wun&#x017F;che durch wiederholte Anregung<lb/>
eine Ge&#x017F;talt gegeben, er ausge&#x017F;prochen, ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;ermaaßen dadurch in&#x2019;s Leben getreten i&#x017F;t,<lb/>
&#x017F;ich immer drei&#x017F;trer hervorwagt, und bei<lb/>
&#x017F;tets wiederholtem Hin- und Wiederreden<lb/>
rie&#x017F;engroß auf&#x017F;chließt, zuletzt alle Gedanken<lb/>
und Empfindungen annimmt, und dennoch<lb/>
unerfu&#x0364;llt bleibt, wie &#x017F;teht das &#x017F;tachelnde<lb/>
Werkzeug zu dem betho&#x0364;rten Herzen? &#x2014; Es<lb/>
hat nur Stacheln fu&#x0364;r die&#x017F;es! Der wohlthu-<lb/>
ende Reiz i&#x017F;t ver&#x017F;chwunden.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[148/0152] mehr machen; dieſe kann weder der Jllu- ſion, noch den Forderungen der Eitelkeit Vorſchub leiſten. Je wahrhaftiger ſie ihr natuͤrliches Recht geltend macht, je weniger darf ſie der momentanen Pretention ſchmei- cheln. Es entfremdet ſich auf ſolche Weiſe das Zuſammengehoͤrige und haͤkelt ſich an- einander, wo es doch wieder auseinander fal- len muß. Wird das denn ohne innern Ver- luſt abgehen? Wird nichts Verſchobenes, nichts Herbes und Stachlichtes in der Seele zuruͤckbleiben? Wenn die gefaͤllige Freundin dem fluͤch- tigen Wunſche durch wiederholte Anregung eine Geſtalt gegeben, er ausgeſprochen, ge- wiſſermaaßen dadurch in’s Leben getreten iſt, ſich immer dreiſtrer hervorwagt, und bei ſtets wiederholtem Hin- und Wiederreden rieſengroß aufſchließt, zuletzt alle Gedanken und Empfindungen annimmt, und dennoch unerfuͤllt bleibt, wie ſteht das ſtachelnde Werkzeug zu dem bethoͤrten Herzen? — Es hat nur Stacheln fuͤr dieſes! Der wohlthu- ende Reiz iſt verſchwunden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/152
Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/152>, abgerufen am 21.11.2024.