Jst es nun dies, und überall die un- willkührliche Empfindung von etwas Unwah- rem, was sie mißtrauisch und ungläubig über die Aechtheit zärtlicher Gefühle macht? oder fehlt es an der Fähigkeit, die Liebe zu begreifen, daß man sie allgemein verhöhnt, und ihrer nie anders, als mit einer Art trivialer Jronie, erwähnt, die fast noch gemeiner, als verletzlich ist? -- Jch lasse die Antwort auf sich beruhen. Jn jedem Falle aber giebt es nichts, was dem etwanigen Aufschwunge der Seele so die Flügel lähmte, als der höh- nende Zweifel an das Ungewöhnliche und Erhabene. Jst die Lüge nicht in der Welt, so kommt sie dadurch hinein, und nebenher noch etwas eben so Schlimmes, schroffer Stolz, der die Meinung verachtet. Der be- leidigte Ernst, welcher schlechten Spaß nie ver- schmerzen kann, rächt sich an die Plattheit dadurch, daß er diese zu hoch nimmt, und auf sich zurückgestemmt, der Welt Trotz bietet. --
Die große Welt, oder die feinere Ge- sellschaft, hat nun einmal solch jugendliches
Jſt es nun dies, und uͤberall die un- willkuͤhrliche Empfindung von etwas Unwah- rem, was ſie mißtrauiſch und unglaͤubig uͤber die Aechtheit zaͤrtlicher Gefuͤhle macht? oder fehlt es an der Faͤhigkeit, die Liebe zu begreifen, daß man ſie allgemein verhoͤhnt, und ihrer nie anders, als mit einer Art trivialer Jronie, erwaͤhnt, die faſt noch gemeiner, als verletzlich iſt? — Jch laſſe die Antwort auf ſich beruhen. Jn jedem Falle aber giebt es nichts, was dem etwanigen Aufſchwunge der Seele ſo die Fluͤgel laͤhmte, als der hoͤh- nende Zweifel an das Ungewoͤhnliche und Erhabene. Jſt die Luͤge nicht in der Welt, ſo kommt ſie dadurch hinein, und nebenher noch etwas eben ſo Schlimmes, ſchroffer Stolz, der die Meinung verachtet. Der be- leidigte Ernſt, welcher ſchlechten Spaß nie ver- ſchmerzen kann, raͤcht ſich an die Plattheit dadurch, daß er dieſe zu hoch nimmt, und auf ſich zuruͤckgeſtemmt, der Welt Trotz bietet. —
Die große Welt, oder die feinere Ge- ſellſchaft, hat nun einmal ſolch jugendliches
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Jſt es nun dies, und uͤberall die un-
willkuͤhrliche Empfindung von etwas Unwah-
rem, was ſie mißtrauiſch und unglaͤubig
uͤber die Aechtheit zaͤrtlicher Gefuͤhle macht?
oder fehlt es an der Faͤhigkeit, die Liebe zu
begreifen, daß man ſie allgemein verhoͤhnt, und
ihrer nie anders, als mit einer Art trivialer
Jronie, erwaͤhnt, die faſt noch gemeiner, als
verletzlich iſt? — Jch laſſe die Antwort auf
ſich beruhen. Jn jedem Falle aber giebt es
nichts, was dem etwanigen Aufſchwunge der
Seele ſo die Fluͤgel laͤhmte, als der hoͤh-
nende Zweifel an das Ungewoͤhnliche und
Erhabene. Jſt die Luͤge nicht in der Welt,
ſo kommt ſie dadurch hinein, und nebenher
noch etwas eben ſo Schlimmes, ſchroffer
Stolz, der die Meinung verachtet. Der be-
leidigte Ernſt, welcher ſchlechten Spaß nie ver-
ſchmerzen kann, raͤcht ſich an die Plattheit
dadurch, daß er dieſe zu hoch nimmt, und
auf ſich zuruͤckgeſtemmt, der Welt Trotz
bietet. —
Die große Welt, oder die feinere Ge-
ſellſchaft, hat nun einmal ſolch jugendliches
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Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/214>, abgerufen am 27.11.2024.
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