Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826.

Bild:
<< vorherige Seite

Jst es nun dies, und überall die un-
willkührliche Empfindung von etwas Unwah-
rem, was sie mißtrauisch und ungläubig
über die Aechtheit zärtlicher Gefühle macht?
oder fehlt es an der Fähigkeit, die Liebe zu
begreifen, daß man sie allgemein verhöhnt, und
ihrer nie anders, als mit einer Art trivialer
Jronie, erwähnt, die fast noch gemeiner, als
verletzlich ist? -- Jch lasse die Antwort auf
sich beruhen. Jn jedem Falle aber giebt es
nichts, was dem etwanigen Aufschwunge der
Seele so die Flügel lähmte, als der höh-
nende Zweifel an das Ungewöhnliche und
Erhabene. Jst die Lüge nicht in der Welt,
so kommt sie dadurch hinein, und nebenher
noch etwas eben so Schlimmes, schroffer
Stolz, der die Meinung verachtet. Der be-
leidigte Ernst, welcher schlechten Spaß nie ver-
schmerzen kann, rächt sich an die Plattheit
dadurch, daß er diese zu hoch nimmt, und
auf sich zurückgestemmt, der Welt Trotz
bietet. --

Die große Welt, oder die feinere Ge-
sellschaft, hat nun einmal solch jugendliches

Jſt es nun dies, und uͤberall die un-
willkuͤhrliche Empfindung von etwas Unwah-
rem, was ſie mißtrauiſch und unglaͤubig
uͤber die Aechtheit zaͤrtlicher Gefuͤhle macht?
oder fehlt es an der Faͤhigkeit, die Liebe zu
begreifen, daß man ſie allgemein verhoͤhnt, und
ihrer nie anders, als mit einer Art trivialer
Jronie, erwaͤhnt, die faſt noch gemeiner, als
verletzlich iſt? — Jch laſſe die Antwort auf
ſich beruhen. Jn jedem Falle aber giebt es
nichts, was dem etwanigen Aufſchwunge der
Seele ſo die Fluͤgel laͤhmte, als der hoͤh-
nende Zweifel an das Ungewoͤhnliche und
Erhabene. Jſt die Luͤge nicht in der Welt,
ſo kommt ſie dadurch hinein, und nebenher
noch etwas eben ſo Schlimmes, ſchroffer
Stolz, der die Meinung verachtet. Der be-
leidigte Ernſt, welcher ſchlechten Spaß nie ver-
ſchmerzen kann, raͤcht ſich an die Plattheit
dadurch, daß er dieſe zu hoch nimmt, und
auf ſich zuruͤckgeſtemmt, der Welt Trotz
bietet. —

Die große Welt, oder die feinere Ge-
ſellſchaft, hat nun einmal ſolch jugendliches

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0214" n="210"/>
          <p>J&#x017F;t es nun dies, und u&#x0364;berall die un-<lb/>
willku&#x0364;hrliche Empfindung von etwas Unwah-<lb/>
rem, was &#x017F;ie mißtraui&#x017F;ch und ungla&#x0364;ubig<lb/>
u&#x0364;ber die Aechtheit za&#x0364;rtlicher Gefu&#x0364;hle macht?<lb/>
oder fehlt es an der Fa&#x0364;higkeit, die Liebe zu<lb/>
begreifen, daß man &#x017F;ie allgemein verho&#x0364;hnt, und<lb/>
ihrer nie anders, als mit einer Art trivialer<lb/>
Jronie, erwa&#x0364;hnt, die fa&#x017F;t noch gemeiner, als<lb/>
verletzlich i&#x017F;t? &#x2014; Jch la&#x017F;&#x017F;e die Antwort auf<lb/>
&#x017F;ich beruhen. Jn jedem Falle aber giebt es<lb/>
nichts, was dem etwanigen Auf&#x017F;chwunge der<lb/>
Seele &#x017F;o die Flu&#x0364;gel la&#x0364;hmte, als der ho&#x0364;h-<lb/>
nende Zweifel an das Ungewo&#x0364;hnliche und<lb/>
Erhabene. J&#x017F;t die Lu&#x0364;ge nicht in der Welt,<lb/>
&#x017F;o kommt &#x017F;ie dadurch hinein, und nebenher<lb/>
noch etwas eben &#x017F;o Schlimmes, &#x017F;chroffer<lb/>
Stolz, der die Meinung verachtet. Der be-<lb/>
leidigte Ern&#x017F;t, welcher &#x017F;chlechten Spaß nie ver-<lb/>
&#x017F;chmerzen kann, ra&#x0364;cht &#x017F;ich an die Plattheit<lb/>
dadurch, daß er die&#x017F;e zu hoch nimmt, und<lb/>
auf &#x017F;ich zuru&#x0364;ckge&#x017F;temmt, der Welt Trotz<lb/>
bietet. &#x2014;</p><lb/>
          <p>Die große Welt, oder die feinere Ge-<lb/>
&#x017F;ell&#x017F;chaft, hat nun einmal &#x017F;olch jugendliches<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[210/0214] Jſt es nun dies, und uͤberall die un- willkuͤhrliche Empfindung von etwas Unwah- rem, was ſie mißtrauiſch und unglaͤubig uͤber die Aechtheit zaͤrtlicher Gefuͤhle macht? oder fehlt es an der Faͤhigkeit, die Liebe zu begreifen, daß man ſie allgemein verhoͤhnt, und ihrer nie anders, als mit einer Art trivialer Jronie, erwaͤhnt, die faſt noch gemeiner, als verletzlich iſt? — Jch laſſe die Antwort auf ſich beruhen. Jn jedem Falle aber giebt es nichts, was dem etwanigen Aufſchwunge der Seele ſo die Fluͤgel laͤhmte, als der hoͤh- nende Zweifel an das Ungewoͤhnliche und Erhabene. Jſt die Luͤge nicht in der Welt, ſo kommt ſie dadurch hinein, und nebenher noch etwas eben ſo Schlimmes, ſchroffer Stolz, der die Meinung verachtet. Der be- leidigte Ernſt, welcher ſchlechten Spaß nie ver- ſchmerzen kann, raͤcht ſich an die Plattheit dadurch, daß er dieſe zu hoch nimmt, und auf ſich zuruͤckgeſtemmt, der Welt Trotz bietet. — Die große Welt, oder die feinere Ge- ſellſchaft, hat nun einmal ſolch jugendliches

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/214
Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/214>, abgerufen am 27.11.2024.