Phrasen werden dem Uebel abhelfen. Die einzig wahre Poesie des Lebens, die aus dem Gemüthe kommt: Güte und Liebe, freund- liches berücksichtigendes Wohlwollen, mitem- pfindendes Verstehen, williges Gewähren- lassen und standhaftes Selbstbehaupten, sie allein gönnen der Grazie freien Zutritt und hauchen Seele in das vorüberrauschende Wort. Dieses bildet sich von selbst, und findet Folge und Nachdruck, ohne beides zu suchen; denn nichts schärfet so den Ver- stand, nichts stimmt das Empfindungsver- mögen so zart und beflügelt den Geist zu den kühnsten Schwingungen als lebendiger Verkehr des Umganges, als das Blitzen und Zünden einander zugeworfener Ansich- ten, als das Suchen nach einem Echo in der Menschenbrust, nichts erwärmt und hebt wie das Leuchten des klar gewordenen Gedankens.
Die Fähigkeit wie die Fertigkeit der Conversation entwickelt und erwirbt sich da- her durch die frühe Gewöhnung, den zu achten, mit dem man redet, ihm das Beste
Phraſen werden dem Uebel abhelfen. Die einzig wahre Poeſie des Lebens, die aus dem Gemuͤthe kommt: Guͤte und Liebe, freund- liches beruͤckſichtigendes Wohlwollen, mitem- pfindendes Verſtehen, williges Gewaͤhren- laſſen und ſtandhaftes Selbſtbehaupten, ſie allein goͤnnen der Grazie freien Zutritt und hauchen Seele in das voruͤberrauſchende Wort. Dieſes bildet ſich von ſelbſt, und findet Folge und Nachdruck, ohne beides zu ſuchen; denn nichts ſchaͤrfet ſo den Ver- ſtand, nichts ſtimmt das Empfindungsver- moͤgen ſo zart und befluͤgelt den Geiſt zu den kuͤhnſten Schwingungen als lebendiger Verkehr des Umganges, als das Blitzen und Zuͤnden einander zugeworfener Anſich- ten, als das Suchen nach einem Echo in der Menſchenbruſt, nichts erwaͤrmt und hebt wie das Leuchten des klar gewordenen Gedankens.
Die Faͤhigkeit wie die Fertigkeit der Converſation entwickelt und erwirbt ſich da- her durch die fruͤhe Gewoͤhnung, den zu achten, mit dem man redet, ihm das Beſte
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0049"n="45"/>
Phraſen werden dem Uebel abhelfen. Die<lb/>
einzig wahre Poeſie des Lebens, die aus<lb/>
dem Gemuͤthe kommt: Guͤte und Liebe, freund-<lb/>
liches beruͤckſichtigendes Wohlwollen, mitem-<lb/>
pfindendes Verſtehen, williges Gewaͤhren-<lb/>
laſſen und ſtandhaftes Selbſtbehaupten, ſie<lb/>
allein goͤnnen der Grazie freien Zutritt<lb/>
und hauchen Seele in das voruͤberrauſchende<lb/>
Wort. Dieſes bildet ſich von ſelbſt, und<lb/>
findet Folge und Nachdruck, ohne beides zu<lb/>ſuchen; denn nichts ſchaͤrfet ſo den Ver-<lb/>ſtand, nichts ſtimmt das Empfindungsver-<lb/>
moͤgen ſo zart und befluͤgelt den Geiſt zu<lb/>
den kuͤhnſten Schwingungen als lebendiger<lb/>
Verkehr des Umganges, als das Blitzen<lb/>
und Zuͤnden einander zugeworfener Anſich-<lb/>
ten, als das Suchen nach einem Echo<lb/>
in der Menſchenbruſt, nichts erwaͤrmt und<lb/>
hebt wie das Leuchten des klar gewordenen<lb/>
Gedankens.</p><lb/><p>Die Faͤhigkeit wie die Fertigkeit der<lb/>
Converſation entwickelt und erwirbt ſich da-<lb/>
her durch die fruͤhe Gewoͤhnung, den zu<lb/>
achten, mit dem man redet, ihm das Beſte<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[45/0049]
Phraſen werden dem Uebel abhelfen. Die
einzig wahre Poeſie des Lebens, die aus
dem Gemuͤthe kommt: Guͤte und Liebe, freund-
liches beruͤckſichtigendes Wohlwollen, mitem-
pfindendes Verſtehen, williges Gewaͤhren-
laſſen und ſtandhaftes Selbſtbehaupten, ſie
allein goͤnnen der Grazie freien Zutritt
und hauchen Seele in das voruͤberrauſchende
Wort. Dieſes bildet ſich von ſelbſt, und
findet Folge und Nachdruck, ohne beides zu
ſuchen; denn nichts ſchaͤrfet ſo den Ver-
ſtand, nichts ſtimmt das Empfindungsver-
moͤgen ſo zart und befluͤgelt den Geiſt zu
den kuͤhnſten Schwingungen als lebendiger
Verkehr des Umganges, als das Blitzen
und Zuͤnden einander zugeworfener Anſich-
ten, als das Suchen nach einem Echo
in der Menſchenbruſt, nichts erwaͤrmt und
hebt wie das Leuchten des klar gewordenen
Gedankens.
Die Faͤhigkeit wie die Fertigkeit der
Converſation entwickelt und erwirbt ſich da-
her durch die fruͤhe Gewoͤhnung, den zu
achten, mit dem man redet, ihm das Beſte
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/49>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.