Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fouqué, Caroline de la Motte-: Magie der Natur. In: Kleine Romanenbibliothek von und für Damen. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

können. So berechnete sie stets, und nahm ängstlich dies und jenes zum Maaßstabe an. Doch ward ihre Brust oft grade da zerschnitten, wo sie Trost erwartete.

Einst fügte es sich, daß beide Wagen am Ausgang eines Waldes zusammentrafen. Antonie hatte längst Stimmen hinter sich gehört, welche immer in der Waldumgränzung vernehmlicher herüberklingen. Sie war höchst erfreuet, und sah mit Vergnügen, wie sie eine Zeitlang, auf ganz gleichlaufenden Wegen, neben einander hinfuhren, als, höchst unerwünscht, der Postillon des größern Wagens einen Vorsprung zu gewinnen suchte, und der Herzog, sein früheres Recht behauptend, selbst in die Zügel griff, die Pferde ungestüm antrieb, über Stock und Stein hinflog, und einen Wettstreit veranlaßte, der wenig Erfreuliches erwarten ließ. Auch trafen sie bei der Einbiegung in einen Hohlweg so heftig zusammen, daß des Herzogs Wagen halb umgeworfen, gegen die Seitenwand gedrückt ward, und sämmtliche Pferde in einer Verwirrung drunter und drüber hinstürzten, daß alles wie ein Knäuel todt und beschädigt ineinander zu liegen schien. Der Herzog gerieth außer sich. Die Erinnerung jenes unglücklichen Sturzes, der seiner Freundin das Leben kostete, setzte ihn in ungemessene Wuth, auch der Marquis fluchte und schimpfte,

können. So berechnete sie stets, und nahm ängstlich dies und jenes zum Maaßstabe an. Doch ward ihre Brust oft grade da zerschnitten, wo sie Trost erwartete.

Einst fügte es sich, daß beide Wagen am Ausgang eines Waldes zusammentrafen. Antonie hatte längst Stimmen hinter sich gehört, welche immer in der Waldumgränzung vernehmlicher herüberklingen. Sie war höchst erfreuet, und sah mit Vergnügen, wie sie eine Zeitlang, auf ganz gleichlaufenden Wegen, neben einander hinfuhren, als, höchst unerwünscht, der Postillon des größern Wagens einen Vorsprung zu gewinnen suchte, und der Herzog, sein früheres Recht behauptend, selbst in die Zügel griff, die Pferde ungestüm antrieb, über Stock und Stein hinflog, und einen Wettstreit veranlaßte, der wenig Erfreuliches erwarten ließ. Auch trafen sie bei der Einbiegung in einen Hohlweg so heftig zusammen, daß des Herzogs Wagen halb umgeworfen, gegen die Seitenwand gedrückt ward, und sämmtliche Pferde in einer Verwirrung drunter und drüber hinstürzten, daß alles wie ein Knäuel todt und beschädigt ineinander zu liegen schien. Der Herzog gerieth außer sich. Die Erinnerung jenes unglücklichen Sturzes, der seiner Freundin das Leben kostete, setzte ihn in ungemessene Wuth, auch der Marquis fluchte und schimpfte,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0145" n="138"/>
können. So berechnete sie stets, und nahm ängstlich dies und jenes zum Maaßstabe an. Doch ward ihre Brust oft grade da zerschnitten, wo sie Trost erwartete.</p>
          <p>Einst fügte es sich, daß beide Wagen am Ausgang eines Waldes zusammentrafen. Antonie hatte längst Stimmen hinter sich gehört, welche immer in der Waldumgränzung vernehmlicher herüberklingen. Sie war höchst erfreuet, und sah mit Vergnügen, wie sie eine Zeitlang, auf ganz gleichlaufenden Wegen, neben einander hinfuhren, als, höchst unerwünscht, der Postillon des größern Wagens einen Vorsprung zu gewinnen suchte, und der Herzog, sein früheres Recht behauptend, selbst in die Zügel griff, die Pferde ungestüm antrieb, über Stock und Stein hinflog, und einen Wettstreit veranlaßte, der wenig Erfreuliches erwarten ließ. Auch trafen sie bei der Einbiegung in einen Hohlweg so heftig zusammen, daß des Herzogs Wagen halb umgeworfen, gegen die Seitenwand gedrückt ward, und sämmtliche Pferde in einer Verwirrung drunter und drüber hinstürzten, daß alles wie ein Knäuel todt und beschädigt ineinander zu liegen schien. Der Herzog gerieth außer sich. Die Erinnerung jenes unglücklichen Sturzes, der seiner Freundin das Leben kostete, setzte ihn in ungemessene Wuth, auch der Marquis fluchte und schimpfte,
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[138/0145] können. So berechnete sie stets, und nahm ängstlich dies und jenes zum Maaßstabe an. Doch ward ihre Brust oft grade da zerschnitten, wo sie Trost erwartete. Einst fügte es sich, daß beide Wagen am Ausgang eines Waldes zusammentrafen. Antonie hatte längst Stimmen hinter sich gehört, welche immer in der Waldumgränzung vernehmlicher herüberklingen. Sie war höchst erfreuet, und sah mit Vergnügen, wie sie eine Zeitlang, auf ganz gleichlaufenden Wegen, neben einander hinfuhren, als, höchst unerwünscht, der Postillon des größern Wagens einen Vorsprung zu gewinnen suchte, und der Herzog, sein früheres Recht behauptend, selbst in die Zügel griff, die Pferde ungestüm antrieb, über Stock und Stein hinflog, und einen Wettstreit veranlaßte, der wenig Erfreuliches erwarten ließ. Auch trafen sie bei der Einbiegung in einen Hohlweg so heftig zusammen, daß des Herzogs Wagen halb umgeworfen, gegen die Seitenwand gedrückt ward, und sämmtliche Pferde in einer Verwirrung drunter und drüber hinstürzten, daß alles wie ein Knäuel todt und beschädigt ineinander zu liegen schien. Der Herzog gerieth außer sich. Die Erinnerung jenes unglücklichen Sturzes, der seiner Freundin das Leben kostete, setzte ihn in ungemessene Wuth, auch der Marquis fluchte und schimpfte,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-07-03T15:02:16Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christoph Leijser, Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-07-03T15:02:16Z)
Bayerische Staatsbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-07-03T15:02:16Z)

Weitere Informationen:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_magie_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_magie_1812/145
Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de la Motte-: Magie der Natur. In: Kleine Romanenbibliothek von und für Damen. Berlin, 1812, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_magie_1812/145>, abgerufen am 09.11.2024.