Fouqué, Caroline de la Motte-: Magie der Natur. In: Kleine Romanenbibliothek von und für Damen. Berlin, 1812.altes Steinbild, das man zufällig in einen modernen Gesellschaftssaal geschoben hätte, in jene Kreise hinein. Sie trug nichts in sich, was sie mit dem Fremden verbinden konnte. Die Welt lag ihr fern, was sie von Menschen kannte, war ihr nur durch Beziehungen lieb, und das einzige Wesen, in welchem Leben und Schmerz und Seeligkeit zusammenflossen, das trat ihr, wie die eigene Seele, weit aus dem hellen, dreisten Lichtscheine zurück. Mit Marien war es schon anders. Ganz Glück, ganz Freude, im Gefühl still empfundener, still getheilter Liebe, hätte man sie eher mit den lieben Frauen Bildchen vergleichen können, die so selig bescheiden aus dem goldenen Rahmen, wie aus der freundlichen Schranke weiblichen Genügens, hervorblicken. Ihr Verhältniß zu Adalbert, das schweigend von ihr, wie von allen, außer Antonien und dem Herzoge, anerkannt ward, schied sie zwar von den Uebrigen, allein da ältere und reifere Personen sich stets an der zarten Entwickelung kindlicher Menschen erfreuen, und glückliche Liebe immer einen himmlischen Zauber über solche verbreitet, die sie in sittiger Verborgenheit hegen, so behauptete Marie doch unwillkührlich einen erfreulichen Platz in der Gesellschaft; vorzüglich räumten ihr diesen grade diejenigen Frauen ein, welche altes Steinbild, das man zufällig in einen modernen Gesellschaftssaal geschoben hätte, in jene Kreise hinein. Sie trug nichts in sich, was sie mit dem Fremden verbinden konnte. Die Welt lag ihr fern, was sie von Menschen kannte, war ihr nur durch Beziehungen lieb, und das einzige Wesen, in welchem Leben und Schmerz und Seeligkeit zusammenflossen, das trat ihr, wie die eigene Seele, weit aus dem hellen, dreisten Lichtscheine zurück. Mit Marien war es schon anders. Ganz Glück, ganz Freude, im Gefühl still empfundener, still getheilter Liebe, hätte man sie eher mit den lieben Frauen Bildchen vergleichen können, die so selig bescheiden aus dem goldenen Rahmen, wie aus der freundlichen Schranke weiblichen Genügens, hervorblicken. Ihr Verhältniß zu Adalbert, das schweigend von ihr, wie von allen, außer Antonien und dem Herzoge, anerkannt ward, schied sie zwar von den Uebrigen, allein da ältere und reifere Personen sich stets an der zarten Entwickelung kindlicher Menschen erfreuen, und glückliche Liebe immer einen himmlischen Zauber über solche verbreitet, die sie in sittiger Verborgenheit hegen, so behauptete Marie doch unwillkührlich einen erfreulichen Platz in der Gesellschaft; vorzüglich räumten ihr diesen grade diejenigen Frauen ein, welche <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0153" n="146"/> altes Steinbild, das man zufällig in einen modernen Gesellschaftssaal geschoben hätte, in jene Kreise hinein. Sie trug nichts in sich, was sie mit dem Fremden verbinden konnte. Die Welt lag ihr fern, was sie von Menschen kannte, war ihr nur durch Beziehungen lieb, und das einzige Wesen, in welchem Leben und Schmerz und Seeligkeit zusammenflossen, das trat ihr, wie die eigene Seele, weit aus dem hellen, dreisten Lichtscheine zurück.</p> <p>Mit Marien war es schon anders. Ganz Glück, ganz Freude, im Gefühl still empfundener, still getheilter Liebe, hätte man sie eher mit den lieben Frauen Bildchen vergleichen können, die so selig bescheiden aus dem goldenen Rahmen, wie aus der freundlichen Schranke weiblichen Genügens, hervorblicken. Ihr Verhältniß zu Adalbert, das schweigend von ihr, wie von allen, außer Antonien und dem Herzoge, anerkannt ward, schied sie zwar von den Uebrigen, allein da ältere und reifere Personen sich stets an der zarten Entwickelung kindlicher Menschen erfreuen, und glückliche Liebe immer einen himmlischen Zauber über solche verbreitet, die sie in sittiger Verborgenheit hegen, so behauptete Marie doch unwillkührlich einen erfreulichen Platz in der Gesellschaft; vorzüglich räumten ihr diesen grade diejenigen Frauen ein, welche </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [146/0153]
altes Steinbild, das man zufällig in einen modernen Gesellschaftssaal geschoben hätte, in jene Kreise hinein. Sie trug nichts in sich, was sie mit dem Fremden verbinden konnte. Die Welt lag ihr fern, was sie von Menschen kannte, war ihr nur durch Beziehungen lieb, und das einzige Wesen, in welchem Leben und Schmerz und Seeligkeit zusammenflossen, das trat ihr, wie die eigene Seele, weit aus dem hellen, dreisten Lichtscheine zurück.
Mit Marien war es schon anders. Ganz Glück, ganz Freude, im Gefühl still empfundener, still getheilter Liebe, hätte man sie eher mit den lieben Frauen Bildchen vergleichen können, die so selig bescheiden aus dem goldenen Rahmen, wie aus der freundlichen Schranke weiblichen Genügens, hervorblicken. Ihr Verhältniß zu Adalbert, das schweigend von ihr, wie von allen, außer Antonien und dem Herzoge, anerkannt ward, schied sie zwar von den Uebrigen, allein da ältere und reifere Personen sich stets an der zarten Entwickelung kindlicher Menschen erfreuen, und glückliche Liebe immer einen himmlischen Zauber über solche verbreitet, die sie in sittiger Verborgenheit hegen, so behauptete Marie doch unwillkührlich einen erfreulichen Platz in der Gesellschaft; vorzüglich räumten ihr diesen grade diejenigen Frauen ein, welche
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Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Magie der Natur. In: Kleine Romanenbibliothek von und für Damen. Berlin, 1812, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_magie_1812/153>, abgerufen am 16.02.2025. |