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Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189.

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Gegen Abend hing sich Undine mit demü-
thiger Zärtlichkeit an des Ritters Arm, und zog
ihn sanft vor die Thür hinaus, wo die sinkende
Sonne anmuthig über den frischen Gräsern und
um die hohen, schlanken, Baumstämme leuchtete.
In den Augen der jungen Frau schwamm es,
wie Thau der Wehmuth und der Liebe, auf ih-
ren Lippen schwebte es, wie ein zartes, besorgli-
ches Geheimniß, das sich aber nur in kaum ver-
nehmlichen Seufzern kund gab. Sie führte ih-
ren Liebling schweigend immer weiter mit sich
fort; was er sagte, beantwortete sie nur mit
Blicken, in denen zwar keine unmittelbare Aus-
kunft auf seine Fragen, wohl aber ein ganzer
Himmel der Liebe und schüchternen Ergebenheit
lag. So gelangte sie an das Ufer des überge-
tretnen Waldstroms, und der Ritter erstaunte,
diesen in leisen Wellen verrinnend dahin rieseln
zu sehn, so daß keine Spur seiner vorigen Wild-
heit und Fülle mehr anzutreffen war. -- Bis
Morgen wird er ganz versiegt sein, sagte die
schöne Frau weinerlich, und Du kannst dann

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Gegen Abend hing ſich Undine mit demuͤ-
thiger Zaͤrtlichkeit an des Ritters Arm, und zog
ihn ſanft vor die Thuͤr hinaus, wo die ſinkende
Sonne anmuthig uͤber den friſchen Graͤſern und
um die hohen, ſchlanken, Baumſtaͤmme leuchtete.
In den Augen der jungen Frau ſchwamm es,
wie Thau der Wehmuth und der Liebe, auf ih-
ren Lippen ſchwebte es, wie ein zartes, beſorgli-
ches Geheimniß, das ſich aber nur in kaum ver-
nehmlichen Seufzern kund gab. Sie fuͤhrte ih-
ren Liebling ſchweigend immer weiter mit ſich
fort; was er ſagte, beantwortete ſie nur mit
Blicken, in denen zwar keine unmittelbare Aus-
kunft auf ſeine Fragen, wohl aber ein ganzer
Himmel der Liebe und ſchuͤchternen Ergebenheit
lag. So gelangte ſie an das Ufer des uͤberge-
tretnen Waldſtroms, und der Ritter erſtaunte,
dieſen in leiſen Wellen verrinnend dahin rieſeln
zu ſehn, ſo daß keine Spur ſeiner vorigen Wild-
heit und Fuͤlle mehr anzutreffen war. — Bis
Morgen wird er ganz verſiegt ſein, ſagte die
ſchoͤne Frau weinerlich, und Du kannſt dann

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[81/0095] Gegen Abend hing ſich Undine mit demuͤ- thiger Zaͤrtlichkeit an des Ritters Arm, und zog ihn ſanft vor die Thuͤr hinaus, wo die ſinkende Sonne anmuthig uͤber den friſchen Graͤſern und um die hohen, ſchlanken, Baumſtaͤmme leuchtete. In den Augen der jungen Frau ſchwamm es, wie Thau der Wehmuth und der Liebe, auf ih- ren Lippen ſchwebte es, wie ein zartes, beſorgli- ches Geheimniß, das ſich aber nur in kaum ver- nehmlichen Seufzern kund gab. Sie fuͤhrte ih- ren Liebling ſchweigend immer weiter mit ſich fort; was er ſagte, beantwortete ſie nur mit Blicken, in denen zwar keine unmittelbare Aus- kunft auf ſeine Fragen, wohl aber ein ganzer Himmel der Liebe und ſchuͤchternen Ergebenheit lag. So gelangte ſie an das Ufer des uͤberge- tretnen Waldſtroms, und der Ritter erſtaunte, dieſen in leiſen Wellen verrinnend dahin rieſeln zu ſehn, ſo daß keine Spur ſeiner vorigen Wild- heit und Fuͤlle mehr anzutreffen war. — Bis Morgen wird er ganz verſiegt ſein, ſagte die ſchoͤne Frau weinerlich, und Du kannſt dann F

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Zitationshilfe: Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189, hier S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/95>, abgerufen am 21.11.2024.