Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.

Bild:
<< vorherige Seite

Der sechste Discurs/ Sinnbildung der vier Egyptischen
(existant) ferner/ wie derselbe Gott aller Ursachen Urheber sey;
wie Er alles und jedes habe erschaffen/ nach eines jeden Art/ Weise/
und Gelegenheit: wie er erleuchtet die Jntelligentien/ vermittelst
aber derselben den Verstand; durch den Verstand/ die allgemeine
universal- und himmlische Seele; und/ durch die Seele/ die Na-
tur der gebär- oder erzeuglichen Sachen/ und der corrumpirli-
chen: imgleichen; wie Er wircke/ ohne Bewegung
(oder Verän-
drung seiner selbsten) und dennoch die Bewegung aller Dinge/ von
Jhm/ und zu Jhm/ sey: denn alles wird bewogen/ durch eine
wesent- und natürliche Bewegung/ von ihm/ und zu ihm. Dem-
nechst aber wollen wir betrachten die Welt der Verständnissen

(Mundum intellectivum) darinn seine Güte praesentirt wird/ und
darinn die göttliche Formen
(oder Gestalten) sich befinden; wie
nemlich seine Güte herfür fliesst/ in alle und jede. Denn in
so weit/ als sie gut sind/ kommen sie ihm gleich
(oder werden sie ihm
verglichen) aber die Rinden und Schalen verhindern uns/ daß wir
ihren rechten Kern nicht berühren/ oder/ daß wir ihre wathaffte
eigentliche Ausdruckung/ oder Gestalt/
(wie es der Aristotelische
Text giebt/) nicht erreichen. Uberdas werden wir erzehlen die uni-
versal Natur/ deß Himmels; so fern nemlich/ als derselbe/ von
dem Verständniß
(ab Intellectu) seine Krafft hat: wobey wir auch
der Gestirne Würde und Licht erzehlen wollen. Deßgleichen ge-
dencken wir zu besehen die Natur/ unter dem Mond/ welcher Ge-
stalt ihr die Krafft eingefügt werde/ so sich an den sinnlichen/ ma-
terialischen/ veränderlichen/ und corrumpirlichen Dingen eräug-
net. Hernach werden wir beschreiben/ und fürstellig machen die
Disposition der vernünfftigen Seelen im Ab- und Aufsteigen;
auch die Ursach ihrer Vereinigung mit den Leibern erörtern: wer-
den gleicher Massen reden/ von der ehrwürdigen Seelen/ welche
verständige Sitten hat/ und sich nicht/ in weltliche Begierden/
noch Unreinigkeiten deß Leibes/ versenckt. Deßgleichen seyn
wir gemeint/ eine schändliche und besudelte Seele abzumahlen;
und hernach zu besichtigen die Ordnung der sinnlichen/ und
vege-
tabili
schen (oder Pflantz-artigen) Seelen; wie nicht weniger die
Qualiter der Seelen deß Erdreichs/ deß Feuers/ und Wassers/
und andrer Elementen. Und diese Verborgenheiten wollen wir
erklären durch solche Figuren/ die zu unserem Fürsatz diensam.

Jn diesen Aristotelischen Worten/ wird ein Verständiger bald die
Fußstapffen der Egyptischen Philosophiae erkennen. Denn was will Er

durch

Der ſechſte Discurs/ Sinnbildung der vier Egyptiſchen
(exiſtant) ferner/ wie derſelbe Gott aller Urſachen Urheber ſey;
wie Er alles uñ jedes habe erſchaffen/ nach eines jeden Art/ Weiſe/
und Gelegenheit: wie er erleuchtet die Jntelligentien/ vermittelſt
aber derſelben den Verſtand; durch den Verſtand/ die allgemeine
univerſal- und himmliſche Seele; und/ durch die Seele/ die Na-
tur der gebaͤr- oder erzeuglichen Sachen/ und der corrumpirli-
chen: imgleichen; wie Er wircke/ ohne Bewegung
(oder Veraͤn-
drung ſeiner ſelbſten) und dennoch die Bewegung aller Dinge/ von
Jhm/ und zu Jhm/ ſey: denn alles wird bewogen/ durch eine
weſent- und natuͤrliche Bewegung/ von ihm/ und zu ihm. Dem-
nechſt aber wollen wir betrachten die Welt der Verſtaͤndniſſen

(Mundum intellectivum) darinn ſeine Guͤte præſentirt wird/ und
darinn die goͤttliche Formen
(oder Geſtalten) ſich befinden; wie
nemlich ſeine Guͤte herfuͤr flieſſt/ in alle und jede. Denn in
ſo weit/ als ſie gut ſind/ kommen ſie ihm gleich
(oder werden ſie ihm
verglichen) aber die Rinden und Schalen verhindern uns/ daß wir
ihren rechten Kern nicht beruͤhren/ oder/ daß wir ihre wathaffte
eigentliche Ausdruckung/ oder Geſtalt/
(wie es der Ariſtoteliſche
Text giebt/) nicht erreichen. Uberdas werden wir erzehlen die uni-
verſal Natur/ deß Himmels; ſo fern nemlich/ als derſelbe/ von
dem Verſtaͤndniß
(ab Intellectu) ſeine Krafft hat: wobey wir auch
der Geſtirne Wuͤrde und Licht erzehlen wollen. Deßgleichen ge-
dencken wir zu beſehen die Natur/ unter dem Mond/ welcher Ge-
ſtalt ihr die Krafft eingefuͤgt werde/ ſo ſich an den ſinnlichen/ ma-
terialiſchen/ veraͤnderlichen/ und corrumpirlichen Dingen eraͤug-
net. Hernach werden wir beſchreiben/ und fuͤrſtellig machen die
Dispoſition der vernuͤnfftigen Seelen im Ab- und Aufſteigen;
auch die Urſach ihrer Vereinigung mit den Leibern eroͤrtern: wer-
den gleicher Maſſen reden/ von der ehrwuͤrdigen Seelen/ welche
verſtaͤndige Sitten hat/ und ſich nicht/ in weltliche Begierden/
noch Unreinigkeiten deß Leibes/ verſenckt. Deßgleichen ſeyn
wir gemeint/ eine ſchaͤndliche und beſudelte Seele abzumahlen;
und hernach zu beſichtigen die Ordnung der ſinnlichen/ und
vege-
tabili
ſchen (oder Pflantz-artigen) Seelen; wie nicht weniger die
Qualiter der Seelen deß Erdreichs/ deß Feuers/ und Waſſers/
und andrer Elementen. Und dieſe Verborgenheiten wollen wir
erklaͤren durch ſolche Figuren/ die zu unſerem Fuͤrſatz dienſam.

Jn dieſen Ariſtoteliſchen Worten/ wird ein Verſtaͤndiger bald die
Fußſtapffen der Egyptiſchen Philoſophiæ erkennen. Denn was will Er

durch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0136" n="110"/><fw place="top" type="header">Der &#x017F;ech&#x017F;te Discurs/ Sinnbildung der vier Egypti&#x017F;chen</fw><lb/><hi rendition="#aq">(exi&#x017F;tant)</hi><hi rendition="#fr">ferner/ wie der&#x017F;elbe Gott aller Ur&#x017F;achen Urheber &#x017F;ey;<lb/>
wie Er alles un&#x0303; jedes habe er&#x017F;chaffen/ nach eines jeden Art/ Wei&#x017F;e/<lb/>
und Gelegenheit: wie er erleuchtet die Jntelligentien/ vermittel&#x017F;t<lb/>
aber der&#x017F;elben den Ver&#x017F;tand; durch den Ver&#x017F;tand/ die allgemeine<lb/>
univer&#x017F;al- und himmli&#x017F;che Seele; und/ durch die Seele/ die Na-<lb/>
tur der geba&#x0364;r- oder erzeuglichen Sachen/ und der corrumpirli-<lb/>
chen<hi rendition="#i">:</hi> imgleichen; wie Er wircke/ ohne Bewegung</hi> (oder Vera&#x0364;n-<lb/>
drung &#x017F;einer &#x017F;elb&#x017F;ten) <hi rendition="#fr">und dennoch die Bewegung aller Dinge/ von<lb/>
Jhm/ und zu Jhm/ &#x017F;ey: denn alles wird bewogen/ durch eine<lb/>
we&#x017F;ent- und natu&#x0364;rliche Bewegung/ von ihm/ und zu ihm. Dem-<lb/>
nech&#x017F;t aber wollen wir betrachten die Welt der Ver&#x017F;ta&#x0364;ndni&#x017F;&#x017F;en</hi><lb/><hi rendition="#aq">(Mundum intellectivum)</hi> <hi rendition="#fr">darinn &#x017F;eine Gu&#x0364;te pr</hi><hi rendition="#aq">æ</hi><hi rendition="#fr">&#x017F;entirt wird/ und<lb/>
darinn die go&#x0364;ttliche Formen</hi> (oder Ge&#x017F;talten) <hi rendition="#fr">&#x017F;ich befinden; wie<lb/>
nemlich &#x017F;eine Gu&#x0364;te herfu&#x0364;r flie&#x017F;&#x017F;t/ in alle und jede. Denn in<lb/>
&#x017F;o weit/ als &#x017F;ie gut &#x017F;ind/ kommen &#x017F;ie ihm gleich</hi> (oder werden &#x017F;ie ihm<lb/>
verglichen) <hi rendition="#fr">aber die Rinden und Schalen verhindern uns/ daß wir<lb/>
ihren rechten Kern nicht beru&#x0364;hren/ oder/ daß wir ihre wathaffte<lb/>
eigentliche Ausdruckung/ oder Ge&#x017F;talt/</hi> (wie es der Ari&#x017F;toteli&#x017F;che<lb/>
Text giebt/) <hi rendition="#fr">nicht erreichen. Uberdas werden wir erzehlen die uni-<lb/>
ver&#x017F;al Natur/ deß Himmels; &#x017F;o fern nemlich/ als der&#x017F;elbe/ von<lb/>
dem Ver&#x017F;ta&#x0364;ndniß</hi> <hi rendition="#aq">(ab Intellectu)</hi> <hi rendition="#fr">&#x017F;eine Krafft hat: wobey wir auch<lb/>
der Ge&#x017F;tirne Wu&#x0364;rde und Licht erzehlen wollen. Deßgleichen ge-<lb/>
dencken wir zu be&#x017F;ehen die Natur/ unter dem Mond/ welcher Ge-<lb/>
&#x017F;talt ihr die Krafft eingefu&#x0364;gt werde/ &#x017F;o &#x017F;ich an den &#x017F;innlichen/ ma-<lb/>
teriali&#x017F;chen/ vera&#x0364;nderlichen/ und corrumpirlichen Dingen era&#x0364;ug-<lb/>
net. Hernach werden wir be&#x017F;chreiben/ und fu&#x0364;r&#x017F;tellig machen die<lb/>
Dispo&#x017F;ition der vernu&#x0364;nfftigen Seelen im Ab- und Auf&#x017F;teigen;<lb/>
auch die Ur&#x017F;ach ihrer Vereinigung mit den Leibern ero&#x0364;rtern: wer-<lb/>
den gleicher Ma&#x017F;&#x017F;en reden/ von der ehrwu&#x0364;rdigen Seelen/ welche<lb/>
ver&#x017F;ta&#x0364;ndige Sitten hat/ und &#x017F;ich nicht/ in weltliche Begierden/<lb/>
noch Unreinigkeiten deß Leibes/ ver&#x017F;enckt. Deßgleichen &#x017F;eyn<lb/>
wir gemeint/ eine &#x017F;cha&#x0364;ndliche und be&#x017F;udelte Seele abzumahlen;<lb/>
und hernach zu be&#x017F;ichtigen die Ordnung der &#x017F;innlichen/ und</hi> <hi rendition="#aq">vege-<lb/>
tabili</hi><hi rendition="#fr">&#x017F;chen</hi> (oder Pflantz-artigen) <hi rendition="#fr">Seelen; wie nicht weniger die<lb/>
Qualiter der Seelen deß Erdreichs/ deß Feuers/ und Wa&#x017F;&#x017F;ers/<lb/>
und andrer Elementen. Und die&#x017F;e Verborgenheiten wollen wir<lb/>
erkla&#x0364;ren durch &#x017F;olche Figuren/ die zu un&#x017F;erem Fu&#x0364;r&#x017F;atz dien&#x017F;am.</hi></p><lb/>
        <p>Jn die&#x017F;en Ari&#x017F;toteli&#x017F;chen Worten/ wird ein Ver&#x017F;ta&#x0364;ndiger bald die<lb/>
Fuß&#x017F;tapffen der Egypti&#x017F;chen Philo&#x017F;ophiæ erkennen. Denn was will Er<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">durch</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[110/0136] Der ſechſte Discurs/ Sinnbildung der vier Egyptiſchen (exiſtant) ferner/ wie derſelbe Gott aller Urſachen Urheber ſey; wie Er alles uñ jedes habe erſchaffen/ nach eines jeden Art/ Weiſe/ und Gelegenheit: wie er erleuchtet die Jntelligentien/ vermittelſt aber derſelben den Verſtand; durch den Verſtand/ die allgemeine univerſal- und himmliſche Seele; und/ durch die Seele/ die Na- tur der gebaͤr- oder erzeuglichen Sachen/ und der corrumpirli- chen: imgleichen; wie Er wircke/ ohne Bewegung (oder Veraͤn- drung ſeiner ſelbſten) und dennoch die Bewegung aller Dinge/ von Jhm/ und zu Jhm/ ſey: denn alles wird bewogen/ durch eine weſent- und natuͤrliche Bewegung/ von ihm/ und zu ihm. Dem- nechſt aber wollen wir betrachten die Welt der Verſtaͤndniſſen (Mundum intellectivum) darinn ſeine Guͤte præſentirt wird/ und darinn die goͤttliche Formen (oder Geſtalten) ſich befinden; wie nemlich ſeine Guͤte herfuͤr flieſſt/ in alle und jede. Denn in ſo weit/ als ſie gut ſind/ kommen ſie ihm gleich (oder werden ſie ihm verglichen) aber die Rinden und Schalen verhindern uns/ daß wir ihren rechten Kern nicht beruͤhren/ oder/ daß wir ihre wathaffte eigentliche Ausdruckung/ oder Geſtalt/ (wie es der Ariſtoteliſche Text giebt/) nicht erreichen. Uberdas werden wir erzehlen die uni- verſal Natur/ deß Himmels; ſo fern nemlich/ als derſelbe/ von dem Verſtaͤndniß (ab Intellectu) ſeine Krafft hat: wobey wir auch der Geſtirne Wuͤrde und Licht erzehlen wollen. Deßgleichen ge- dencken wir zu beſehen die Natur/ unter dem Mond/ welcher Ge- ſtalt ihr die Krafft eingefuͤgt werde/ ſo ſich an den ſinnlichen/ ma- terialiſchen/ veraͤnderlichen/ und corrumpirlichen Dingen eraͤug- net. Hernach werden wir beſchreiben/ und fuͤrſtellig machen die Dispoſition der vernuͤnfftigen Seelen im Ab- und Aufſteigen; auch die Urſach ihrer Vereinigung mit den Leibern eroͤrtern: wer- den gleicher Maſſen reden/ von der ehrwuͤrdigen Seelen/ welche verſtaͤndige Sitten hat/ und ſich nicht/ in weltliche Begierden/ noch Unreinigkeiten deß Leibes/ verſenckt. Deßgleichen ſeyn wir gemeint/ eine ſchaͤndliche und beſudelte Seele abzumahlen; und hernach zu beſichtigen die Ordnung der ſinnlichen/ und vege- tabiliſchen (oder Pflantz-artigen) Seelen; wie nicht weniger die Qualiter der Seelen deß Erdreichs/ deß Feuers/ und Waſſers/ und andrer Elementen. Und dieſe Verborgenheiten wollen wir erklaͤren durch ſolche Figuren/ die zu unſerem Fuͤrſatz dienſam. Jn dieſen Ariſtoteliſchen Worten/ wird ein Verſtaͤndiger bald die Fußſtapffen der Egyptiſchen Philoſophiæ erkennen. Denn was will Er durch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/136
Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/136>, abgerufen am 22.12.2024.