Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.Der achte Discurs/ sessen war/ und der Leute Hertz/ denen es gehörte/ daß dieselbe es alsobaldlassen würden: wie auch den Menschen/ der den Jüngern begegnen solte; welcher Jhm abwesend so gewiß zugegen war/ daß Er/ der HErr/ merck- lich sagte: der trägt einen Wasserkrug; uns/ die wir solches lesen/ zu einem sonderbaren Nachdencken/ daß derselbe Mensch/ vor den Augen seiner ewigen Allwissenheit/ schon von Ewigkeit her/ den Wasserkrug also trage/ ehe denn er geboren worden/ und den Krug jemals/ auf der Welt/ getragen. Wie GOtt Adlerhaupt. Auf göttliche/ und übertreffliche Weise nemlich/ be- Daß die Adlerhaupt. Mit nichten. Denn ich verstehe diesen Ausspruch/ Winterschild. Das kan ich nicht fassen: es ist mir zu hoch. Adlerhaupt. Jch auch nicht/ und kein Mensch: ob er gleich/ mit werck
Der achte Discurs/ ſeſſen war/ und der Leute Hertz/ denen es gehoͤrte/ daß dieſelbe es alſobaldlaſſen wuͤrden: wie auch den Menſchen/ der den Juͤngern begegnen ſolte; welcher Jhm abweſend ſo gewiß zugegen war/ daß Er/ der HErꝛ/ merck- lich ſagte: der traͤgt einen Waſſerkrug; uns/ die wir ſolches leſen/ zu einem ſonderbaren Nachdencken/ daß derſelbe Menſch/ vor den Augen ſeiner ewigen Allwiſſenheit/ ſchon von Ewigkeit her/ den Waſſerkrug alſo trage/ ehe denn er geboren worden/ und den Krug jemals/ auf der Welt/ getragen. Wie GOtt Adlerhaupt. Auf goͤttliche/ und uͤbertreffliche Weiſe nemlich/ be- Daß die Adlerhaupt. Mit nichten. Denn ich verſtehe dieſen Ausſpruch/ Winterſchild. Das kan ich nicht faſſen: es iſt mir zu hoch. Adlerhaupt. Jch auch nicht/ und kein Menſch: ob er gleich/ mit werck
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0180" n="154"/><fw place="top" type="header">Der achte Discurs/</fw><lb/> ſeſſen war/ und der Leute Hertz/ denen es gehoͤrte/ daß dieſelbe es alſobald<lb/> laſſen wuͤrden: wie auch den Menſchen/ der den Juͤngern begegnen ſolte;<lb/> welcher Jhm abweſend ſo gewiß zugegen war/ daß Er/ der HErꝛ/ merck-<lb/> lich ſagte: <hi rendition="#fr">der traͤgt einen Waſſerkrug;</hi> uns/ die wir ſolches leſen/ zu<lb/> einem ſonderbaren Nachdencken/ daß derſelbe Menſch/ vor den Augen<lb/> ſeiner ewigen Allwiſſenheit/ ſchon von Ewigkeit her/ den Waſſerkrug alſo<lb/> trage/ ehe denn er geboren worden/ und den Krug jemals/ auf der Welt/<lb/> getragen.</p><lb/> <p><note place="left">Wie GOtt<lb/> alle Dinge<lb/> begreiffe.</note><hi rendition="#fr">Winterſchild.</hi> Daran trag ich den geringſten Zweiffel nicht: wer<lb/> wolte leugnen/ daß GOtt vorher Alles wiſſe? Aber das kommt mir<lb/> ſchwer fuͤr/ daß der HErꝛ ſagt/ die Welt/ und alle Dinge/ ſeyn in GOtt/<lb/> welcher Alles in ſich beſchlieſſe.</p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Adlerhaupt.</hi> Auf goͤttliche/ und uͤbertreffliche Weiſe nemlich/ be-<lb/> greifft Er in ſich alle Weſenſchafften/ ſamt allen ihren Graden/ ohne<lb/> Maſſe/ Ziel/ und Einſchraͤnckung. Er iſt ſtets wuͤrcklich <hi rendition="#aq">(actu)</hi> alles das<lb/> jenige/ was ſeyn kan; iſt der Brunn/ und das unendliche Meer der We-<lb/> ſenheit; iſt alle Staͤrcke/ Krafft/ und Gewalt; von aller Unkrafft und<lb/> Schwachheit weit entfernt.</p><lb/> <p><note place="left">Daß die<lb/> Welt ihꝛ be-<lb/> ſonders ei-<lb/> genes We-<lb/> ſen/ von dem<lb/> Urweſen<lb/> empfangen<lb/> habe; und<lb/> aus der Un-<lb/> weſenſchafft<lb/> (oder aus<lb/> Nichts) den-<lb/> noch her-<lb/> fuͤrgebracht<lb/> ſey.</note><hi rendition="#fr">Winterſchild.</hi> Jch foͤrchte/ je mehr der Herꝛ befliſſen iſt/ den Kno-<lb/> den zu loͤſen/ je feſter ziehe er ihn erſt zuſammen. Wenn GOtt der HErꝛ<lb/> allezeit wuͤrcklich alles das jenige iſt/ <hi rendition="#fr">was ſeyn kan:</hi> ſo wird man je/ zu<lb/> dieſem ungereimten Schluß/ getrieben/ ſein Weſen ſey das Weſen aller<lb/> Dinge/ habe auch in ſich die Weſenſchafft der Welt/ und aller Dinge/ ſo<lb/> in der Welt befindlich.</p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Adlerhaupt.</hi> Mit nichten. Denn ich verſtehe dieſen Ausſpruch/<lb/> daß GOtt alle Dinge begreiffe/ auf gantz andre Art/ weder es der Herꝛ<lb/> deutet. Die Welt hat/ in ihrer ſelbſteigenen beſondern real Natur/ die<lb/> wir ſchauen/ ein andres Weſen; und ein andres in dem goͤttlichen Sinn<lb/> oder Verſtande/ ſo wir nicht ſehen.</p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Winterſchild.</hi> Das kan ich nicht faſſen: es iſt mir zu hoch.</p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Adlerhaupt.</hi> Jch auch nicht/ und kein Menſch: ob er gleich/ mit<lb/> der Scheitel bis an den Himmel ruͤhrte/ und die Sonne/ mit der Rechten/<lb/> den Mond/ mit der Lincken/ begriffe; wuͤrde doch dieſes weit uͤber ſeinen<lb/> Begriff ſchreiten. <hi rendition="#fr">Solch Erkenntniß iſt mir zu wunderlich/ und<lb/> zu hoch/ ich kans nicht begreiffen/</hi> muͤſſen wir hie Alle/ mit dem heili-<lb/> gen Koͤnige/ bekennen. Doch laͤſſt ſich die Sache/ durch einige Gleich-<lb/> niß/ nichts deſtoweniger fein fuͤrſtellig machen. Dieſes oder jenes Schiff/<lb/> das aus ſolchen und dergleichen Brettern gebauet/ mit gewiſſem Eiſen-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">werck</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [154/0180]
Der achte Discurs/
ſeſſen war/ und der Leute Hertz/ denen es gehoͤrte/ daß dieſelbe es alſobald
laſſen wuͤrden: wie auch den Menſchen/ der den Juͤngern begegnen ſolte;
welcher Jhm abweſend ſo gewiß zugegen war/ daß Er/ der HErꝛ/ merck-
lich ſagte: der traͤgt einen Waſſerkrug; uns/ die wir ſolches leſen/ zu
einem ſonderbaren Nachdencken/ daß derſelbe Menſch/ vor den Augen
ſeiner ewigen Allwiſſenheit/ ſchon von Ewigkeit her/ den Waſſerkrug alſo
trage/ ehe denn er geboren worden/ und den Krug jemals/ auf der Welt/
getragen.
Winterſchild. Daran trag ich den geringſten Zweiffel nicht: wer
wolte leugnen/ daß GOtt vorher Alles wiſſe? Aber das kommt mir
ſchwer fuͤr/ daß der HErꝛ ſagt/ die Welt/ und alle Dinge/ ſeyn in GOtt/
welcher Alles in ſich beſchlieſſe.
Wie GOtt
alle Dinge
begreiffe.
Adlerhaupt. Auf goͤttliche/ und uͤbertreffliche Weiſe nemlich/ be-
greifft Er in ſich alle Weſenſchafften/ ſamt allen ihren Graden/ ohne
Maſſe/ Ziel/ und Einſchraͤnckung. Er iſt ſtets wuͤrcklich (actu) alles das
jenige/ was ſeyn kan; iſt der Brunn/ und das unendliche Meer der We-
ſenheit; iſt alle Staͤrcke/ Krafft/ und Gewalt; von aller Unkrafft und
Schwachheit weit entfernt.
Winterſchild. Jch foͤrchte/ je mehr der Herꝛ befliſſen iſt/ den Kno-
den zu loͤſen/ je feſter ziehe er ihn erſt zuſammen. Wenn GOtt der HErꝛ
allezeit wuͤrcklich alles das jenige iſt/ was ſeyn kan: ſo wird man je/ zu
dieſem ungereimten Schluß/ getrieben/ ſein Weſen ſey das Weſen aller
Dinge/ habe auch in ſich die Weſenſchafft der Welt/ und aller Dinge/ ſo
in der Welt befindlich.
Daß die
Welt ihꝛ be-
ſonders ei-
genes We-
ſen/ von dem
Urweſen
empfangen
habe; und
aus der Un-
weſenſchafft
(oder aus
Nichts) den-
noch her-
fuͤrgebracht
ſey.
Adlerhaupt. Mit nichten. Denn ich verſtehe dieſen Ausſpruch/
daß GOtt alle Dinge begreiffe/ auf gantz andre Art/ weder es der Herꝛ
deutet. Die Welt hat/ in ihrer ſelbſteigenen beſondern real Natur/ die
wir ſchauen/ ein andres Weſen; und ein andres in dem goͤttlichen Sinn
oder Verſtande/ ſo wir nicht ſehen.
Winterſchild. Das kan ich nicht faſſen: es iſt mir zu hoch.
Adlerhaupt. Jch auch nicht/ und kein Menſch: ob er gleich/ mit
der Scheitel bis an den Himmel ruͤhrte/ und die Sonne/ mit der Rechten/
den Mond/ mit der Lincken/ begriffe; wuͤrde doch dieſes weit uͤber ſeinen
Begriff ſchreiten. Solch Erkenntniß iſt mir zu wunderlich/ und
zu hoch/ ich kans nicht begreiffen/ muͤſſen wir hie Alle/ mit dem heili-
gen Koͤnige/ bekennen. Doch laͤſſt ſich die Sache/ durch einige Gleich-
niß/ nichts deſtoweniger fein fuͤrſtellig machen. Dieſes oder jenes Schiff/
das aus ſolchen und dergleichen Brettern gebauet/ mit gewiſſem Eiſen-
werck
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |