Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.der Kranke zum erstenmal in einem Stuhl aufrecht, Nun kommt eine schwere Zeit! sagte sich Mari¬ "Es ist Alles so unbegreiflich," fuhr er grübelnd "Armer Alfred," schluchzte sie, "aber gewiß, es Er schwieg lange. "Wir müssen hinaus," sagte sie wie zu sich selbst, der Kranke zum erſtenmal in einem Stuhl aufrecht, Nun kommt eine ſchwere Zeit! ſagte ſich Mari¬ „Es iſt Alles ſo unbegreiflich,“ fuhr er grübelnd „Armer Alfred,“ ſchluchzte ſie, „aber gewiß, es Er ſchwieg lange. „Wir müſſen hinaus,“ ſagte ſie wie zu ſich ſelbſt, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0106" n="90"/> der Kranke zum erſtenmal in einem Stuhl aufrecht,<lb/> den noch verbundenen Kopf kaum angelehnt und ein<lb/> feines Roth auf den ſchmäler gewordenen Wangen.<lb/> Er klagte nur, ihm ſei noch immer, als kämpfe er<lb/> mit dem Traum. „Könnt' ich aufwachen,“ ſeufzte er.</p><lb/> <p>Nun kommt eine ſchwere Zeit! ſagte ſich Mari¬<lb/> anne, und ihr ward ſo verzagt ums Herz, daß ſie<lb/> ſeinen Seufzer erwiderte.</p><lb/> <p>„Es iſt Alles ſo unbegreiflich,“ fuhr er grübelnd<lb/> fort, „immer im Dunkeln und Du immer bei mir<lb/> und doch auch nur mit Deiner holden Stimme! Ich<lb/> kann Dich nicht faſſen, nicht finden und fühle Dich<lb/> doch überall, — ich bin kein Menſch mehr — ich lebe<lb/> nicht mehr in Luft und Licht — nicht mehr in Tag<lb/> und Nacht — meine Atmoſphäre biſt Du, mein<lb/> Morgen und mein Abend biſt Du, Du mein Mond¬<lb/> ſchein und Du mein Sonnenlicht.“ — — —</p><lb/> <p>„Armer Alfred,“ ſchluchzte ſie, „aber gewiß, es<lb/> bleibt nicht lang' ſo! Der böſe Alb fällt ab, wenn<lb/> Du nur Geduld haſt, der Arzt ſagt's ja, und Du<lb/> wirſt wach, und Alles iſt wie vorher.“</p><lb/> <p>Er ſchwieg lange.</p><lb/> <p>„Wir müſſen hinaus,“ ſagte ſie wie zu ſich ſelbſt,<lb/> „daß Du wieder eine Luſt fühlſt und einen großen<lb/> Athem. Der Doktor erlaubt's bald. Und für den<lb/> Augenblick — da weiß ich auch was — — ich bin<lb/> gleich wieder da.“</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [90/0106]
der Kranke zum erſtenmal in einem Stuhl aufrecht,
den noch verbundenen Kopf kaum angelehnt und ein
feines Roth auf den ſchmäler gewordenen Wangen.
Er klagte nur, ihm ſei noch immer, als kämpfe er
mit dem Traum. „Könnt' ich aufwachen,“ ſeufzte er.
Nun kommt eine ſchwere Zeit! ſagte ſich Mari¬
anne, und ihr ward ſo verzagt ums Herz, daß ſie
ſeinen Seufzer erwiderte.
„Es iſt Alles ſo unbegreiflich,“ fuhr er grübelnd
fort, „immer im Dunkeln und Du immer bei mir
und doch auch nur mit Deiner holden Stimme! Ich
kann Dich nicht faſſen, nicht finden und fühle Dich
doch überall, — ich bin kein Menſch mehr — ich lebe
nicht mehr in Luft und Licht — nicht mehr in Tag
und Nacht — meine Atmoſphäre biſt Du, mein
Morgen und mein Abend biſt Du, Du mein Mond¬
ſchein und Du mein Sonnenlicht.“ — — —
„Armer Alfred,“ ſchluchzte ſie, „aber gewiß, es
bleibt nicht lang' ſo! Der böſe Alb fällt ab, wenn
Du nur Geduld haſt, der Arzt ſagt's ja, und Du
wirſt wach, und Alles iſt wie vorher.“
Er ſchwieg lange.
„Wir müſſen hinaus,“ ſagte ſie wie zu ſich ſelbſt,
„daß Du wieder eine Luſt fühlſt und einen großen
Athem. Der Doktor erlaubt's bald. Und für den
Augenblick — da weiß ich auch was — — ich bin
gleich wieder da.“
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