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Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.

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"Ha, nei'," sagte der Angeredete und zog ein
wenig beleidigt die Brauen zusammen, "i han mer
d' nui Straß a'sehe wölle, wo do g'macht wird."
Dabei guckte er blinzelnd in das hübsche, stolze Ge¬
sicht des Mädchens, als wolle er jeden Augenblick in
Lachen ausbrechen, sobald sie's ihm nur etwas leichter
mache.

Aber sie that es nicht; gleichmüthig stand sie da,
nur, daß die fleißige Hand jetzt ruhte.

"'s ischt e arge Hitz," sagte er und rüttelte an
den Gitterstäben.

"Mir macht's nix, -- Hitz oder Kält, mir
ist's gleich," erwiderte sie, sich leicht über die Stirn
fahrend.

"Do herin wär' Schatte," er wies auf ein
dichtes Tannengebüsch, das den Gemüsegarten vom
Baumgut trennte.

Lachend schüttelte sie den Kopf. "Da gibt's
nix! die Pforten is zug'sperrt, und der Herr General
hat den Schlüssel in der Taschen, herein kommst nit!"

Der Michel sah aus, als möcht' er wohl über
den Zaun springen, wenn er ein Bub jetzt wäre, --
plötzlich aber schien er sich seiner Würde und Jahre
bewußt zu werden.

"Moni, geh' her, laß Dei G'schäft en Augeblick,"
bat er ernsthaft, "i möcht Dir was verzähle."

Neugierig aufhorchend kam nun das Mädchen an

„Ha, nei',“ ſagte der Angeredete und zog ein
wenig beleidigt die Brauen zuſammen, „i han mer
d' nui Straß a'ſehe wölle, wo do g'macht wird.“
Dabei guckte er blinzelnd in das hübſche, ſtolze Ge¬
ſicht des Mädchens, als wolle er jeden Augenblick in
Lachen ausbrechen, ſobald ſie's ihm nur etwas leichter
mache.

Aber ſie that es nicht; gleichmüthig ſtand ſie da,
nur, daß die fleißige Hand jetzt ruhte.

„'s iſcht e arge Hitz,“ ſagte er und rüttelte an
den Gitterſtäben.

„Mir macht's nix, — Hitz oder Kält, mir
iſt's gleich,“ erwiderte ſie, ſich leicht über die Stirn
fahrend.

„Do herin wär' Schatte,“ er wies auf ein
dichtes Tannengebüſch, das den Gemüſegarten vom
Baumgut trennte.

Lachend ſchüttelte ſie den Kopf. „Da gibt's
nix! die Pforten is zug'ſperrt, und der Herr General
hat den Schlüſſel in der Taſchen, herein kommſt nit!“

Der Michel ſah aus, als möcht' er wohl über
den Zaun ſpringen, wenn er ein Bub jetzt wäre, —
plötzlich aber ſchien er ſich ſeiner Würde und Jahre
bewußt zu werden.

„Moni, geh' her, laß Dei G'ſchäft en Augeblick,“
bat er ernſthaft, „i möcht Dir was verzähle.“

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[153/0169] „Ha, nei',“ ſagte der Angeredete und zog ein wenig beleidigt die Brauen zuſammen, „i han mer d' nui Straß a'ſehe wölle, wo do g'macht wird.“ Dabei guckte er blinzelnd in das hübſche, ſtolze Ge¬ ſicht des Mädchens, als wolle er jeden Augenblick in Lachen ausbrechen, ſobald ſie's ihm nur etwas leichter mache. Aber ſie that es nicht; gleichmüthig ſtand ſie da, nur, daß die fleißige Hand jetzt ruhte. „'s iſcht e arge Hitz,“ ſagte er und rüttelte an den Gitterſtäben. „Mir macht's nix, — Hitz oder Kält, mir iſt's gleich,“ erwiderte ſie, ſich leicht über die Stirn fahrend. „Do herin wär' Schatte,“ er wies auf ein dichtes Tannengebüſch, das den Gemüſegarten vom Baumgut trennte. Lachend ſchüttelte ſie den Kopf. „Da gibt's nix! die Pforten is zug'ſperrt, und der Herr General hat den Schlüſſel in der Taſchen, herein kommſt nit!“ Der Michel ſah aus, als möcht' er wohl über den Zaun ſpringen, wenn er ein Bub jetzt wäre, — plötzlich aber ſchien er ſich ſeiner Würde und Jahre bewußt zu werden. „Moni, geh' her, laß Dei G'ſchäft en Augeblick,“ bat er ernſthaft, „i möcht Dir was verzähle.“ Neugierig aufhorchend kam nun das Mädchen an

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Zitationshilfe: Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891/169>, abgerufen am 21.11.2024.