Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.früheren Klageton: "Nachher ist meine Mutter wieder "Und so arg ka'scht lüge," sagte er trostlos. Da fuhr sie wieder auf mit ausgestrecktem Zeige¬ 12 *
früheren Klageton: „Nachher iſt meine Mutter wieder „Und ſo arg ka'ſcht lüge,“ ſagte er troſtlos. Da fuhr ſie wieder auf mit ausgeſtrecktem Zeige¬ 12 *
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0195" n="179"/> früheren Klageton: „Nachher iſt meine Mutter wieder<lb/> ins gleiche Dorf kommen, hat geheirath, jetzt hat ſie<lb/> vier Kinder, aber i g'hör nit dazu! Und ein Leben<lb/> hat ſie! Der Mann wirft's ihr den ganzen Tag vor,<lb/> daß er ſie ohn' Vermögen g'nommen hab; er hat<lb/> auch noch ſo zwei Bub'n zu verſorgen, die ihn an¬<lb/> gehen, von früher her. Sie hat oft kein Brot im<lb/> Haus! Könnt ſie mich nit emal anſchauen? Ich hab'<lb/> auch nix!“ Ihre Schultern zitterten vom Weinen,<lb/> Michel ſeufzte ſchwer.</p><lb/> <p>„Und ſo arg ka'ſcht lüge,“ ſagte er troſtlos.</p><lb/> <p>Da fuhr ſie wieder auf mit ausgeſtrecktem Zeige¬<lb/> finger, „Sie lügen alle! Der gnä' Herr, der mir<lb/> ſchön thut, wenn ich allein bin und mich anfährt,<lb/> wenn die gnä' Frau dabei iſt, — die gnä' Frau,<lb/> wenn ſie den Preis vom neuen Hut ſagen ſoll, und<lb/> auf der Rechnung, die ich geſehen hab', zufällig, ſteht<lb/> zweimal ſoviel, — unſer gnä' Fräulein, für die ich<lb/> alle Tag Brief wegtragen muß, poſtlagernd,“ ſie<lb/> lachte bedeutſam, „und wie meinſt, daß mir's gangen<lb/> wär in dem Fürſtenſchloß, wo ſie mich mit acht Jahr<lb/> zur Hilf aufg'nommen haben? Es war e große<lb/> Wohlthat! Wenn's ſchaffen angangen iſt, da heißt's:<lb/> „ſie hat Kräfte, wie ein Erwachſenes.“ Sagt die<lb/> Köchin: „Mir mußt helfen, das G'ſchirrputzen ver¬<lb/> ſteh'ſt beſſer als en Altes,“ das Zimmermädel ſchreit:<lb/> „Zu mir daher, Du haſt en jungen Rücken, Dir<lb/> <fw place="bottom" type="sig">12 *<lb/></fw> </p> </div> </body> </text> </TEI> [179/0195]
früheren Klageton: „Nachher iſt meine Mutter wieder
ins gleiche Dorf kommen, hat geheirath, jetzt hat ſie
vier Kinder, aber i g'hör nit dazu! Und ein Leben
hat ſie! Der Mann wirft's ihr den ganzen Tag vor,
daß er ſie ohn' Vermögen g'nommen hab; er hat
auch noch ſo zwei Bub'n zu verſorgen, die ihn an¬
gehen, von früher her. Sie hat oft kein Brot im
Haus! Könnt ſie mich nit emal anſchauen? Ich hab'
auch nix!“ Ihre Schultern zitterten vom Weinen,
Michel ſeufzte ſchwer.
„Und ſo arg ka'ſcht lüge,“ ſagte er troſtlos.
Da fuhr ſie wieder auf mit ausgeſtrecktem Zeige¬
finger, „Sie lügen alle! Der gnä' Herr, der mir
ſchön thut, wenn ich allein bin und mich anfährt,
wenn die gnä' Frau dabei iſt, — die gnä' Frau,
wenn ſie den Preis vom neuen Hut ſagen ſoll, und
auf der Rechnung, die ich geſehen hab', zufällig, ſteht
zweimal ſoviel, — unſer gnä' Fräulein, für die ich
alle Tag Brief wegtragen muß, poſtlagernd,“ ſie
lachte bedeutſam, „und wie meinſt, daß mir's gangen
wär in dem Fürſtenſchloß, wo ſie mich mit acht Jahr
zur Hilf aufg'nommen haben? Es war e große
Wohlthat! Wenn's ſchaffen angangen iſt, da heißt's:
„ſie hat Kräfte, wie ein Erwachſenes.“ Sagt die
Köchin: „Mir mußt helfen, das G'ſchirrputzen ver¬
ſteh'ſt beſſer als en Altes,“ das Zimmermädel ſchreit:
„Zu mir daher, Du haſt en jungen Rücken, Dir
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