Das folgende 1706te Jahr war fast noch schwerer. Den 1ten Februar marschirete das Französische Granadier-Regiment wieder zu- rück nach Pohlen, eben denselben Weg, wie im vorigen Jahre. Den 3 Februar brachen die 8 Compagnien Musquetirer, so in der Stadt lagen, wieder auf, und giengen nach Pohlen. Sie nahmen in der Stadt und auf dem Lande weg, was sie nur bekommen kon- ten, und kosteten der Stadt 205 Thaler; worauf alle Tage grosse Durchmarsche gescha- hen. Als in diesem Jahre den 26sten August im gantzen Lande ein grosses Schrecken wegen des Einzugs der Schweden entstunde, so flüch- teten sowohl Bürger als Bauern mit ihren Weibern, Kindern und besten Sachen ins Brandenburgische nach Cotbus, das Schre- cken und die Furcht war so groß, daß niemand in der Stadt blieb, als Herr Senf, Amts- Voigt, Hausdorf, Burgemeister, M. Marti- ni, Pastor Primarius, und Klien, Sub-Dia- conus. Die Dorfschaften flüchteten ins Ge- höltze, sonderlich ins Colmische Revier, daß die Heide von Menschen, Wagen und Vieh so voll war, daß auch einige wegen Mangel am Essen (weil gleich grosse Noth in den Müh- len wegen Mangel des Wassers war) schon anfingen, andere zu bestehlen. Vornemlich hatte sich die Colmische Gemeine (im Dorfe
war
Das ſechszehende Capitel.
Das folgende 1706te Jahr war faſt noch ſchwerer. Den 1ten Februar marſchirete das Franzoͤſiſche Granadier-Regiment wieder zu- ruͤck nach Pohlen, eben denſelben Weg, wie im vorigen Jahre. Den 3 Februar brachen die 8 Compagnien Muſquetirer, ſo in der Stadt lagen, wieder auf, und giengen nach Pohlen. Sie nahmen in der Stadt und auf dem Lande weg, was ſie nur bekommen kon- ten, und koſteten der Stadt 205 Thaler; worauf alle Tage groſſe Durchmarſche geſcha- hen. Als in dieſem Jahre den 26ſten Auguſt im gantzen Lande ein groſſes Schrecken wegen des Einzugs der Schweden entſtunde, ſo fluͤch- teten ſowohl Buͤrger als Bauern mit ihren Weibern, Kindern und beſten Sachen ins Brandenburgiſche nach Cotbus, das Schre- cken und die Furcht war ſo groß, daß niemand in der Stadt blieb, als Herr Senf, Amts- Voigt, Hausdorf, Burgemeiſter, M. Marti- ni, Paſtor Primarius, und Klien, Sub-Dia- conus. Die Dorfſchaften fluͤchteten ins Ge- hoͤltze, ſonderlich ins Colmiſche Revier, daß die Heide von Menſchen, Wagen und Vieh ſo voll war, daß auch einige wegen Mangel am Eſſen (weil gleich groſſe Noth in den Muͤh- len wegen Mangel des Waſſers war) ſchon anfingen, andere zu beſtehlen. Vornemlich hatte ſich die Colmiſche Gemeine (im Dorfe
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Das ſechszehende Capitel.
Das folgende 1706te Jahr war faſt noch
ſchwerer. Den 1ten Februar marſchirete das
Franzoͤſiſche Granadier-Regiment wieder zu-
ruͤck nach Pohlen, eben denſelben Weg, wie
im vorigen Jahre. Den 3 Februar brachen
die 8 Compagnien Muſquetirer, ſo in der
Stadt lagen, wieder auf, und giengen nach
Pohlen. Sie nahmen in der Stadt und auf
dem Lande weg, was ſie nur bekommen kon-
ten, und koſteten der Stadt 205 Thaler;
worauf alle Tage groſſe Durchmarſche geſcha-
hen. Als in dieſem Jahre den 26ſten Auguſt
im gantzen Lande ein groſſes Schrecken wegen
des Einzugs der Schweden entſtunde, ſo fluͤch-
teten ſowohl Buͤrger als Bauern mit ihren
Weibern, Kindern und beſten Sachen ins
Brandenburgiſche nach Cotbus, das Schre-
cken und die Furcht war ſo groß, daß niemand
in der Stadt blieb, als Herr Senf, Amts-
Voigt, Hausdorf, Burgemeiſter, M. Marti-
ni, Paſtor Primarius, und Klien, Sub-Dia-
conus. Die Dorfſchaften fluͤchteten ins Ge-
hoͤltze, ſonderlich ins Colmiſche Revier, daß
die Heide von Menſchen, Wagen und Vieh
ſo voll war, daß auch einige wegen Mangel
am Eſſen (weil gleich groſſe Noth in den Muͤh-
len wegen Mangel des Waſſers war) ſchon
anfingen, andere zu beſtehlen. Vornemlich
hatte ſich die Colmiſche Gemeine (im Dorfe
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Frentzel, Salomon Gottlob: Historischer Schau-Platz Oder Chronike Und Beschreibung Der Königlichen und Churfürstlichen Sächßischen Stadt und Herrschaft Hoyerswerda Im Marggraffthume Ober-Laußitz. Leipzig u. a., 1744, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frentzel_schauplatz_1744/150>, abgerufen am 04.12.2024.
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