Frey, Jacob: Das erfüllte Versprechen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–107. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.zen, ängstlichen Pause tauchte er zur nämlichen Stelle, auf der er niedergesunken, wieder empor und glitt dann flußabwärts, wie ein schlanker Kahn, der mühelos gerudert wird. V. Schon bei einbrechendem Abend war die ganze Stadt in ein buntes Kriegslager verwandelt. An allen vier Thoren, vor dem Zeughause und an der Kreuzgasse gegenüber dem Rathhause standen zahlreiche und regelmäßig sich ablösende Wachtposten, während ebenso zahlreiche Streifpatrouillen da und dort ein Haus umzingelten, oder einen Gefangenen durch die Straßen führten. Die Verschwörung war vollständig und widerstandslos niedergeschlagen. So lange das Haupt und die Seele derselben, Herr Hauptmann Henzi, nicht in festem Gewahrsam gewesen, hatte das Zünglein der Wage in bedenklicher Weise geschwankt, und manche vornehme Rathsherrenfrau stand am Mittage am Kochherde, nicht um ein fröhliches Mahl, sondern um große Töpfe siedenden Wassers zu rüsten, mit dem sie die befürchteten Angreifer ihres Hauses von den Fenstern herab zu begrüßen gedachte. Die Masse der mindern Burger und Einsassen hatte um diese Zeit eine Haltung angenommen, die solche Vorkehren nur zu sehr rechtfertigte; wußte man doch, daß das Aarbergerthor und die ganze befestigte Mauerlinie bis zum Thurme zen, ängstlichen Pause tauchte er zur nämlichen Stelle, auf der er niedergesunken, wieder empor und glitt dann flußabwärts, wie ein schlanker Kahn, der mühelos gerudert wird. V. Schon bei einbrechendem Abend war die ganze Stadt in ein buntes Kriegslager verwandelt. An allen vier Thoren, vor dem Zeughause und an der Kreuzgasse gegenüber dem Rathhause standen zahlreiche und regelmäßig sich ablösende Wachtposten, während ebenso zahlreiche Streifpatrouillen da und dort ein Haus umzingelten, oder einen Gefangenen durch die Straßen führten. Die Verschwörung war vollständig und widerstandslos niedergeschlagen. So lange das Haupt und die Seele derselben, Herr Hauptmann Henzi, nicht in festem Gewahrsam gewesen, hatte das Zünglein der Wage in bedenklicher Weise geschwankt, und manche vornehme Rathsherrenfrau stand am Mittage am Kochherde, nicht um ein fröhliches Mahl, sondern um große Töpfe siedenden Wassers zu rüsten, mit dem sie die befürchteten Angreifer ihres Hauses von den Fenstern herab zu begrüßen gedachte. Die Masse der mindern Burger und Einsassen hatte um diese Zeit eine Haltung angenommen, die solche Vorkehren nur zu sehr rechtfertigte; wußte man doch, daß das Aarbergerthor und die ganze befestigte Mauerlinie bis zum Thurme <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="4"> <p><pb facs="#f0071"/> zen, ängstlichen Pause tauchte er zur nämlichen Stelle, auf der er niedergesunken, wieder empor und glitt dann flußabwärts, wie ein schlanker Kahn, der mühelos gerudert wird.</p><lb/> </div> <div type="chapter" n="5"> <head>V.</head><lb/> <p>Schon bei einbrechendem Abend war die ganze Stadt in ein buntes Kriegslager verwandelt. An allen vier Thoren, vor dem Zeughause und an der Kreuzgasse gegenüber dem Rathhause standen zahlreiche und regelmäßig sich ablösende Wachtposten, während ebenso zahlreiche Streifpatrouillen da und dort ein Haus umzingelten, oder einen Gefangenen durch die Straßen führten. Die Verschwörung war vollständig und widerstandslos niedergeschlagen. So lange das Haupt und die Seele derselben, Herr Hauptmann Henzi, nicht in festem Gewahrsam gewesen, hatte das Zünglein der Wage in bedenklicher Weise geschwankt, und manche vornehme Rathsherrenfrau stand am Mittage am Kochherde, nicht um ein fröhliches Mahl, sondern um große Töpfe siedenden Wassers zu rüsten, mit dem sie die befürchteten Angreifer ihres Hauses von den Fenstern herab zu begrüßen gedachte. Die Masse der mindern Burger und Einsassen hatte um diese Zeit eine Haltung angenommen, die solche Vorkehren nur zu sehr rechtfertigte; wußte man doch, daß das Aarbergerthor und die ganze befestigte Mauerlinie bis zum Thurme<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0071]
zen, ängstlichen Pause tauchte er zur nämlichen Stelle, auf der er niedergesunken, wieder empor und glitt dann flußabwärts, wie ein schlanker Kahn, der mühelos gerudert wird.
V.
Schon bei einbrechendem Abend war die ganze Stadt in ein buntes Kriegslager verwandelt. An allen vier Thoren, vor dem Zeughause und an der Kreuzgasse gegenüber dem Rathhause standen zahlreiche und regelmäßig sich ablösende Wachtposten, während ebenso zahlreiche Streifpatrouillen da und dort ein Haus umzingelten, oder einen Gefangenen durch die Straßen führten. Die Verschwörung war vollständig und widerstandslos niedergeschlagen. So lange das Haupt und die Seele derselben, Herr Hauptmann Henzi, nicht in festem Gewahrsam gewesen, hatte das Zünglein der Wage in bedenklicher Weise geschwankt, und manche vornehme Rathsherrenfrau stand am Mittage am Kochherde, nicht um ein fröhliches Mahl, sondern um große Töpfe siedenden Wassers zu rüsten, mit dem sie die befürchteten Angreifer ihres Hauses von den Fenstern herab zu begrüßen gedachte. Die Masse der mindern Burger und Einsassen hatte um diese Zeit eine Haltung angenommen, die solche Vorkehren nur zu sehr rechtfertigte; wußte man doch, daß das Aarbergerthor und die ganze befestigte Mauerlinie bis zum Thurme
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Zitationshilfe: | Frey, Jacob: Das erfüllte Versprechen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–107. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frey_versprechen_1910/71>, abgerufen am 17.02.2025. |