Friedrich II., König von Preußen: Über die deutsche Literatur. Übers. v. Christian Konrad Wilhelm Dohm. Berlin, 1780.seinen Schülern keinen Geschmack an der Streitsucht Ich wende mich itzt an den Professor der Ge- Bey dem dunkeln und ungewissen Ursprung der halten,
ſeinen Schuͤlern keinen Geſchmack an der Streitſucht Ich wende mich itzt an den Profeſſor der Ge- Bey dem dunkeln und ungewiſſen Urſprung der halten,
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0052" n="46"/> ſeinen Schuͤlern keinen Geſchmack an der Streitſucht<lb/> beybringe, und nicht Leute aus ihnen bilde, welche<lb/> die Geſchaͤfte noch mehr verwickeln, ſtatt ſie zu entwi-<lb/> ckeln. Er wird ſich beſonders bemuͤhen, Richtigkeit,<lb/> Deutlichkeit und Praͤciſion in ſeine Vorleſungen zu<lb/> bringen. Um ſeine Zoͤglinge von fruͤher Jugend an<lb/> ſelbſt an dieſe Methode zu gewoͤhnen, wird unſer Leh-<lb/> rer alles anwenden, um ihnen Verachtung der Streit-<lb/> ſucht beyzubringen, die uͤber alles ſophiſtiſche Erklaͤ-<lb/> rungen macht, und ein unerſchoͤpfliches Repertorium<lb/> von Subtilitaͤten und Chikanen zu ſeyn ſcheint.</p><lb/> <p>Ich wende mich itzt an den Profeſſor der Ge-<lb/> ſchichte, und ſtelle ihm zum Muſter den beruͤhmten<lb/> und gelehrten <hi rendition="#fr"><persName>Thomaſius</persName></hi> vor. Dieſem groſſen<lb/> Mann ſich nur zu naͤhern, wird unſerm Profeſſor einen<lb/> guten Ruf, ihm gleich zu werden, hohen Ruhm er-<lb/> werben. Er muß ſeine Vorleſungen mit der alten<lb/> Geſchichte anfangen, und mit der neuen beſchlieſſen;<lb/> aber auch kein Volk vergeſſen, das in der Folge der<lb/> Jahrhunderte ſich ausgezeichnet, ſo wie <hi rendition="#fr"><persName>Boſſuet</persName></hi> in<lb/> ſeinem ſonſt ſehr ſchaͤtzbaren Buch, die Sineſer, die<lb/> Ruſſen, Pohlen und den ganzen Norden uͤbergangen<lb/> hat. Vorzuͤglich muß ſich unſer Lehrer mit <placeName>Deutſch-<lb/> land</placeName> beſchaͤftigen, weil dieſes fuͤr Deutſche das inte-<lb/> reſſanteſte Land iſt.</p><lb/> <p>Bey dem dunkeln und ungewiſſen Urſprung der<lb/> Nation aber, muß der Lehrer ſich nicht zu lange auf-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">halten,</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [46/0052]
ſeinen Schuͤlern keinen Geſchmack an der Streitſucht
beybringe, und nicht Leute aus ihnen bilde, welche
die Geſchaͤfte noch mehr verwickeln, ſtatt ſie zu entwi-
ckeln. Er wird ſich beſonders bemuͤhen, Richtigkeit,
Deutlichkeit und Praͤciſion in ſeine Vorleſungen zu
bringen. Um ſeine Zoͤglinge von fruͤher Jugend an
ſelbſt an dieſe Methode zu gewoͤhnen, wird unſer Leh-
rer alles anwenden, um ihnen Verachtung der Streit-
ſucht beyzubringen, die uͤber alles ſophiſtiſche Erklaͤ-
rungen macht, und ein unerſchoͤpfliches Repertorium
von Subtilitaͤten und Chikanen zu ſeyn ſcheint.
Ich wende mich itzt an den Profeſſor der Ge-
ſchichte, und ſtelle ihm zum Muſter den beruͤhmten
und gelehrten Thomaſius vor. Dieſem groſſen
Mann ſich nur zu naͤhern, wird unſerm Profeſſor einen
guten Ruf, ihm gleich zu werden, hohen Ruhm er-
werben. Er muß ſeine Vorleſungen mit der alten
Geſchichte anfangen, und mit der neuen beſchlieſſen;
aber auch kein Volk vergeſſen, das in der Folge der
Jahrhunderte ſich ausgezeichnet, ſo wie Boſſuet in
ſeinem ſonſt ſehr ſchaͤtzbaren Buch, die Sineſer, die
Ruſſen, Pohlen und den ganzen Norden uͤbergangen
hat. Vorzuͤglich muß ſich unſer Lehrer mit Deutſch-
land beſchaͤftigen, weil dieſes fuͤr Deutſche das inte-
reſſanteſte Land iſt.
Bey dem dunkeln und ungewiſſen Urſprung der
Nation aber, muß der Lehrer ſich nicht zu lange auf-
halten,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |