Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Friedrich II., König von Preußen: Über die deutsche Literatur. Übers. v. Christian Konrad Wilhelm Dohm. Berlin, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite

eines Otto Guerike haben wir die Luftpumpe zu danken.
Und wie könnte ich den großen Leibnitz übergehen,
dessen Name in ganz Europa so berühmt ist. Hat ihn
auch zuweilen die lebhafte Einbildung zu systematischen
Träumen verleitet; so muß man doch gestehen, daß
selbst seine Verirrungen seinen großen Geist beweisen.
Ich könnte diese Liste noch mit den Namen von Tho-
masius
, Bilfinger, Haller und sehr vielen andern
vergrössern, wenn ich nicht besser fände, von der neue-
sten und gegenwärtigen Zeit nichts zu sagen. Das
Lob der erwähnten würde die Eigenliebe der übergan-
genen beleidigen.

Ich sehe voraus, daß man meinem Raisonnement
vielleicht noch einen Einwurf entgegensetzen wird, den
ich noch beantworten muß. Während der bürgerlichen
Kriege, sagt man vielleicht, blühte in Italien Pico von
Mirandola
; ich gestehe dieses ein, aber der Mann
war auch nur ein bloßer Gelehrter. Während daß
Cromwell, (kann man mir weiter einwerfen,) die Ver-
fassung seines Vaterlandes umstürzte, und seinen Kö-
nig auf dem Schafot hinrichten ließ, erschien Tindal
mit seinem Leviathan, und bald nachher Milton mit
seinem verlohrnen Paradiese; ja schon zur Zeit der
Königin Elisabeth und Jacob I. erleuchtete der Canz-
ler Bacon
ganz Europa, und wurde ein Orakel für
die Philosophie, da er die noch möglichen Entdeckun-
gen und den Weg anzeigte, auf dem man zu ihnen ge-

langen
D 4

eines Otto Guerike haben wir die Luftpumpe zu danken.
Und wie koͤnnte ich den großen Leibnitz uͤbergehen,
deſſen Name in ganz Europa ſo beruͤhmt iſt. Hat ihn
auch zuweilen die lebhafte Einbildung zu ſyſtematiſchen
Traͤumen verleitet; ſo muß man doch geſtehen, daß
ſelbſt ſeine Verirrungen ſeinen großen Geiſt beweiſen.
Ich koͤnnte dieſe Liſte noch mit den Namen von Tho-
maſius
, Bilfinger, Haller und ſehr vielen andern
vergroͤſſern, wenn ich nicht beſſer faͤnde, von der neue-
ſten und gegenwaͤrtigen Zeit nichts zu ſagen. Das
Lob der erwaͤhnten wuͤrde die Eigenliebe der uͤbergan-
genen beleidigen.

Ich ſehe voraus, daß man meinem Raiſonnement
vielleicht noch einen Einwurf entgegenſetzen wird, den
ich noch beantworten muß. Waͤhrend der buͤrgerlichen
Kriege, ſagt man vielleicht, bluͤhte in Italien Pico von
Mirandola
; ich geſtehe dieſes ein, aber der Mann
war auch nur ein bloßer Gelehrter. Waͤhrend daß
Cromwell, (kann man mir weiter einwerfen,) die Ver-
faſſung ſeines Vaterlandes umſtuͤrzte, und ſeinen Koͤ-
nig auf dem Schafot hinrichten ließ, erſchien Tindal
mit ſeinem Leviathan, und bald nachher Milton mit
ſeinem verlohrnen Paradieſe; ja ſchon zur Zeit der
Koͤnigin Eliſabeth und Jacob I. erleuchtete der Canz-
ler Bacon
ganz Europa, und wurde ein Orakel fuͤr
die Philoſophie, da er die noch moͤglichen Entdeckun-
gen und den Weg anzeigte, auf dem man zu ihnen ge-

langen
D 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0061" n="55"/>
eines <hi rendition="#fr"><persName>Otto Guerike</persName></hi> haben wir die Luftpumpe zu danken.<lb/>
Und wie ko&#x0364;nnte ich den großen <persName>Leibnitz</persName> u&#x0364;bergehen,<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en Name in ganz <placeName>Europa</placeName> &#x017F;o beru&#x0364;hmt i&#x017F;t. Hat ihn<lb/>
auch zuweilen die lebhafte Einbildung zu &#x017F;y&#x017F;temati&#x017F;chen<lb/>
Tra&#x0364;umen verleitet; &#x017F;o muß man doch ge&#x017F;tehen, daß<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;eine Verirrungen &#x017F;einen großen Gei&#x017F;t bewei&#x017F;en.<lb/>
Ich ko&#x0364;nnte die&#x017F;e Li&#x017F;te noch mit den Namen von <hi rendition="#fr"><persName>Tho-<lb/>
ma&#x017F;ius</persName></hi>, <hi rendition="#fr"><persName>Bilfinger</persName></hi>, <hi rendition="#fr"><persName>Haller</persName></hi> und &#x017F;ehr vielen andern<lb/>
vergro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern, wenn ich nicht be&#x017F;&#x017F;er fa&#x0364;nde, von der neue-<lb/>
&#x017F;ten und gegenwa&#x0364;rtigen Zeit nichts zu &#x017F;agen. Das<lb/>
Lob der erwa&#x0364;hnten wu&#x0364;rde die Eigenliebe der u&#x0364;bergan-<lb/>
genen beleidigen.</p><lb/>
        <p>Ich &#x017F;ehe voraus, daß man meinem Rai&#x017F;onnement<lb/>
vielleicht noch einen Einwurf entgegen&#x017F;etzen wird, den<lb/>
ich noch beantworten muß. Wa&#x0364;hrend der bu&#x0364;rgerlichen<lb/>
Kriege, &#x017F;agt man vielleicht, blu&#x0364;hte in <placeName>Italien</placeName> <hi rendition="#fr"><persName>Pico von<lb/>
Mirandola</persName></hi>; ich ge&#x017F;tehe die&#x017F;es ein, aber der Mann<lb/>
war auch nur ein bloßer Gelehrter. Wa&#x0364;hrend daß<lb/><hi rendition="#fr"><persName>Cromwell</persName></hi>, (kann man mir weiter einwerfen,) die Ver-<lb/>
fa&#x017F;&#x017F;ung &#x017F;eines Vaterlandes um&#x017F;tu&#x0364;rzte, und &#x017F;einen Ko&#x0364;-<lb/>
nig auf dem Schafot hinrichten ließ, er&#x017F;chien <hi rendition="#fr"><persName>Tindal</persName></hi><lb/>
mit &#x017F;einem <hi rendition="#fr">Leviathan</hi>, und bald nachher <hi rendition="#fr"><persName>Milton</persName></hi> mit<lb/>
&#x017F;einem verlohrnen <hi rendition="#fr">Paradie&#x017F;e</hi>; ja &#x017F;chon zur Zeit der<lb/><persName>Ko&#x0364;nigin <hi rendition="#fr">Eli&#x017F;abeth</hi></persName> und <persName><hi rendition="#fr">Jacob</hi> I.</persName> erleuchtete der <persName>Canz-<lb/>
ler <hi rendition="#fr">Bacon</hi></persName> ganz <placeName>Europa</placeName>, und wurde ein Orakel fu&#x0364;r<lb/>
die Philo&#x017F;ophie, da er die noch mo&#x0364;glichen Entdeckun-<lb/>
gen und den Weg anzeigte, auf dem man zu ihnen ge-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D 4</fw> <fw place="bottom" type="catch">langen</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[55/0061] eines Otto Guerike haben wir die Luftpumpe zu danken. Und wie koͤnnte ich den großen Leibnitz uͤbergehen, deſſen Name in ganz Europa ſo beruͤhmt iſt. Hat ihn auch zuweilen die lebhafte Einbildung zu ſyſtematiſchen Traͤumen verleitet; ſo muß man doch geſtehen, daß ſelbſt ſeine Verirrungen ſeinen großen Geiſt beweiſen. Ich koͤnnte dieſe Liſte noch mit den Namen von Tho- maſius, Bilfinger, Haller und ſehr vielen andern vergroͤſſern, wenn ich nicht beſſer faͤnde, von der neue- ſten und gegenwaͤrtigen Zeit nichts zu ſagen. Das Lob der erwaͤhnten wuͤrde die Eigenliebe der uͤbergan- genen beleidigen. Ich ſehe voraus, daß man meinem Raiſonnement vielleicht noch einen Einwurf entgegenſetzen wird, den ich noch beantworten muß. Waͤhrend der buͤrgerlichen Kriege, ſagt man vielleicht, bluͤhte in Italien Pico von Mirandola; ich geſtehe dieſes ein, aber der Mann war auch nur ein bloßer Gelehrter. Waͤhrend daß Cromwell, (kann man mir weiter einwerfen,) die Ver- faſſung ſeines Vaterlandes umſtuͤrzte, und ſeinen Koͤ- nig auf dem Schafot hinrichten ließ, erſchien Tindal mit ſeinem Leviathan, und bald nachher Milton mit ſeinem verlohrnen Paradieſe; ja ſchon zur Zeit der Koͤnigin Eliſabeth und Jacob I. erleuchtete der Canz- ler Bacon ganz Europa, und wurde ein Orakel fuͤr die Philoſophie, da er die noch moͤglichen Entdeckun- gen und den Weg anzeigte, auf dem man zu ihnen ge- langen D 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/friedrich_literatur_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/friedrich_literatur_1780/61
Zitationshilfe: Friedrich II., König von Preußen: Über die deutsche Literatur. Übers. v. Christian Konrad Wilhelm Dohm. Berlin, 1780, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/friedrich_literatur_1780/61>, abgerufen am 21.11.2024.